Claudia und Marco Haueter mit den Ziegen Sola (links) und deren Tochter Baylee (rechts). / Bild: Rebekka Schüpbach (srz)
Lauperswil: Die Nera Verzasca Ziegen grasen auch auf Weiden im Emmental. Claudia und Marco Haueter besitzen eine ganze Zuchtfamilie dieser gefährdeten Ziegenrasse.
«Wenn es regnet, wollen unsere braunen Ziegen in den Stall. Die Nera Verzasca aber grast munter weiter.» Claudia und Marco Haueter sitzen mit ihren Kindern Jasmin (2) und Joel (10 Monate) am Küchentisch und erzählen an diesem Beispiel, was die stattliche Rasse mit schwarzem Fell und imposanten Hörnern von anderen unterscheidet.
Auf ihrer Webseite bezeichnet Pro Specie Rara sie als typische Gebirgsziege, die in unwegsamem Gelände und mit allen Wetterextremen zurecht komme. Ursprünglich gezüchtet im Verzascatal, ist sie heute besonders im Tessin und den angrenzenden Staaten des südlichen Alpenraumes verbreitet. Dort kommt sie aber unter anderem wegen dem Verschwinden von Bauernhöfen und als Opfer von Grossraubtieren zunehmend unter Druck. Immer häufiger findet man sie inzwischen bei Liebhabern nördlich der Alpen.
Stammgeiss aus dem Wallis
Ziegen haben im Leben der Haueters schon früh eine Rolle gespielt. Claudia Haueter wuchs auf einem Bauernhof auf und liebte diese Tiere. Doch ihre Eltern wollten keine Ziegen. Marco Haueter hingegen besass schon als Kind seine ersten Ziegen. Beruflich orientierten sich später beide handwerklich: Sie lernte Elektroinstallateurin, er Maurer.
2015, damals waren sie bereits ein Paar, wurden die Ziegen zu ihrem gemeinsamen Hobby. Drei Jahre später zogen sie in Marcos Elternhaus und nahmen die Tiere mit. «Damals bestand die Herde mehrheitlich aus braunen Tieren», erzählt Marco Haueter. Nur eine einzige der schwarzen Schönheiten sei zeitweise mit von der Partie gewesen. Seine Frau ergänzt: «2021 beschlossen wir, ganz auf die Zucht der Nera Verzasca zu setzen.» Ausschlaggebend war ein Kollege, der seinerseits «Nera» kaufen wollte und die Haueters fragte, ob sie ebenfalls Interesse hätten. Gesagt, getan: Zusammen fuhren sie ins Wallis und brachten unter anderem das Stammtier ihrer heutigen Zuchtfamilie mit: Die Geiss namens Sola. Diese hat inzwischen fünf Töchter und eine Enkelin. Nur eine der Töchter lebt in einem anderen Stall, die anderen blieben bei den Haueters. Eigene Böcke hingegen kann die Familie wegen Gefahr von Inzucht nicht behalten. Deshalb werden diese entweder lebendig verkauft oder geschlachtet. Nicht nur Fleisch, sondern auch Milch liefert die Zweinutzungsrasse. Die Haueters verwenden die Milch im Frühling jeweils für die Aufzucht der Jungtiere. Später kommen die beiden Mastschweine in den Genuss und danach bekommt sie der Nachbar zum Tränken der Kälber.
Gute Abstammung ist wichtig
Hauptziel des Paares, das sich seit dem Kindergarten kennt, ist aber nicht die Produktion von Fleisch und Milch, sondern die Zucht dieser besonderen Ziege. «Wir möchten möglichst viel Eigenzucht», präzisiert Claudia Haueter. Zukauf bedeute nämlich auch immer ein Risiko wegen der Verbreitung von Krankheitserregern. Nur die beiden ausgewachsenen Böcke kommen von anderen Betrieben. Bei ihnen wird besonders auf die gute Abstammung geachtet, um gesunde und schöne Nachkommen zu erhalten. Solas Tochter Baylee wurde immerhin schon einmal Kategoriensiegerin an einer Schau und konnte an der Miss-Wahl teilnehmen.
Täglich auf die Weide
Noch hat es Platz im Stall, in dem maximal 19 Ziegen untergebracht werden können. Aktuell umfasst die Herde acht Geissen, zwei Böcke, zwei sogenannte «Übergitzi» (weibliche Zicklein, die älter als ein Jahr alt sind, aber noch keine Jungen geboren haben) sowie drei Aufzuchtgitzi. Fast täglich dürfen sie auf die Weide. «Unsere Idee ist es, uns so einzurichten, dass die Ziegen rund um die Uhr die Wahl zwischen Stall und Weide haben», sagt Marco Haueter.
Schon klar ist hingegen, dass Claudia Haueter bald der Interessengemeinschaft Nera Verzasca beitreten wird. Bisher hat die IG 28 Mitglieder aus dem Tessin und der Deutschschweiz, davon nicht wenige aus dem Kanton Bern. Offensichtlich harmoniert die als temperamentvolle beschriebene Ziege ganz gut mit unserem «Bärner Gring».