Tempo 30: Gegner machten tüchtig Lärm

Tempo 30: Gegner machten tüchtig Lärm
Sowohl auf der Hauptstrasse (schwarz) wie auch auf den Gemeindestrasse im Dorfkern soll Tempo 30 gelten. / Bild: zvg
Oberdiessbach: Die beiden Verkehrsprojekte in Oberdiessbach stehen in kräftigem Gegenwind. Dieser wehte den Kantons- und Gemeindevertretern am Infoabend kräftig ins Gesicht.

Die Ausgangslage ist bekannt. Der Kanton Bern beabsichtigt, die Ortsdurchfahrt Oberdiessbach zu sanieren. Dann soll hier künftig Tempo 30 gelten. Denn nur so könnten – kombiniert mit einem lärmarmen Belag – die gesetzlich vorgeschriebenen Lärmgrenzwerte erreicht werden. Bauherr ist der Kanton. An einem Informationsanlass im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens erläuterte Lukas Schiffmann vom Oberingenieurkreis II die vordringlichen Projektziele: siedlungsverträglicher Verkehr, Einhalten der Lärm-Immissionsgrenzwerte sowie erhöhte Verkehrs­sicherheit für alle Verkehrsarten.


Gemeindeabstimmung möglich

In den letzten Jahren habe die Gemeinde Oberdiessbach zudem intensiv am Gesamtprojekt Verkehrsberuhigung Dorfkern gearbeitet, berichtete Gemeinderat André Furrer. Während einige Massnahmen bereits umgesetzt worden seien, befänden sich andere noch in der Planungsphase. Dazu gehörten Tempo 30 in der Dorfkernzone sowie Massnahmen zur Erhöhung der Verkehrssicherheit und -beruhigung. Im Gegensatz zum abgelehnten Geschäft von 2013 beschränke sich das heutige Projekt Tempo 30 einzig auf die Dorfkernzone, wie André Furrer ausführte. Und über dieses Projekt habe die Bevölkerung – im Gegensatz zum Sanierungsprojekt des Kantons – die Möglichkeit, abzustimmen.


«Ich will nie mehr solche Post»

Bereits im Vorfeld wurde Stimmung gemacht gegen die beiden Vorhaben. Das Komitee «stopp-tempo-30» rund um den einheimischen Unternehmer Markus Hirschi spricht in seinem zweiten Flugblatt von «Tempodiktat», «willkürlicher Zwängerei aus der urbanen Küche» und von «einem grün-rot gefärbten ideologischen Projekt». Hier erschliesst sich dem Leser allerdings nicht ganz, wer mit dieser Farbkombination gemeint ist, sind doch sowohl im Gemeinderat wie auch in der Berner Regierung die Bürgerlichen in der Mehrheit. Ja, sprach Hirschi am Informationsanlass, er sei einer dieser bösen Buben hinter den Flugblättern. Und es komme dann noch mehr. Sie sei, äusserte sich Gemeindepräsidentin Bettina Gerber, sehr enttäuscht ob der Tonalität und der Argumente in den Flugblättern des Gegenkomitees. «Ich will nie mehr so etwas im Briefkasten sehen!» Auseinandersetzungen gehörten zur Demokratie, aber Demokratie heisse auch, die Gesetze zu respektieren. Bei der Sanierung bestimme der Kanton. Tempo 30 sei somit de facto genagelt. Im Übrigen weise sie die Unterstellung des Komitees, die Gemeinde habe beim Kanton für Tempo 30 geweibelt, dezidiert zurück. «Wir sind seinerzeit in Bern aufgekreuzt und haben uns dagegen ausgesprochen.»


Unterschiedliche Dezibelwerte

Bei der anschliessenden Diskussion zeigte sich bald: Das Gegnerkomitee hatte ganze Arbeit geleistet und mächtig mobilisiert. Die Dezibelwerte beim Applaus nach den Voten gegen Tempo 30 fielen klar höher aus als bei den wenigen befürwortenden Stimmen. Die Gegner machten ihrem Misstrauen Luft gegenüber der Messung der Lärmimmissionen, wehrten sich gegen «das Diktat von oben», fühlten sich von der Gemeinde übergangen oder warfen ihr gar – was die Gemeindepräsidentin sichtlich auf die Palme brachte – Salamitaktik vor. Der Einwurf einer Mutter von drei Kindern, sie sei froh, dass endlich etwas gehe bezüglich Tempo und Verkehrssicherheit, fand nur mageren Beifall. Das Flugblatt sei, lautete ein letztes Votum aus der Versammlung, respektlos und pöbelhaft formuliert. «Ich bin froh, ist zumindest die heutige Veranstaltung geordnet und anständig über die Bühne gegangen.» Dem konnte sich die Gemeindepräsidentin anschliessen. Zum Schluss rief sie alle auf, sich im Rahmen des Mitwirkungsverfahrens einzubringen. Dieses läuft bis Ende November.

09.11.2023 :: Daniel Schweizer (sdl)