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Auffährtiges

Jaja, ich weiss, die geneigten Lesenden werden in meiner Kolumne keine Aktualität mehr finden, obwohl ich diese Zeilen just am Auffahrtstag in die ­Tasten gehauen habe. Diesen Lesenden empfehle ich, die Kolumne auszuschneiden und ein Jahr bis zur nächsten Auffahrt im Kühlschrank aufzubewahren.

Aber jetzt wieder zurück zum hier (Auffahrtstag, 18. Mai 2023) und jetzt (Balkon, Casa Leone, Vaglio Serra, Piemont). Vor mir die verregnete Aussicht auf die lieblichen Hügel des Montferrat, neben mir ein Glas herrlichen Barberas (nicht das erste), in mir das vorherige Glas Barbera und etwas geistige Langeweile. Das sind die Ingredienzen, die es braucht, um wissenschaftlich und gründlich über Auffahrt nachzudenken. Wobei «denken» bei mir oft etwas Glückssache ist.

Aber nun endlich zur Auffahrt, auch Christi Himmelfahrt genannt. Wobei ich gestehen muss, dass mich die theologische Bedeutung nur am Rande interessiert, zumal sie gemäss Wikipedia nicht mehr allgemein bekannt ist. ­Immerhin: «…Das Fest, das alle christlichen Konfessionen genau 40 Tage nach Ostern feiern, gehört zum Grundbestand des Christentums. In den ersten Jahrhunderten der Kirche wurde die Himmelfahrt Christi zusammen mit Pfingsten begangen?…» was Schmerzliches erahnen lässt, nämlich weniger arbeitsfreie Tage als mit dem heutigen Feiertagsverfahren. Wussten Sie übrigens, dass Auffahrt nur in folgenden Ländern ein gesetzlicher Feiertag ist: Deutschland, Schweiz, Österreich, Belgien, Dänemark, Finnland, Frankreich, Grönland, Haiti, Indonesien, Island, Kolumbien, Liechtenstein, Luxemburg, Madagaskar, Namibia, den Niederlanden, ­Norwegen und Schweden.

Im katholischen Italien hingegen wurde Christi Himmelfahrt 1977 per Gesetz abgeschafft (wie übrigens auch Fronleichnam und ein paar andere).

Selber verbinde ich Auffahrt mit unzähligen Turnfahrten, an welchen ich teilgenommen habe. Einem Sternmarsch gleich, wandern die Turnvereine des Bernischen Mittellandes an einen gemeinsamen Treffpunkt (in diesem Jahr ist Biglen Ziel), um daselbst der Feldpredigt beizuwohnen. Danach wird nach einem geeigneten Brätliplatz gesucht und der Auffahrtstag feucht-fröhlich und kameradschaftlich gefeiert. Ein schöner Brauch, zumindest, wenn es nicht regnet. Hört man sich heut die Verkehrsmeldungen im Radio an, so wurde aus dem Auffahrtstag ­inzwischen eher ein Ausfahrtstag (so man den wirklich fahren darf und nicht staustehen muss). In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein paar
erfüllte Pfingsttage.

25.05.2023 :: Peter Leu