Eine virtuelle Brille sorgt für realitätsnahe Erlebnisse im Alter

Eine virtuelle Brille sorgt für realitätsnahe Erlebnisse im Alter
Kaurisanker Kirupananthan (links) und Fernando Eggenberger gewannen den Innovationspreis von Curaviva Bern. / Bild: zvg
Sumiswald: Ein Virtual-Reality-Projekt bringt Bewohnenden des Alterszentrums Sumiswald scheinbar reale Erlebnisse ins Heim. Dafür gewannen die beiden Entwickler einen Preis.

Mit Fernando Eggenberger und Kaurisanker Kirupananthan standen bei der Preisverleihung von Curaviva Bern, dem kantonalen Branchenverband der Dienstleister für Menschen im Alter, zwei strahlende Sieger des Alterszentrums Sumiswald (Sumia) im Rampenlicht. Mit ihrem Virtual-Reality-Projekt haben die beiden den ersten Rang des Innovationspreises 2023 von Curaviva Bern in der Höhe von 5000 Franken gewonnen. Dass den älteren Menschen virtuelle Reisen ermöglicht werden, Reisen nämlich, die sie anders nicht mehr unternehmen können, hatte die Jury begeistert.


Bachelorarbeit für etwas Sinnvolles

Es ist ein ungewöhnliches Gespann, das den Preis entgegennehmen durfte. Als Zivilschützer ist Kaurisanker Kirupananthan im Alterszentrum seit bald acht Jahren bekannt und beliebt. Hier leistet er treu alle seine Zivilschutzeinsätze. Fernando Eggenberger seinerseits ist stellvertretender Leiter des Bereichs Aktivierung im Sumia. Unabhängig voneinander hatten sie die Idee, für Menschen, die nicht mehr mobil sind, Erlebnisse, Natur, Bräuche, Kultur und Handwerk ins Heim zu holen und sie dies mit der virtuellen Brille realitätsnah erleben zu lassen. Der damalige In­formatikstudent Kaurisanker Kirupananthan wollte sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit für etwas Sinnvolles einsetzen. Die Fachhochschule Bern für Technik und Informatik stellte ihm die dafür erforderlichen Geräte zur Verfügung.


Komplexes Vorhaben

Mit seiner Idee rannte er bei Fernando Eggenberger offene Türen ein. Die Umsetzung war aber nur dank beiden möglich. Denn technisch, aber auch auf menschlicher Ebene war und ist dieses Vorhaben hochkomplex. Während Kirupananthan das Projekt wissenschaftlich begleitete, kennt Eggenberger die Bewohnenden, weiss um ihre Bedürfnisse, aber auch um ihre Ängste und Defizite. «Damit das virtuelle Erlebnis für sie ein wirkliches Erlebnis wird, braucht es viel Erfahrung und Feingefühl und natürlich von ihnen auch den Willen, sich auf das Neue, einzulassen», stellt Eggenberger fest. 

Zu den rund ein Jahr dauernden Vorbereitungen gehörten die Aufnahmen, welche anschliessend für das Virtual-Reality-Erlebnis genutzt wurden. Stundenlang filmten die beiden Sehens- und Hörenswertes in der
Region, unter anderem einen Gottesdienst in Wasen, verschiedene Ausflugsziele im Emmental, ein Jodlerpaar oder das Älplerleben. «Wir wollen die Menschen dort abholen, wo sie gelebt haben, wo ihre Gedanken oft noch hinschweifen», so Fernando Eggenberger.


Eins-zu-eins-Betreuung erforderlich

Die 3D-Virtual-Reality-Brille erlaubt eine Rundumsicht von 360 Grad. Die Einstellungen sind jedoch kompliziert und wären für die Bewohnenden selbst nicht bedienbar. Sie werden deshalb individuell für die Nutzerinnen und Nutzer vorgenommen und ständig angepasst. Dies ist erforderlich, damit die ungewohnte Sichtweise nicht Übelkeit oder Ängste auslöst. Begibt sich eine Bewohnerin auf virtuelle Reise, wird sie von Fernando Eggenberger oder Kaurisanker Kirupananthan begleitet. Zwei Personen war es mit der 3D-Brille unwohl. Die meisten aber staunten, freuten sich und erhielten einen scheinbar reellen Einblick in eine ihnen einst bekannte Welt. Fernando Eggenberger ist überzeugt: «Staunen wirkt heilend und hat die Kraft, die Menschen von ihren Defiziten abzubringen und sich wieder zu freuen.» 

Mit den aktuellen Mitteln wäre es nicht möglich, das Projekt fortzuführen. Das Preisgeld ist deshalb willkommen und soll das Startkapital sein, um die neue virtuelle Welt zu vergrössern, sie noch individueller zu gestalten und sie mehr Menschen im Alterszentrum Sumiswald zugänglich zu machen.

25.01.2024 :: Liselotte Jost (ljr)