Der Geldsegen an die Gemeinden ist ins Stocken geraten

Der Geldsegen an die Gemeinden ist ins Stocken geraten
Bild: Jürg Kühni (JKB)
Region Konolfingen: Erstmals seit 25 Jahren kürzt die Ge­nossenschaft EvK die Beiträge an die 28 Standortgemeinden. Das soll sich wieder ändern – so denn die Börse mitmacht.

Der Gemeinderat Landiswil sicherte dem Bienenzüchterverein einen jährlichen Beitrag von 600 Franken zu. Nun kürzte er diesen. Der Hauptgrund: die Genossenschaft EvK musste ihre Zahlungen an die Gemeinden reduzieren. Knapp 10´000 Franken erhielt Landiswil normalerweise. Dieses Geld fliesst nicht in die Gemeindekasse, sondern in einen Fonds. Aus diesem werden lokale Vereine, Institutionen und Projekte, die der Öffentlichkeit zugutekommen, unterstützt.

Die Genossenschaft EvK entstand aus der ehemaligen Ersparniskasse von Konolfingen (siehe Kasten). Mit den Erträgen aus dem Vermögen betreibt die Genossenschaft seit 25 Jahren Wirtschaftsförderung und sie unterstützt Sportevents, kulturelle Anlässe, sozial tätige Institutionen sowie das Internetportal Bern-Ost. Ebenfalls bedacht werden die ehe­maligen Garantiegemeinden, 28 an der Zahl. Doch nun ist der Geldfluss ins Stocken geraten.


Eigenkapital sank unters Limit

«Letztes Jahr konnten wir den Gemeinden nur den Sockelbeitrag von je 6000 Franken ausrichten; insgesamt 168´000 Franken», sagt Adrian Steffen, Geschäftsführer der Genossenschaft EvK. Verzichten mussten die Gemeinden auf die Pro-Kopf-Beiträge von insgesamt rund 430´000 Franken. Grund für dieses Novum: «Das miserable Börsenjahr 2022», so Steffen. Es resultierte ein Verlust von 4,8 Millionen Franken. «Einen solchen Taucher hatten wir noch nie.» Das Eigenkapital sank auf 45,7 Millionen und entsprach damit nicht mehr den Vorgaben. Gemäss diesen darf das Vermögen in einer Vier-Jahres-Periode nicht unter den Wert vom 31. Dezember 2011 fallen: knapp 47 Millionen. «Die Ausschüttungen sollen aus den Erträgen finanziert werden, alles andere wäre nicht nachhaltig», erklärt Adrian Steffen. «Würde man das Kapital antasten, wäre irgendwann nichts mehr vorhanden.» Zwar besitze die Genossenschaft auch fünf Liegenschaften, die allesamt vermietet seien, doch erwirtschafte sie die Erträge hauptsächlich an der Börse.


Der grösste Ausgabenposten

Es gebe mehrere Gründe, weshalb ausgerechnet bei den Gemeindebeiträgen gekürzt wurde und nicht in einem anderen Bereich, wie Adrian Steffen ausführt. Dies sei die grösste Ausgabeposition und zudem nicht vertraglich gebunden wie etwa die 200´000 Franken fürs Internetportal Bern-Ost. Weiter stelle die Reduktion des Gemeindebeitrags die am wenigsten einschneidende Massnahme dar. Viele Gemeinden hätten noch Geld in ihrem EvK-Fonds. Sie könnten also auch während dieser Durststrecke gewisse Zahlungen leisten, so Steffen. Ausserdem seien es meist nur kleine Beträge, welche die Gemeinden ausrichteten, für die Empfänger sei ein Ausfall verschmerzbar. «Nicht zuletzt können Vereine aus den Standortgemeinden auch direkt ein Gesuch bei uns stellen», ergänzt Steffen und nennt Beispiele: der neue Dress der Hornusser oder die neuen Instrumente für das Jugendorchester.


Auch dieses Jahr wohl noch Kürzung

Der Geschäftsführer rechnet damit, dass es auch in diesem Jahr zu Kürzungen bei den Gemeindebeiträgen kommen könnte. Zwar weise die Rechnung 2023 wieder einen Gewinn aus, doch das Kapital habe sich noch nicht erholt. Die Generalversammlung findet im Juni statt. Die Situation sei für die Verwaltung der Genossenschaft EvK nicht befriedigend, betont Steffen. «Unser Ziel ist nicht, Gesuche abzusagen oder kein Geld aus­zugeben – das Gegenteil ist der Fall.» Er sei aber zuversichtlich, dass sie nächstes oder spätestens übernächstes Jahr wieder zum Courant normal zurückkehren könnten, sagt Steffen.

Das hofft auch Landiswils Gemeindeschreiberin Margrit Zürcher Marti. Natürlich gehe es nicht um riesige Summen, aber für eine Gemeinde wie Landiswil seien die EvK-Zahlungen wertvoll. Sie ermöglichten dem Gemeinderat, unkompliziert und ohne das Budget zu belasten Unterstützungsbeiträge zu sprechen, etwa fürs Schullager oder die Seniorenferien, sagt Margrit Zürcher Marti. Oder für den Bienenzüchterverein und seine Arbeit für die Biodiversität.

Wie aus der EvK eine Genossenschaft wurde

1829 wurde die Ersparniskasse für den Amtsbezirk Konolfingen gegründet. Die EvK wurde zu einer bedeutenden Regionalbank. Diese hatte keine Eigentümer. Vielmehr leisteten die Gemeinden des ehemaligen Amtsbezirks Konolfingen sowie später auch die Gemeinden Vechigen, Stettlen und Bolligen Garantien für den Eigenmittelnachweis. Im Zuge der Immobilien-Turbulenzen folgte 1992 der Verkauf des Bankgeschäftes an die Schweizerische Bankgesellschaft (heute UBS). Bankfremde Vermögensteile wie Beteiligungen an Firmen und Immobilien wurden jedoch nicht übernommen. So verblieb, zusammen mit Reserven aus Wertschriften, ein Restvermögen. Statt dieses zu veräussern und den Erlös auf
die Garantiegemeinden aufzuteilen, entschloss man sich, die Erträge zum Wohl der Bevölkerung in der Region einzusetzen: Die Genossenschaft EvK wurde gegründet.

08.05.2024 :: Silvia Wullschläger (sws)