Wie dem Fachkräftemangel entgegenwirken?

Wie dem Fachkräftemangel entgegenwirken?
Von links: Sibylle Plüss, Hans Groth, Christoph Ammann, Michelle Renaud, Esther Nyffenegger und Martin Kolb. / Bild: Roger Strub (srl)
Emmental: Der Herbstanlass der Regionalkonferenz und des Handels- und Industrievereins stand im Zeichen der demografischen Entwicklung und dem damit ­verbundenen Fachkräftemangel.

Wie viele andere Volkswirtschaften ist auch die Schweiz mit einem historischen Fachkräftemangel konfrontiert. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen in Rente, die Bevölkerung wird immer älter, die nachfolgenden Generationen können zahlenmässig die Lücken nicht schliessen und haben zudem ganz andere Vorstellungen betreffend Arbeitsbedingungen und Balance zwischen Arbeit, Familie und Freizeit. Was bedeutet das für unsere Zukunft? Was kommt bezüglich Arbeitswelt und Zusammenleben auf unsere Gesellschaft zu? Kann verstärkte Migration uns helfen? Das einige der Fragen, welche am Herbstanlass der Regionalkonferenz Emmental und des Handels- und Industrievereins Kanton Bern erörtert wurden.

Ein globales Problem

Den Aspekt der Migration erläuterte Hans Groth, Vorsitzender des World Demographic & Ageing Forums, in seinem Referat. Er zeigte auf, dass unser Arbeitsmarkt für Fachkräfte aus den Ländern, für welche die Personenfreizügigkeit gilt, an Attraktivität einbüsst, weil auch dort akuter Fachkräftemangel herrscht. Die Drittstaatenregelung müsste gelockert werden, denn ohne Zuwanderung bekämen wir noch mehr Probleme. Hans Groth sieht deshalb eine kurzfristige Verbesserung der Situation vorab in optimierten Arbeitsbedingungen, in der Verminderung der Fluktuationsrate und in der Weiterbeschäftigung von Personen im Rentenalter. Gefordert seien also in erster Linie die Unternehmen selber.

Sibylle Plüss, stellvertretende Direktorin und Leiterin Exportdienst des Kantons Bern, erläuterte in ihrem Referat die nach wie vor bestehenden Unterschiede zwischen Frauen und Männern bei der Berufswahl. Sie plädierte dafür, mehr Frauen für die wertschöpfungsstärkeren technischen Berufe zu sensibilisieren. Auch die Fremdbetreuung ihrer Kinder sei für viele Frauen nach wie nur unbefriedigend gelöst, was sie in Gewissensnot bringe. Zudem brauche es für Teilzeitarbeit dringend eine verbesserte zweite Säule. Überhaupt sei zur Entspannung des Fachkräftemangels die Erhöhung des Rentenalters und die Weiterbeschäftigung von arbeitswilligen Pensionären unumgänglich. Die Digitalisierung allein könne nur ­einen Teil der Lücken füllen, sagte Sibylle Plüss.

Neue Arbeitsmodelle

Regierungsrat Christoph Ammann, Wirtschafts-, Energie- und Umweltdirektor des Kantons Bern, bekräftigte die Thesen seiner Vorredner und stellte in Aussicht, dass die kantonale Politik die Anpassung der Rahmenbedingungen rasch anpacken werde. Gleichzeitig ermutigte er die Unternehmer, neue Arbeitsmodelle für die Ansprüche der jüngeren Generation zu entwickeln. An der anschliessenden Podiumsrunde – moderiert von Michelle Renaud – nahmen auch Esther Nyffenegger, Leiterin Post Logistic Region Mitte, und Martin Kolb, Stiftungsrat Pro Senectute Kanton Bern, teil. Es wurden aufgezeigte Probleme und Lösungsansätze aus den Referaten diskutiert. Martin Kolb forderte dabei von der Politik, dass arbeitswilligen Seniorinnen und Senioren auch über das Alter 70 hinaus die rechtlichen und versicherungstechnischen Hürden endlich aus dem Weg geräumt werden sollen.

14.09.2023 :: Roger Strub (srl)