Einsprecher finden die geplanten Gebäude zu mächtig, obwohl sie dem Baureglement entsprechen. / Bild: Beatrice Keck (keb)
Schüpfheim: Das Kantonsgericht wird sich ein zweites Mal mit der geplanten Wohnüberbauung Chräigade beschäftigen. Dies, weil Anwohner erneut eine Beschwerde eingereicht haben.
Die Geschichte dreht sich um die freie Fläche im Quartier Bienz, das sich ein paar hundert Meter ausserhalb von Schüpfheim am sogenannten Sonnenhang befindet. Die Fläche wird Chräigade genannt, misst 4320 Quadratmeter und grenzt an zwei Seiten an die bestehenden Strassen.
Einfamilienhaus-Charakter?
Dieses Gebiet gehörte bis 2018 zum «übrigen Gebiet». Die Einzonung des Grundstücks Nr. 1010 hat die Stimmbevölkerung von Schüpfheim am 4. März 2018 an der Urne im Rahmen der Abstimmung über die Gesamtrevision der Nutzungsplanung deutlich gutgeheissen. Die Beschwerden gegen den Gestaltungsplan Chräigade stehen im Zusammenhang mit dieser Abstimmung. «Den Leuten wurde vorgegaukelt, dass dort Einfamilienhäuser gebaut würden», sagt Annelis Stalder, eine der Beschwerdeführerinnen. In der Tat war 2018 in der Abstimmungsbotschaft zu lesen: «Im Bienz sollen der Einfamilienhaus-Charakter und die heutige Dichte erhalten bleiben.» In der Botschaft war aber genauso zu lesen, dass das gesamte Quartier, also auch das neu eingezonte Gebiet Chräigade, der Zone «W2b» zugewiesen wird. Was dort baulich möglich ist, steht im Anhang des Baureglements der Gemeinde Schüpfheim: Wohnbauten mit einer maximalen Höhe (First) von 11,0 Metern. Das heisst, dass beispielsweise drei Geschosse gebaut werden können, die gesamthaft 9,0 Meter hoch sind. «Aus unserer Sicht sind das einfach zu viele Wohnungen auf dieser Fläche», sagt Stalder.
Vier Häuser mit total 21 Wohnungen
Die geplante Wohnüberbauung der Arnet Baumanagement AG aus Entlebuch – für die der Gestaltungsplan ausgearbeitet wurde – sieht vier Gebäude mit drei bis sechs Wohnungen (3½- bis 5½-Zimmer) vor. Im Untergrund soll zudem eine Einstellhalle erstellt werden. Während die Gemeinde die Einsprache abgelehnt hat, erhielten die Beschwerdeführer vor einem Jahr zumindest in einigen Punkten vom Kantonsgericht recht. Dem 27-seitigen Urteil war zu entnehmen, dass die Bauherrschaft detailliertere Pläne (etwa zu den Aussenräumen) und zum Energiekonzept erarbeiten muss.
Die ergänzten Unterlagen lagen im April/Mai dieses Jahres wieder öffentlich auf. Wie den Gemeindenachrichten von Schüpfheim zu entnehmen ist, «erhoben die Beschwerdeführer wiederum Einsprache». Neu werde auch die Erschliessung einer benachbarten Parzelle bemängelt. In den Verhandlungen habe keine Einigung erzielt werden können. Die Gemeinde hat die Einsprache wieder abgelehnt und die Beschwerdeführer ziehen erneut ans Luzerner Kantonsgericht. «Wir sind enttäuscht, dass uns niemand entgegengekommen ist – weder die Gemeinde noch die Bauherrschaft», zeigt sich Annelis Stalder enttäuscht. Das bestätigt Martin Knüsel, Geschäftsführer der Arnet Baumanagement AG. «Die geplanten Gebäude entsprechen dem Zonenplan und das Kantonsgericht hält in seinem ersten Urteil fest, dass es sich um eine gelungene, siedlungsgerechte Planung mit hoher Qualität handle. Ein externer Gutachter hat zudem bestätigt, dass sich die Gebäude optimal eingliedern.» Was wurde denn am Gestaltungsplan angepasst? «Das Energiekonzept sieht nun vor, dass die Gebäude im Minergiestandard mit Zertifizierung P oder A erstellt werden», nennt Knüsel einen Punkt. Weiter sei die Umgebung in allen Bereichen rollstuhlgängig und ein zweiter Platz als Treffpunkt werde geschaffen.
Forderung nach innerer Verdichtung
Den Einsprechern schwebt vor, dass auf der Fläche rund sechs bis sieben Einfamilienhäuser gebaut werden sollen. Was hält Knüsel von dieser Idee? «Die Politik fordert innere Verdichtung, was gegen Einfamilienhäuser spricht.» Zudem weise das Quartier bereits Mehrfamilienhäuser auf, wie sie nun geplant seien, was vom regionalen Bauamt bestätigt wird.
Auf der Webseite, auf der die Wohnsiedlung angepriesen wird, ist zu sehen, dass 16 der 21 Wohnungen mit «reserviert» bezeichnet sind. «Das Interesse von potenziellen Käufern ist in der Tat gross», sagt Martin Knüsel. Er räumt aber ein, dass manche wegen der Verzögerungen wieder abgesprungen seien. Die Geduld der Kaufwilligen wird weiter gefordert sein. Das erneute Urteil des Kantonsgerichts wird erst im kommenden Jahr erwartet. Die nächste Instanz für Beschwerden gegen den Gestaltungsplan wäre dann das Bundesgericht. Wenn der Gestaltungsplan Chräigade dann gültig wäre, muss noch das Baugesuch eingereicht und genehmigt werden. Erst dann können die Bauarbeiten beginnen.