Strasse ist nicht gleich Strasse – besonders in weitläufigen Gemeinden

Strasse ist nicht gleich Strasse –  besonders in weitläufigen Gemeinden
Bild: Jürg Kühni (JKB)
Emmental: In vielen Gemeinden gibts ein weitläufiges Netz an Strassen und Wegen. Die Gemeinden regeln den Unterhalt unterschiedlich. Landiswil zum Beispiel mit einem Reglement.

Fragen rund um Gemeindestrassen und Erschliessungen würden in der Tat recht häufig gestellt, sagt Adrian Mauerhofer, Geschäftsleiter des Vereins KPG, der Gemeinden berät. «Fragen können etwa bei der Abgrenzung von öffentlichen und pri­vaten Strassen auftreten, wobei auch entscheidend ist, wann sie gebaut wurde», nennt Mauerhofer ein Beispiel. Bei privaten Strassen mit einem öffentlichen Wegrecht stelle sich manchmal auch die Frage, ob das Wegrecht für die Gemeinde heute noch von Nutzen sei. Wenn nicht, könne die Gemeinde es mit einem Entwidmungsverfahren aufheben, erklärt Mauerhofer.


«Transparent kommunizieren»

Was die Gemeinde finanzieren wolle und was nicht, sei letztlich ein politischer Entscheid, hält Adrian Mauerhofer fest. Es sei nachvollziehbar, dass eine weitläufige Gemeinde nicht jede Strasse zu noch so abgelegenen Häusern finanzieren könne. «Wichtig ist aus meiner Sicht, dass transparent kommuniziert wird, wer für welche Kosten aufzukommen hat», erklärt der Fürsprecher. Das gelte für den Unterhalt wie auch für den Winterdienst. Ein detailliertes Strassen- und Wegreglement ausgearbeitet hat der Gemeinderat Landiswil, über das die Stimmberechtigten am 12. Juni abstimmen werden. Dies, nachdem die Bürgerinnen und Bürger das über­arbeitete Reglement im November 2019 knapp abgelehnt hatten. Was ist bei der neuen Fassung anders? «Wir haben einige Details und Begriffe präzisiert», erklärt Gemeindepräsident Samuel Wittwer. «Und es wurde eine zusätzliche Strassenklasse für Durchfahrtsstrassen mit geringen öffentlichem Interesse geschaffen.» Im 21-seitigen Reglement werden nun vier Strassenklassen unterschieden. Aus den Unterlagen für die Gemeindeversammlung ist ersichtlich, für was die Gemeinde zuständig ist und was sie finanziert. So wird beispielsweise der betriebliche Unterhalt (ohne Schneeräumung) in den höchsten Strassenklassen 1 und 2 von der Gemeinde bezahlt, während bei der Klasse 3 die Eigentümer einen fixen Beitrag zahlen müssen und in der Klasse 4 die Eigentümer der Strasse die gesamten Kosten zu tragen haben.


Neuralgische Punkte

Welche Strasse welcher Klasse angehört, steht im Strassenplan, der ebenfalls eingesehen werden kann. Samuel Wittwer betont aber, dass an der Gemeindeversammlung über das Reglement entschieden werde, der Strassenplan liege in der Kompetenz des Gemeinderats. Man habe sich bei der neuerlichen Überarbeitung des Reglements mit Vertretern aus «neu­ralgischen Regionen» getroffen. Das Verständnis, dass die Gemeinde nicht einfach alles zahlen könne, sei durchaus vorhanden. «Alleine den Winterdienst, den die Gemeinde bei allen vier Klassen übernimmt, kostet die Gemeinde insgesamt einen Steuerzehntel», rechnet Samuel Wittwer vor. Was den künftigen Unterhalt und den Betrieb aller Strassen anbelangt, meint der Gemeindepräsident: «Es wird mit dem neuen Reglement wohl nicht günstiger, aber planbarer.» Bislang seien Strassenunterhaltsprojekte mit der Beteiligung von Privaten «oft eine ziemliche Zangengeburt gewesen», meint Witter. Auch weil in der Vergangenheit nicht immer jedes Strässchen gleich beurteilt worden

ist. «Nun will der Gemeinderat Klarheit schaffen, im Wissen, dass wir nicht allen Leuten eine Superlösung bieten können.»

Zahlt die Gemeinde Freimettigen an die Zufahrt?

Die Gemeinde Freimettigen verfügt über kein Strassenreglement. Sie stützt sich auf das kantonale Strassengesetz. An der Gemeindeversammlung von heute Donnerstag werden die Stimmberechtigten über einen Beitrag für die Sanierung der Hof-zufahrt Untermatt entscheiden. Der Grundeigentümer hat den Antrag gestellt, nachdem der Gemeinderat sein Gesuch abgelehnt hatte. Die Strasse in die Untermatt sei nicht ausgemarcht und gelte als Privatstrasse, schreibt der Gemeinderat. Zudem bestehe kein öffentliches Fahr- oder Fusswegrecht. Der Grundeigentümer schreibt in den Unterlagen für die Versammlung, es sei unverständlich, dass sich die Strasse zur Untermatt im Gegensatz zu anderen Hofzufahrten nicht im Gemeindebesitz befinde. Es handle sich um die längste Privatstrasse Freimettigens. Zudem habe die Gemeinde 1973 bei der letzten Sanierung einen Beitrag gewährt.


Arni: Kantonale Schätzer

An der Gemeindeversammlung in Arni vom 19. Juni ist auch ein Wegprojekt traktandiert: die Verbindung Arni –
Birchbühl. Nebst Beiträgen von Bund, Kanton und Gemeinde haben die Grundeigentümer 10 Prozent zu tragen. «Berechnet werden die einzelnen Beiträge von unabhängigen Schätzern», sagt Gemeindepräsident Simon Liechti. Berücksichtigt in dem Projekt ist auch die private Zufahrt Moosegg, weil die Gemeinde Arni dadurch von insgesamt höheren Subventionen profitieren kann.

06.06.2024 :: Bruno Zürcher (zue)