Schnelles Internet für abgelegene Gebiete – der zweite Anlauf

Schnelles Internet für abgelegene Gebiete – der zweite Anlauf
Nebst Dörfern sollen auch abgelegenere Gebiete vom Glasfasernetz profitieren, hier oberhalb Schüpfheim. / Bild: Daniel Schweizer (sdl)
Region Entlebuch: Ein flächendeckendes Glasfasernetz soll schnelles Internet für jeden Haushalt ermöglichen. Nun müssen die Stimmberechtigten über das Projekt Prioris entscheiden.

Im zweiten Anlauf kommt Prioris zum Fliegen. Ziel des Projekts ist, den Gemeinden im Gebiet Luzern West schnelles Internet dank Glasfasertechnologie in jeden Haushalt zu bringen. War der Projektstart letzten Oktober noch wegen rechtlicher Probleme ins Wasser gefallen, fiel vergangenen Freitag nun der endgültige Startschuss. «Mit der Regionalen Glasfaser Schweiz AG haben wir eine Partnerin gefunden, um unsere Ziele zu erreichen», erklärt Flühlis Gemeindepräsidentin Hella Schnider, Mitglied des Steuerungsausschusses. Bei der neu gegründeten Firma handle es sich um ein Schwesterunternehmen der österreichischen Firma BG Communications GmbH.


Bis ins Haus

«Eine flächendeckende Versorgung in unserer Region ist zentral für die Standortattraktivität», betont Franzsepp Erni, Präsident des Prioris-Steuerungsausschusses. Schnelles Internet sei ebenso bedeutend wie die Erschliessung mit Strasse, Strom und Wasser. Davon sollen Haushalte und Gewerbebetriebe innerhalb oder ausserhalb der Dörfer profitieren. «Wir wollen auch abgelegene Höfe und Tourismusgebiete erschliessen und damit die Abwanderung stoppen», so Erni. Und selbstverständlich erfolge die Erschliessung nicht nur bis zur Strasse, sondern bis ins Haus. Fachleute nennen das «Fiber to the house».


18 Gemeinden sind dabei

Die Gemeinden investierten voraussichtlich 6,2 Millionen Franken. Die neu gegründete Prioris Projekt AG finanziere und vermarkte das Netz. Man rechne mit Gesamtinvestitionen im niedrigen dreistelligen Millionenbereich. «Jetzt ist der Ball bei den Gemeinden», erklärt Franzsepp Erni. 15 Gemeinden legen ihre Beteiligung am Projekt ab kommendem Mai der Bevölkerung zur Abstimmung vor. Bei drei Gemeinden ist der Abstimmungstermin noch offen. Nicht dabei sind Willisau, Werthenstein und Zell, die sich für eine Zusammenarbeit mit der Swisscom entschieden haben. Interessierte Liegenschaftsbesitzer beteiligten sich mit einem einmaligen Betrag: für ein Einfamilienhaus in­nerhalb der Bauzone 1400 Franken, ausserhalb der Bauzone 2600 Franken. Wichtig ist laut Erni zu wissen, dass nach dem «Open-Access-Prinzip» gebaut wird. Das heisst: «Wir bauen die Strasse, befahren sie aber nicht selber.» Die Wahl des Providers sei somit frei und offen für alle. Falls die Gemeindeversammlungen zustimmen und mindestens 60 Prozent der Liegenschaftsbesitzer Interesse anmelden, werden die Planungsarbeiten starten. Die Inbetriebnahme soll gestaffelt bis ins Jahr 2029 erfolgen.

So präsentiert sich die Situation im Emmental

Die Versorgung mit schnellem Internet ist auch im Emmental an verschiedenen Orten und bei abgelegenen Höfen ein Problem, bestätigt Thomas Frei, Geschäftsführer der Regionalkonferenz Emmental. Selbstverständlich verfolge man die Thematik und werde aktiv, falls die Gemeinden der Regionalkonferenz einen entsprechenden Auftrag erteilten. «Das Projekt Prioris ist ein Kraftakt. Ich bin beeindruckt von diesem Projekt und den eingesetzten Ressourcen», erklärt Frei.


Im Durchschnitt

Die Swisscom sieht das Ganze – naturgemäss – etwas positiver. Der Ausbaustand im Emmental entspreche dem Schweizer Durchschnitt, hält Swisscom-Mediensprecherin Sabrina Hubacher auf Anfrage fest. Denn Swisscom habe bis Ende 2021 in allen Siedlungsgebieten neuste Netztechnologien ausgebaut: Insbesondere das sogenannte «Fibre to the Street» (FTTS), bei dem die Glasfasern bis kurz vor die Häuser gezogen und für die Übertragung in die Wohnung auf die bestehenden Kupferkabel übersetzt werden. Die Bandbreitenabdeckung der 59´000 Anschlüsse in den 39 Ge-
meinden des Verwaltungskreises Emmental sieht laut den Verantwortlichen wie folgt aus: rund 85 Prozent der Wohnungen und Geschäfte erreichen eine Mindestbandbreite von 80 Mbit/s, rund 75 Prozent gar eine Mindestbandbreite von 200 Mbit/s.


Und ausserhalb der Bauzonen?

FTTS wurde in allen Siedlungsgebieten der 39 Gemeinden im Verwaltungskreis Emmental ausgebaut. Der «Fibre to the Home»-Ausbau, also der Glasfaseranschluss bis in die Wohnung, wurde bisher in Kirchberg gestartet. In den kommenden Jahren sollen weitere Gemeinden im Emmental folgen. Doch was passiert ausserhalb der Bauzonen? «Darüber lässt sich keine pauschale Aussage treffen», so Swisscom-Sprecherin Hubacher. Grundsätzlich liege der Fokus beim Ausbau der Netze auf den Siedlungsgebieten in den Bauzonen. Ein Bedarf an zusätzlichen Gebieten ausserhalb des geplanten Ausbauperimeters könne eingebracht werden. Dafür müsse sich eine Gemeinde jedoch an den Zusatzkosten beteiligen. Schlussendlich müsse der Einzelfall geprüft werden. «In vielen Fällen lässt sich die Bandbreite durch leistungsstarke Alternativtechnologien erhöhen, zum Beispiel durch den Einsatz des sogenannten Internet-Boosters, der das Festnetz und Mobilfunknetz in Kombination nutzt», erklärt Hubacher. Die Erschliessung von Streusiedlungen und einzelnen Gebäuden weit ab von Siedlungsgebieten sei jedoch «eine Herausforderung».

21.03.2024 :: Daniel Schweizer (sdl)