Neuerungen an der Sekundarschule: Wann soll das Volk entscheiden?

Neuerungen an der Sekundarschule: Wann soll das Volk entscheiden?
1961 wurde das Schulhaus erbaut, ein Jahr später gründeten die vier Gemeinden den Sekundarschulverband. / Bild: Silvia Wullschläger (sws)
Signau: Vier Gemeinden führen gemeinsam die Sek und haben bisher auch gemeinsam entschieden. Neu soll vor allem Signau über die Schulbelange bestimmen. Das sorgt für Kritik.

Die Sekundarschülerinnen und -schüler von Signau, Eggiwil, Bowil und Röthenbach besuchen den Unterricht in Signau. Dazu haben die vier Gemeinden vor 61 Jahren den Sekundarschulverband gegründet. Die Sek ist somit eine eigenständige Schule. Das soll sich nun ändern. Die vier Gemeinderäte haben sich darauf verständigt, die Sek in die Schule der Gemeinde Signau zu integrieren und das durchlässige Schulmodell einzuführen. Der Verband soll aufgelöst und ein Sitzgemeindemodell etabliert werden. 


Warum erst am Schluss abstimmen?

Thomas Häusler, seit 16 Jahren Lehrer an der Sek Signau und Präsident des Ehemaligenvereins, setzt Fragezeichen hinter das Vorgehen. «Den Verband auflösen, können gemäss Reglement nicht die Gemeinderäte, das ist Sache der Stimmberechtigten der vier Gemeinden.» Ihn störe, dass eine Volksabstimmung erst am Schluss des Prozesses, im dritten Quartal 2024, vorgesehen sei. «Man arbeitet eineinhalb Jahre daran und stellt dann die Leute praktisch vor vollendete Tatsachen», sagt Häusler. Er findet es ebenfalls nicht richtig, dass die Durchlässigkeit von Sek- und Realschule mit dem Sitzgemeindemodell verbunden werde. Das eine habe mit dem andern nichts zu tun. Auch ein Verband könne das durchlässige Modell einführen.

Die Sek Signau funktioniere als Verband sehr gut, sagt Häusler. «Alle vier Gemeinden sind gleichberechtigt vertreten. Sie beschliessen gemeinsam etwa das Budget oder Investitionen.» Das sei nur fair, denn schliesslich ­kämen zwei Drittel der Kinder von ­auswärts. Beim Sitzgemeindemodell jedoch sei die Mitsprache der Anschlussgemeinden stark eingeschränkt. Er frage sich, ob dann immer die Schulinteressen im Vordergrund stünden, denn eine Gemeinde habe noch viele andere Auf- und Ausgaben. Deshalb setzt sich Häusler «für ein transparentes Vorgehen» ein, bei dem das Stimmvolk am Anfang die Weichen stellen könne. 


Zuerst die Grundlagen erarbeiten

Das sieht Daniela Schwarz anders. Die Signauer Gemeinderätin ist Präsidentin der Projektgruppe, in der alle vier Gemeinden vertreten sind. «Natürlich hätten wir das Stimmvolk schon jetzt fragen können, ob es den Verband auflösen will.» Doch zu einem Zeitpunkt abzustimmen, da man noch nicht wisse, wie das Projekt konkret ausgestaltet werde, finde sie nicht richtig. Zuerst brauche es Entscheidungsgrundlagen – zum Sitzgemeindemodell, aber auch zum durchlässigen Schulsystem, das alle vier Gemeinden einführen wollten. «Ein Verband ist dafür nicht geeignet», ist Schwarz überzeugt.  «Mit dem Sitzgemeindemodell sind wir flexibler und besser gerüstet für die Zukunft.» 

Gegen den Vorwurf, dass hinter dem Rücken der Bürgerinnen und Bürger entschieden werde, wehrt sie sich. Es seien mehrere Infoveranstaltungen und eine Vernehmlassung geplant. «Wenn wir merken, dass wir auf dem falschen Weg sind, werden wir Korrekturen vornehmen», betont die Präsidentin der Projektgruppe.

In Eggiwil, Röthenbach und Bowil ist man mit dem Vorgehen einverstanden, wie eine Umfrage ergab. Sie könnten in der Projektgruppe mitwirken und auch als Gemeinderäte zu allen Vorschlägen Stellung nehmen, heisst es da. Das Sitzgemeindemodell kenne man bereits von der Feuerwehr oder vom Sozialdienst. Klar ist, dass jede Gemeinde ihre Realschule behalten will. 

Sitzgemeinde hier, Verbandslösung dort

Den Schritt, den Signau und die
umliegenden Gemeinden nun planen, hat Oberdiessbach bereits hinter sich. Dort wurde der Sekundarschulverband auf Sommer 2011 aufgelöst und ein Jahr später das durchlässige Schulmodell eingeführt. Oberdiessbach ist nun Sitzgemeinde der Sekundarschule, welche auch die Kinder von Linden, Herbligen und Brenzikofen besuchen. Die Verbandslösung sei träge und umständlich gewesen, erinnert sich Gemeindeschreiber Oliver Zbinden und macht ein Beispiel:  «Da die Liegenschaften der Gemeinde Oberdiessbach gehören, konnte der Verband zwar über das Budget diskutieren, aber schlussendlich nicht über Investitionen befinden. Diese musste der Gemeinderat beschliessen.» Vorbehalte habe es damals auch gegeben, erzählt Zbinden. So stimmte Linden erst in einem zweiten Anlauf zu. «Heute, so wage ich zu behaupten, sind alle zufrieden mit der -Lösung.»


Beide Gemeinden gleichwertig 

Für einen Schulverband entschieden haben sich die Gemeinden Trub und Trubschachen, die seit Sommer 2021 die ganz Schule gemeinsam führen. «Das Sitzgemeindemodell hat uns nicht überzeugt. Wir wollten, dass beide Partner gleichwertig sind», erklärt Gemeinderat Stefan Thuner. Das mache auch deshalb Sinn, weil Trub und Trubschachen etwa gleich gross seien. Schwerfälllig sei der Verband nicht, im Gegenteil. Er funktioniere eigenständig und könne rasch Entscheide fällen. Und weil die Gemeinderäte im Verband vertreten seien, wisse man stets, was laufe. 

27.04.2023 :: Silvia Wullschläger (sws)