Damit Fische besser wandern können

Damit Fische besser wandern können
Damit Forellen sich fortpflanzen können, müssen sie sich möglichst frei in den Flüssen bewegen können. / Bild: Pedro Neuenschwander (pnz)
Emmental/Entlebuch: Auf der Suche nach geeigneten Laichgebieten wandern Fische. Wehre von Kraftwerken oder hohe Schwellen bilden da ein unüberwindbares Hindernis. Das neue Gewässerschutzgesetz verpflichtet jetzt die Kraftwerksbetreiber, die Fischgängigkeit bis 2030 umzusetzen.

Die Bachforelle und die Groppe haben es nicht einfach. Ein Hauptgrund für den Rückgang der beiden Fischarten sind die menschlichen Eingriffe. Jedes künstlich errichtete Werk an einem Gewässer wie hohe Querschwellen, die aus wasserbaulichen Gründen zur Sicherung der Gewässersohle erstellt wurden, oder Wehren von Kraftwerkanlagen, können die überlebenswichtige Fischwanderung behindern oder völlig blockieren. Denn die einheimischen Fische führen in unterschiedlichen Ausprägungen Wanderungen durch auf der Suche nach
geeigneten Laichgebieten. Das machen die Tiere flussauf- wie auch flussabwärts. Fische sind deshalb auf eine intakte Vernetzung der Fliessgewässer angewiesen. Wenn Wanderungen nur noch in eine Richtung oder gar nicht mehr möglich sind, können sie nicht überleben.

Die Kraftwerkbetreiber sind in der Pflicht

Das neue Bundesgesetz über den Schutz der Gewässer vom 1. Februar 2023 verlangt nun, die Fischwanderung in den Schweizer Flüssen wiederherzustellen. Die Kraftwerksbetreiber haben Zeit bis 2030, Sanierungsmassnahmen aufzugleisen. Später müssen sie gleichwohl sanieren, erhalten jedoch kein Geld mehr vom Bund. «Aktuell sind wir daran, eine Übersicht über den Sanierungsstand zu erhalten», sagt Sebastian Kaufmann von der Dienststelle Landwirtschaft und Wald des Kantons Luzern. Somit könne er noch keine Aussagen machen zum momentanen Umsetzungsstand im Entlebuch. «Voraussichtlich bis Ende 2024 würden alle Kraftwerke, welche noch nicht mit der Planung begonnen haben, aufgefordert, diese anzugehen.» Die wichtigsten Massnahmen seien in der Regel ein Fischschutz mittels Rechen, damit die Fische nicht in die Turbine geraten, sowie verschiedene bauliche Massnahmen für den Auf- und Abstieg der Fische.

Inhaber von Wasserkraftanlagen, die Sanierungsmassnahmen durchführen müssen, erhalten die Kosten zurückerstattet. Die Abgeltungen würden über einen Zuschlag von 0,1 Rappen pro Kilowattstunden auf die Übertragungskosten der Hochspannungsnetze finanziert. Die Auszahlung erfolge durch die nationale Netzgesellschaft Swissgrid. «Diese Gelder fliessen aber nur bis 2030», hält Kaufmann fest.

Am Oberlauf der Emme tut sich etwas

Das aktuellste Revitalisierungsprojekt sei dasjenige in der Emme bei Aeschau. «Dort wurden bereits mehrere Querschwellen fischgängig gemacht», führt Michael Häberli aus. Er ist Bereichsleiter technische Eingriffe und Renaturierungsfonds beim bernischen Fischereiinspektorat. Auch in der Emme im Ranflühschachen sei dieses Jahr die Längsvernetzung für Fische verbessert worden. In der Ilfis stünden in naher Zukunft ebenfalls grössere Projekte an, welche die Fischgängigkeit wiederherstellen sollen. In beiden Gewässern gebe es noch diverse wasserbaubedingte Querschwellen. Diese würden von den Wasserbauträgern (Schwellenkorporationen oder Verbände) bei jeder sich bietenden Gelegenheit fischgängig gestaltet. Aufgrund von Restriktionen (enge Platzverhältnisse, Hochwasserschutz) seien dies zum Teil sehr komplexe und teure Unterfangen, erklärt Häberli. «Auch hier werden die üblichen Massnahmen getroffen.
Bei Wasserkraftwerken würden an Emme und Ilfis klassischerweise Fischtreppen gebaut und Querschwellen würden entweder durch Blockrampen oder durch eine Abfolge mehrerer kleiner, für Fische überwindbare Querschwellen, ersetzt.

«Wir geben den Fischen eine Stimme»

Unterwegs mit Toni Liechti. Er ist Präsident der Fischereipachtvereinigung Emmental: «Wir vertreten die Interessen von 700 Fischern – wir vertreten aber auch die Interessen der Fische. Wir geben diesen Tieren eine Stimme.» Hauptaufgabe des Vereins sei die Sicherstellung des Fischbestands. Sie hätten vom Kanton den Auftrag zur Sicherstellung des Fischbesatzes. Dazu gehöre selbstredend auch der Einsatz zur Erhaltung der Fischgängigkeit in Emme und Ilfis sowie deren Seitengewässern. Der Pachtverein habe dank seines Verbandsbeschwerderechts die Möglichkeit zur Einsprache, sollte unter anderem der Fischgängigkeit nicht oder ungenügend Rechnung getragen werden. «Wir stellen allerdings ein noch grosses Defizit fest. Erst ein Fünftel der definierten Massnahmen ist realisiert. Es warten noch rund 60 Bauvorhaben, die umgesetzt werden müssten.» Vor Ort, beim Kleinkraftwerk in Kröschenbrunnen, sind die Defizite augenfällig. Die grosse Schwelle mit über zwei Metern Höhe ist nicht fischgängig; zudem fehlen, im Sinn der Quervernetzung, Fischtreppen bei den Zuflüssen. Nächster Augenschein oberhalb der Bädlibrücke in Langnau: die erste Schwelle, vor wenigen Jahren saniert, ist fischgängig. Die beiden nächsten Schwellen sind unüberwindbare Hindernisse.

08.02.2024 :: Daniel Schweizer (sdl)