Naturwaldreservat Wimmisalp: Wo das Trompetenmoos gedeiht

Naturwaldreservat Wimmisalp: Wo das Trompetenmoos gedeiht
Das sehr seltene Trompetenmoos fällt durch die charakteristischen roten Stängel auf. / Bild: zvg
Kanton Bern: Zehn Prozent der Waldfläche soll zu Reservaten werden, lautet das Ziel bis 2030. Dank einer seltenen Pflanze entsteht etwa auf der Wimmisalp ein Naturwaldreservat.

Schon mal vom Trompetenmoos gehört? Nein? Das erstaunt nicht. Die Pflanze mit dem lateinischen Namen Tayloria rudolphiana ist so selten, dass das Bundesamt für Umwelt sie  als «stark gefährdet» auf die rote Liste der Moose gesetzt hat. Prächtig gedeiht dieses Moos im Dachsewäldli auf der Wimmisalp am Fusse des Hohgants. «Dieses Moos wächst nur auf alten Bergahornen, in feuchten Lagen und über 1000 Meter über Meer», erklärt Daniel Schmutz von der Waldabteilung Voralpen. Damit das so bleibt, wird das 21 Hektaren grosse Waldstück per 1. Januar 2024 zu einem «Naturwaldreservat mit besonderen Massnahmen». Was bedeutet das? Für die vereinbarte Dauer von 50 Jahren wird in dem Wald grundsätzlich kein Holz geschlagen – der Wald wird sich selber überlassen. Bäume gefällt würden höchstens, um für das Trompetenmoos optimale Bedingungen zu schaffen oder aus Sicherheitsgründen entlang des Wanderwegs, erklärt Daniel Schmutz.


Erlös aus Holzverkauf ist wichtig

Aufs Holzen verzichten muss künftig die Alpgenossenschaft Wimmisalp, in deren Besitz sich der Wald befindet. Der Erlös aus den Holzverkäufen sei zwar nicht die Haupteinnahmequelle der Alp in der Gemeinde Schangnau, aber wichtig, um den Betrieb insgesamt am Laufen zu halten, sagt Präsident Res Hadorn. Nebst dem Dachsewäldli besitzt die Genossenschaft noch weitere 21 Hektaren Wald, den sie auch in Zukunft bewirtschaften wird. Der grösste Teil der Wimmisalp  – rund 86 Hektaren – besteht aus Weiden und Wiesen. 

Der Entscheid, das Dachsewäldli zu einem Naturwaldreservat zu machen, ist den mehr als 20 Genossenschaftern nicht ganz leicht gefallen. «Es brauchte seine Zeit», meint Hadorn rückblickend. Dass dieses spezielle Moos und die Bergahorne geschützt werden sollen, war nicht bestritten. «Manche Ahornstämme sind weit über einen Meter dick», berichtet der Landwirt und deutet mit den Armen den Durchmesser an. Dass dort 50 Jahre lang nicht mehr geholzt werden dürfe, habe unter den Genossenschaftern mehr zu reden gegeben. «Wer weiss schon, wie viel zum Beispiel Energieholz in 20 oder 30 Jahren wert sein wird?», fragte sich auch Res Hadorn. Einen letzten Holzschlag konnte die Alpgenossenschaft diesen Herbst ausführen, in Absprache mit der Waldabteilung Voralpen. Damit jüngere Ahorne grosse Kronen bilden können, wurden sie von konkurrenzierenden Bäumen befreit. Zudem wurden auch Fichten gefällt, um mehr Licht in den Wald zu bringen.


Ökologie und Ausfallentschädigung

Ein Grund, warum die Alpgenossenschaft Ja zum Naturwaldreservat gesagt hat, ist auch die Entschädigung, welche sie erhalten wird. «Die Förderbeiträge für Waldreservate setzen sich aus zwei Teilen zusammen», schreibt das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN)  auf Anfrage. Gewichtet würden das ökologische Potenzial sowie die Lage und Grösse des Gebiets. Hinzu komme der Deckungsbeitrag, der den Waldbesitzer für den Ausfall des Holzertrags entschädigt. Hier spielen mehrere Kriterien eine Rolle: das Ernteverfahren (Bodenzug, Seilkran…), die Hangneigung und die Wüchsigkeit des Standortes, schreibt das AWN weiter. Die Beiträge würden so berechnet, damit die Reservate dort umgesetzt würden, wo sie ökologisch am meisten Wirkung erzielten – wie etwa im Dachsewäldli mit seinem seltenen Moos.

So fördert der Kanton die Biodiversität in Wäldern

Das Ziel, bis 2030 auf zehn Prozent der Waldfläche Reservate einzurichten, hat der Kanton Bern vom Bund erhalten. Der Bund beteiligt sich auch an den Förderbeiträgen, welche die Grundeigentümer erhalten. Man mache vorwärts, bilanziert das Amt für Wald und Naturgefahren, es bleibe aber noch viel zu tun.

Im Emmental würden in nächster Zeit noch weitere Reservate dazukommen, sagt Daniel Schmutz von der Waldabteilung Voralpen. Nachholbedarf würden Regionen mit gut erschlossenen Wäldern im Mittelland aufweisen, weshalb dort höhere Beiträge ausgerichtet werden. «Auch Wirtschaftswälder profitieren von einer verbesserten Biodiversität. Es braucht eine gute Mischung.»


Die häufigsten Förderprogramme:

  • Naturwaldreservat: Mindestens 50 Jahre wird ein Wald (ab 5 Hektaren) der natürlichen Dynamik überlassen – also kein Holz geschlagen.
  • Sonderwaldreservat: Mit gezielten Massnahmen werden bedrohte Arten und Lebensräume gefördert. Es handelt sich auch um grössere Flächen und eine Dauer ab 50 Jahren.
  • Alt- und Totholzinsel: Auf Flächen von 0,5 bis 5 Hektaren bleiben dem Standort entsprechend starke Bäume bis zu deren Zerfall stehen.
  • Habitatbäume: Das sind starke Bäume in Wirtschaftswäldern mit Mikrohabitaten wie Spechthöhlen.
  • Waldränder: Solche mit hohem

Potenzial werden aufgewertet und gepflegt. 

16.11.2023 :: Bruno Zürcher (zue)