Ein neuer Schlachthof soll die Transportwege verkürzen

Ein neuer Schlachthof soll die Transportwege verkürzen
Für Tiere aus dem Emmental können die Transportwege zum Schlachthaus ziemlich lang sein. / Bild: Shutterstock
Landwirtschaft: Im Kanton Bern gibt es kein grosses Schlachthaus mehr. Für die Bauern eine unbefriedigende Situation. Nun ist ein neuer Emmentaler Schlachtbetrieb angedacht.

Der Schlachthof der Ernst Sutter AG in Langnau zählte zu den Grossen. Einige zehntausend Rinder und Schweine wurden dort jedes Jahr getötet. Seit der Schliessung Ende 2022 gibt es im Agrarkanton Bern keinen grossen Schlachthof mehr. Die letzte Reise vieler Tiere führt nun in ausserkantonale Grossbetriebe in Oensingen, Courtepin oder Sursee.

Dem Tierwohl ist das kaum zuträglich, bedeuten die langen Transportwege doch Stress für die Tiere. Schwierig seien die langen Wege auch aus ökologischer Sicht, ergänzt Heinz Kämpfer, Präsident des Emmentaler Bauernvereins («Landwirtschaft Emmental») und Vizepräsident des Berner Bauernverbands. «Und vor allem bei den Notschlachtungen haben wir nun ein echtes Problem.» Leidende Tiere, die zum Beispiel eine gerissene Sehne oder einen Beinbruch haben und nicht operiert werden, müssen möglichst rasch geschlachtet werden. Und der Transportweg zum Schlachtbetrieb muss möglichst kurz sein.


Hilfe von Bund und Kanton

In den letzten 20 Jahren ging die Zahl der Schlachthöfe in der Schweiz von 900 auf 600 zurück. Im Verwaltungskreis Emmental existieren laut Kämpfer noch rund 40 Schlachtlokale, zum Teil sind sie nur unregelmässig in Betrieb. «Kleinere Betriebe haben häufig keine Kapazitäten für Notschlachtungen», sagt er. Deshalb sassen Exponenten von mehreren bäuerlichen Organisationen zusammen und diskutierten, wie es nach der Schliessung des Schlachthofs Langnau weitergehen soll. Dabei entstand die Idee, im Emmental einen Schlachtbetrieb aus- oder aufzubauen, in dem die jährlich 1000 bis 2000 regionalen Notschlachtungen vorgenommen werden können. Der Standort ist noch unklar. «Wir befinden uns erst in der Vorabklärungsphase», sagt Heinz Kämpfer. Die Initianten hoffen, dass ihr Vorhaben als Projekt zur regionalen Entwicklung (PRE) anerkannt wird und eine Anschubfinanzierung von Bund und Kanton erhält, wie der «Schweizer Bauer» kürzlich berichtete. Mitte dieses Jahres wollen die Initianten das Konzept beim Kanton Bern einreichen. Bis Ende Jahr soll die Antwort vorliegen, bei einem positiven Entscheid würde ab 2025 ein konkretes Projekt ausgearbeitet.


Gemeinsam vermarkten

Doch auch mit Anschubfinanzierung muss der Betrieb des Schlachthofs letztlich selbsttragend sein. «Es werden hohe Investitionen nötig sein», sagt Kämpfer. «Deshalb ist es wichtig, dass wir das Fleisch auch bestmöglich vermarkten können.» Hier setzt eine weitere Idee an, welche die Emmentaler Bauernorganisationen derzeit prüfen: eine gemein­same Vermarktungsplattform. Landwirtinnen und Landwirte sollen sich zusammentun, um ihr Fleisch und andere Produkte anzubieten. Denn etwa die Gastronomie benötigt häufig grössere Mengen, als ein einzelner Produzent auf die Schnelle liefern kann. Ein Beispiel: Wenn ein Wirt, der für seine Erdbeerkuchen bekannt ist, an einem Sonntag innert zwei Stunden eine grosse Menge Erdbeeren benötigt, hat er je nachdem Mühe, diese zu bekommen. Eine gemeinsame Plattform könnte da Abhilfe schaffen. Regionale Produkte sind in der Bevölkerung derzeit gefragt. «Das sollten wir uns zunutze machen», sagt Heinz Kämpfer.

Politischer Vorstoss für kürzere Transportwege

Mit 158 zu 15 Stimmen hat der Nationalrat eine Motion angenommen, die regionale Schlachtbetriebe fördern will. Kürzere Transportwege seien im Sinne des Tierwohls, zudem seien regionale Schlacht-betriebe für die Wertschöpfung in den Randregionen wichtig, argumentieren Anna Giacometti (FDP) und Martina Munz (SP) in ihrem Vorstoss. Der Bund brauche eine Rechtsgrundlage, um solche Betriebe unterstützen zu können. Der Bundesrat hält dagegen: Die Vorschriften für Tiertransporte seien in der Schweiz strenger als im Ausland. Nun muss noch der Ständerat über den Vorstoss befinden.

Neue Vorgabe für Hoftötungen

Bisher mussten Tiere, die auf dem Hof oder der Weide getötet wurden, innert 45 Minuten in der Metzgerei weiterverarbeitet werden. Seit Anfang Februar beträgt die maximal erlaubte Zeit 90 Minuten. «Bisher konnten wir an abgelegenen Orten keine Hoftötungen machen, weil wir die Transportzeiten dort nicht einhalten konnten», sagt Mischa Hofer von der Platzhirsch Hofschlachtungen GmbH. Aufgrund der neuen Vorgaben konnte seine Firma nun ein zweites System anschaffen, mit dem mehr Tiere gleichzeitig getötet und vom Hof zur Metzgerei transportiert werden können.

08.02.2024 :: Markus Zahno (maz)