Selbstständig, sportlich und motiviert

Selbstständig, sportlich und motiviert
Silvan Siegenthaler trainiert dreimal pro Woche im Rennrollstuhl. / Bild: zvg
Parasport: Silvan Siegenthaler bewirbt sich um eine Lehrstelle, macht Sport, wohnt in einer WG, fährt Auto und Ski. Dies, obschon der 16-jährige Schangnauer seit Geburt im Rollstuhl sitzt.

Direkt am Ufer des Sempachersees, umgeben von viel Grünfläche und einer grossen Sportanlage mit Rennbahn steht das Schweizer Paraplegiker-Zentrum in Nottwil. Der Eingang ist von einer grossen Fensterfront geschmückt und das Dach erinnert in seiner Form an eine Welle. Silvan Siegenthaler aus Schangnau kennt sich im schweizweit grössten Paraplegiker-Zentrum gut aus. Schon früh hat er hier diverse Sportangebote genutzt und seit Kurzem läuft auch die medizinische Betreuung über das Zentrum.


Lehrstellensuche

Momentan ist Silvan Siegenthaler sogar jeden Tag mindestens einmal in Nottwil. «Es ist ähnlich wie ein 10. Schuljahr», erklärt der 16-Jährige das Perspektivenjahr, das er absolviert. Angeboten wird es im Rahmen von ParaWork, einer Organisation des Paraplegiker Zentrums, die Jugendliche im Rollstuhl beim beruflichen Einstieg unterstützt. «Sie helfen mir, einen geeigneten Betrieb für die Lehre zu suchen.» Der junge Schangnauer weiss schon ganz genau, wonach er sucht: «Mein grosses Ziel ist es, Produktionsmechaniker zu werden».

Um ein ständiges Pendeln zu vermeiden, zog Silvan Siegenthaler zudem von zuhause aus. Neu wohnt er in der betreuten Para-WG, die ebenfalls vom Paraplegiker Zentrum angeboten wird. Wenn er am Wochenende nach Hause fährt, kann er dies seit Kurzem mit dem eigenen Auto, seinem ganzen Stolz. Es sei schon cool, dass er als erster in der Freundesgruppe Taxifahrten für Kollegen anbieten könne.


Trainings mit Olympiasieger

Nebst der Schule und der medizinischen Betreuung bietet Nottwil auch die Trainingsmöglichkeit und die sportliche Infrastruktur für den 16-Jährigen. Seit Silvan Siegenthaler sieben Jahre alt ist, fährt er in seiner Freizeit Rennrollstuhl. «Das hat Mama einmal gesehen, als wir hier im Schwimmkurs waren», erzählt der Schangnauer. Obschon er zu Beginn nicht wirklich von dieser Idee überzeugt war, hatte ihn die Sportart seither gepackt. Zurzeit trainiere er rund dreimal pro Woche.

Da es in der Schweiz nicht so viele Rennrollstuhlsportler gibt, seien eigentlich alle in Nottwil. So kommt es, dass Silvan Siegenthaler ab und zu auch mit Olympiasieger und Weltmeister Marcel Hug zusammen trainieren kann. «Es ist wirklich alles sehr familiär», bestätigt auch Mutter Gabi Siegenthaler.

Zurzeit trainiert der junge Schangnauer für vor allem dafür, um schneller als sein Kollege zu sein. Momentan seien sie ungefähr gleichschnell, aber da die beiden in unterschiedlichen Kategorien eingestuft sind, erhalten sie unterschiedliche Punkte. «Es ist ziemlich kompliziert», beginnt Silvan Siegenthaler mit der Erklärung. Da nicht alle Paraplegiker die gleichen Funktionen haben, werden sie verschieden bewertet. «Am Anfang der Karriere muss man zu einem Arzt, der einem dann sagt, in welcher Kategorie man starten kann.»


Wille und Flexibilität

Da die Rennen von Silvan Siegenthaler im Sommer stattfinden hat er im Winter Zeit für ein anderes sportliches Hobby: Ski fahren. Um ebenfalls mit der Schulklasse an den Skilift gehen zu können, absolvierte die Familie Siegenthaler in der Skiregion Sörenberg eine Ausbildung für den Monoskibob und erwarb schliesslich einen eigenen. So konnte der Schangnauer irgendwann auch am Dorfskilift üben. «Die Skilift-Arbeiter waren wirklich sehr flexibel und haben auch ihre Anbügel-Techniken immer wieder für uns umgestellt.»

Obschon Silvan Siegenthaler seit Geburt im Rollstuhl sitzt, habe er nicht das Gefühl, etwas zu verpassen. Bis jetzt habe er sich auch nie ausgeschlossen gefühlt. Dies ist aber sicherlich auch der geduldigen und ruhigen Art des jungen Schangnauers geschuldet.

29.12.2023 :: Lisa Willener (lwh)