Trotz lokalem Sonnenschein besteht in der Emme und der Ilfis oft die Gefahr plötzlicher Hochwasser. / Bild: Pedro Neuenschwander (pnz)
Emmental: Um Evakuationen bei einem plötzlichen Hochwasser in der Emme oder der Ilfis rascher vornehmen zu können, verbessert das kantonale Tiefbauamt das Frühwarnsystem.
Die Flutwelle, die am 4. Juli 2022 das Kemmeribodenbad arg in Mitleidenschaft gezogen hat, bahnte sich daraufhin ihren Weg weiter durch das ganze Emme-Flussbett Richtung Aare. Nur weil rechtzeitig alle Menschen hatten evakuiert werden können, die sich in der Emme aufgehalten und nichts vom nahenden «Anschutz» geahnt hatten, gab es keine Opfer zu beklagen.
Zusätzliche Messstellen
Das kantonale Tiefbauamt verfeinert derzeit das Frühwarnsystem im Einzugsgebiet von Emme und Ilfis. Davon profitiert auch das Tiefbauamt selber. «Derzeit haben wir fünf Baustellen in den beiden Flüssen», erklärt Georg Heim, Bereichsleiter Wasserbau im Oberingenieurkreis IV Emmental/Oberaargau. «Dank des Frühwarnsystems werden die Bauarbeiter mit einem akustischen und optischen Signal gewarnt, sobald ein vorher definierter Abflusswert an einer flussaufwärts gelegenen Messtelle überschritten wird.» In die Berechnungen sind bislang die Werte von sechs Abflussmessstellen in der Emme und der Ilfis geflossen. Im obersten Abschnitt der Emme brauche es aber zusätzlich Messungen des Niederschlags, weil bei einer Frühwarnung alleine mittels Abflussmessungen wäre die Reaktionszeit zu kurz. «Wir haben nun im Gebiet Tannigsboden, im Quellgebiet der Emme, eine Niederschlagmessstelle in Betrieb genommen», berichtet Georg Heim. Zwei weitere werden folgen: eine beim Kemmeribodenbad und eine im Gebiet Schneebärgli (unterhalb des Schibegütsch). Dies, weil der dortige Bärselbach bei starkem Regen innert Minuten stark anschwillt. Ein Grund, warum dem so ist, liege am Untergrund, weiss Georg Heim. «Im Bereich der Gewässer hat es vielerorts Flysch-Böden, die wenig Wasser aufnehmen.» Dank des engmaschigeren Messnetzes weiss man künftig, wie viel Regen tatsächlich gefallen ist. Beim Ereignis vom 4. Juli 2022 habe es beispielsweise weit mehr Niederschläge gegeben, als gemäss Radar vorausgesagt worden war.
Badenixen und Brätler evakuieren
Die Daten des Frühwarnsystems werden auch den Feuerwehren und dem regionalen Führungsorgan weitergeleitet, damit diese Personen vor einer nahenden Flutwelle warnen können. «Bislang funktionierte die Alarmierung für die Evakuierung unter den Feuerwehren», erklärt Werner Eberle, Kommandant der Feuerwehr Region Langnau. «Wenn es in Schangnau heftig regnete, erhielt ich einen Anruf des dortigen Kommandanten. Dann haben wir zirka eine gute Stunde Zeit, um die Leute zu evakuieren.» Dabei laufen Feuerwehrleute die Flussläufe ab und weisen die Leute auf die nahende Gefahr hin. «Wenn sie den Gefahrenbereich, wozu auch Brücken gehören, nicht verlassen, alarmieren wir die Polizei. Wir sind nicht befugt, Leute wegzuweisen», erklärt der Feuerwehr-Kommandant. Das Frühwarnsystem einzurichten und zu betreiben, kostet langfristig rund 100'000 Franken. Die Hälfte der Kosten übernimmt der Bund, die andere Hälfte der Kanton und die Gemeinden. Das Bundesamt für Umwelt begrüsse die Anwendung von Frühwarnsystemen. Sie seien nebst technischen Massnahmen und dem Gewässerunterhalt ein wichtiger Bestandteil im Risikomanagement von Naturgefahren. «Die volle Sicherheit hat man aber nie», betont Georg Heim. «Die Flutwelle kommt in der Emme und der Ilfis mit bis zu 15 Stundenkilometern daher - in der Mitte des Flusses ist die Geschwindigkeit sogar noch höher», erklärt der Bereichsleiter Wasserbau. «Deshalb ist es wichtig, dass man die Leute früh genug evakuieren kann - und dass diese den Fluss dann auch umgehend verlassen.»