Auf nassen Wegen gehts über Stock und Stein

Auf nassen Wegen gehts über Stock und Stein
Werner Fuchser (links) macht mit seiner Gruppe einen kurzen Halt. / Bild: Rudolf Burger (bur)
Langnau: Pro Senectute organisiert Radtouren für verschiedene Gruppen und Niveaus. Die sogenannten Bio-Biker, die auf Akkuantrieb verzichten, waren in schwierigem Terrain unterwegs.

An diesem Dienstagmorgen um 8.30 Uhr treffen sich beim Schwimmbad in Langnau rund 30 Männer und Frauen mit ihren Fahrrädern. Es sind weniger als sonst, weil es in der Nacht stark geregnet hat. Jetzt aber hat der Regen aufgehört und der Velogruppen-Standortleiter Fritz Hofer kann wie üblich sein Freiübungs-Aufwärmprogramm vorturnen. Danach teilt man sich auf: in Normal-E-Velos, die vorwiegend auf Nebenstrassen unterwegs sind, in E-Mountain-Biker und in Bio-Mountain-Biker, die ihre Fortbewegung allein ihrer Muskelkraft verdanken. Dieser kleinsten Gruppe, wir sind nur gerade zu fünft, schliesst sich der Berichterstatter an. Dies, obwohl er ein Mountain-Bike-Neuling ist und sich nach ein paar Proberunden auf dem Parkplatz über den breiten Lenker des ausgeliehenen Gefährts wundert. «Die Lenker können bis zu 80 Zentimeter breit sein», erklärt Werner Fuchser, Besitzer dieses Bikes, «je breiter der Lenker, desto grösser der physikalische Hebel. So sind präzisere Lenkbewegungen möglich.» Fuchser, der Leiter unserer Gruppe, ist ein Mountain-Biker der ersten Stunde. In den 1980er-Jahren sei er in den Wäldern herumgefahren und habe sich ein erstes Velo ohne Federung und danach in den Folgejahren immer bessere Räder angeschafft. Heute sind alle up-to-date Mountain-Bikes doppelt gefedert, haben breite, gerippte Pneus und sind mit Scheibenbremsen sowie mit auf Knopfdruck verstellbaren Sätteln ausgestattet.


Käse-Znüni auf Ober Styggrat

Der Start von uns fünf ist einfach: auf den geteerten Strassen entlang dem Ilfis-Radweg nach Bärau und dann über Gohl bis Bluttenried. Erst dann beginnt der Anstieg zum Ober Styggrat – aber hier wartet auch ein län­gerer Zwischenhalt. Auf dem Hof von Simon und Deborah Reutlinger schauen wir zu, wie die in der Früh gemolkene Milch erwärmt und zur Dicklegung gebracht wird. Produziert werden hier über offenem Feuer Alp- und Hobelkäse und wir lassen uns beim Znüni in der Scheune von der ausgezeichneten Qualität der Erzeugnisse überzeugen.


Absteigen im Steilhang

Danach aber gilt es ernst. Nach dem Weiler Obersieberli geht es einen steilen, steinigen und nassen Fahrweg hoch – hier geht es für weniger Geübte nur zu Fuss weiter. Nach dem Aufstieg auf 1106 Meter beim Sieber-li folgt die erste Abfahrt via Hinter Spitzenegg, Multen zum Campingplatz bei Jägerhus. Die Route verläuft zum Teil auf Wald- und nassen Wanderwegen über Wurzeln und Steine, und der Berichterstatter muss zugeben, dass er jeweils mit Erleichterung zur Kenntnis nimmt, wenn die Räder wieder auf Asphalt greifen. Das ist beim nächsten Gegenaufstieg via Wiesenhalden zum Ober Hochgrat der Fall, aber danach folgt ein schwieriges Stück diesem Grat entlang durch den Langeneggwald. Einmal ist die Spur so tief und matschig, dass das ausgeliehene Gefährt steckenbleibt und ein zweiter kurzer Fussmarsch nötig wird. Die Kollegen sind Routiniers, sie bewältigen diese und andere Stellen deutlich eleganter, schneller und besser, sind aber so freundlich, dass sie jeweils auf den Letzten warten, bevor der nächste Geländeabschnitt in Angriff genommen wird. Richtig schön und einfach ist die Fahrt über die Wellen oberhalb des ehemaligen Kurhauses Dorfberg mit präch­tiger Aussicht auf Langnau. Beim kurzen Halt vor der letzten Abfahrt sagt einer aus der Gruppe, wie froh er immer wieder sei, wenn er unten am Spital Emmental ohne ungeplanten Aufenthalt vorbeifahren könne.


700 Höhenmeter auf und ab

So sieht es auf jeden Fall auch der Berichterstatter: Die Mountainbike-Premiere ist ohne nennenswerten Zwischenfall absolviert. Gemäss den von Werner Fuchser gespeicherten Daten sind wir auf dieser für ihn «mittelschweren Tour» 28 Kilometer weit und rund 700 Höhenmeter auf und ab gefahren. Die Exkursion endet beim Durstlöschen mit Pizza im Garten des Restaurants Bahnhof.

Ausgebildete Leiter führen die Biketouren

Die von Pro Senectute Emmental organisierten Halbtagestouren finden von April bis Oktober jeweils an Dienstagen statt  – ausgenommen am ersten Dienstag des Monats. Sie werden von Leitern geführt, die eine mehrtägige Ausbildung absolviert haben. «Die Leiter sind gut vorbereitet, ihnen muss man ein Kränzchen winden», hiess es aus dem Kreis der Biker. Und: «dank ihnen mache ich Touren, die ich sonst nicht machen würde.» Beklagt haben die vier Mountainbiker ohne Elektromotor, dass immer mehr Leute auf E-Bikes umstellen würden. Dass Elektrovelos populärer sind, war auch an diesem Dienstag offensichtlich. 12 E-Mountainbiker absolvierten laut Standortleiter Fritz Hofer einen 45 Kilometer langen Rundkurs (Hochwacht?–?Rämisgumme?–?Pfyffer?–Eggiwil?–?Langnau) und bewältigten dabei 950 Höhenmeter. Und 16 Personen mit «normalen» E-Velos  fuhren nach Trubschachen, Turner, Escholzmatt und zurück nach Langnau. Ihre Streckenlänge mass 42 Kilometer, und sie hatten 810 Höhenmeter zu überwinden. Die Kosten pro Tour betragen 10 Franken. Für 90 Franken ist bei Pro Senectute eine «10er Karte Outdoorsport» erhältlich, die auch für Wanderungen und Schneesporttouren benutzt werden kann.

31.07.2024 :: Rudolf Burger (bur)