Max und Moritz als Marionetten: Das Spiel erfordert von den Fadenzieherinnen viel Übung und Geduld. / Bild: Gertrud Lehmann (glh)
Sumiswald: Die Gondiswiler Marionetten erwecken im Schloss Max und Moritz von Wilhelm Busch zum Leben.
Die Lausbubengeschichte wird auf Berndeutsch aufgeführt.
Im Schlossstübli sind alle 30 Plätze besetzt, als es dunkel wird und der Vorhang sich öffnet. Eine Theaterdirektorin im grünen Kostüm heisst das Publikum willkommen, bevor sie wieder weggezogen wird und Platz macht für die Erzählfigur Wilhelm Busch. Der sitzt, das Buch auf den Knien, im Schaukelstuhl und kommentiert lebendig und gestenreich das Geschehen auf der Bühne. Sie hocken auf dem Dach, die Schlingel Max und Moritz, und hecken die nächste Missetat aus. Wer kennt es nicht, das reich bebilderte Buch von Wilhelm Busch, das 1865 erschien. Die Geschichte wurde von Hans Burger alias Trischtan Tromsig ein Jahrhundert später ins Bern-deutsch übertragen. Beispielhaft droht der Erzähler, wer Tiere plage und Menschen ärgere, werde bestraft. Doch hier geht es nicht um die Moral der Geschichte, sind doch blinder
Gehorsam wie auch Maikäferplagen längst vorbei. Es ist einfach die reizvolle Darstellung des «Lusbuebegschichtli i sibe Lumpestückli», wie es auf Berndeutsch heisst.
Echtes Theater
Es ist eine Wonne zuzuschauen, wie die Marionetten agieren, von unsichtbaren Fadenzieherinnen zum Leben erweckt. Mangels Minenspiel drücken sie mit Gesten und Körperhaltung ihre Gefühle aus. Gebannt blickt man auf die kleine Bühne, als wäre sie ein Bildschirm, der aber voller Leben und ohne elektronische Kniffe und Tricks begreifbar ist. Wenn die Hühner sterben, geht ein «Oooh» durch die Zuschauerreihen, aber man darf das nicht zu ernst nehmen, Krimis sind schlimmer. Bald muss man wieder lachen, wenn Onkel Fritz zappelnd die faustgrossen Maikäfer aus seinem Bett verjagt.
Es sind nur eine Handvoll Kinder unter den Zuschauerinnen und Zuschauern. Das Stück ist kein Kasperlitheater, sondern ein eigentliches Kunstwerk, das es zu schätzen gilt. Kaum ein halbes Dutzend Marionettenbühnen gibt es noch in der ganzen Schweiz. Leider fehlt auch bei den Gondiswiler Marionetten, die seit 1978 bestehen, der Nachwuchs. Es braucht viel Übung und Geduld zum Marionettenspiel. Und das Herstellen von Bühnenbild und Puppen samt Kostümen gehört auch zu den Aufgaben der Mitglieder.
Seit drei Jahren im Schloss
Wie der Name sagt, war die Truppe ursprünglich in Gondiswil daheim. Doch dann verlor sie ihren Spielort. 2022 fand sie Zuflucht im Schloss Sumiswald, wo sie letztes Jahr mit dem Stück «Anne Bäbi Jowäger» das Publikum begeisterte. «Max und Moritz» ist die zweite Reprise. Das Stück kam bereits 2015 und 2005 auf die Bühne. Als nächstes werden die Gondiswiler Marionetten eine Weihnachtsgeschichte aufführen, «Dr Chlyn Ängel», und danach soll eine Eigenproduktion folgen.