Hans Bieri mit Büffelkuh Trinä, welche den Hof bald verlassen wird. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Schangnau: Hans Bieri gehörte zu den ersten, die Wasserbüffel in die Schweiz einführten. Nun werden im Stall der Bieris bald keine Büffel mehr stehen.
«Chumm Trinä, chum.» Die Büffelkuh trottet gemütlich an der Halfter hinter Hans Bieri ins Freie. Für Trinä ist es nicht der erste Fototermin und für Hans Bieri erst recht nicht. Der Bergbauer ist quasi das Gesicht der Schangnauer Büffelbauern, die sich 1996 daran machten, Wasserbüffel aus Rumänien in die Schweiz zu importieren.
Nun haben die Bieris entschieden – längst führt Sohn Christian den Betrieb – in Zukunft keine Wasserbüffel mehr zu halten. «Die Milch ist nicht mehr so gefragt», bringt es der pensionierte Bauer auf den Punkt. In die Hohgant Käserei liefern können die Bieris vom Hof Schwarzbach pro Woche nur noch 120 Liter, gleichzeitig wächst das Lager mit der eingefrorenen Milch im Keller. Dass während der Wintermonate Büffelmilch eingefroren werden muss, ist nicht ungewöhnlich. Der grösste Teil wird zu Mozzarella verarbeitet, und dieser wird vor allem während der Sommermonate konsumiert. Obwohl Büffelpionier, setzte bereits Hans Bieri nie voll auf diese eine Karte. «Zu den Spitzenzeiten hielten wir zehn Büffelkühe, daneben aber immer auch noch Milchkühe.»
Immer mehr Wasserbüffel
Nun stehen im Stall nebst Trinä noch die mittlerweile 17-jährige Büffeldame Lenä sowie drei Büffelrinder. «Die könnten in nächster Zeit eigentlich gedeckt werden», mein Hans Bieri. Eigentlich? «Wir werden sie wohl nicht decken, weil junge Büffelkühe schlicht nicht gefragt sind.» Und wenn, dann würden Grossbetriebe meist Tiere aus Italien importieren. Die Zahl der in der Schweiz gehaltenen Wasserbüffel ist seit den Anfängen 1996 bis 2017 stark gestiegen; seither ist der Bestand mehr oder minder stabil bei gut 2000 Tieren (siehe Grafik). Dabei handelt es sich nicht nur um Kühe, sondern auch um Stiere und Kälber. Dass es sich bei dieser Gattung um eine Nische handelt, zeigt ein Vergleich mit den Milchkühen. Mehr als eine halbe Million werden in der Schweiz gehalten – oder anders gesagt: das 250-Fache der Wasserbüffel.
«Natürlich habe ich keine Freude, wenn im Schwarzbach keine Büffel mehr sind. Die Tiere sind mir sehr ans Herz gewachsen», meint der 73-Jährige. «Aber ich bin Realist», sagt er und krault Trinä am Kopf, was dieser bestens gefällt. Er fügt an, dass in Schangnau und Marbach auch künftig noch Wasserbüffel gehalten werden. «Aber die Nische ist gesättigt und seit Corona harzt der Absatz», bilanziert er. Dass auch Bauern und Käsereien aus anderen Regionen der Schweiz auf Büffelmilch setzen, kommt nicht von ungefähr: Für Kuhmilch erhalten die Bauern rund 75 Rappen pro Kilogramm, für Büffelmilch erhielt Bieri gut 3 Franken. Die Rechnung hat aber auch einen Haken: Büffelkühe geben «nur» rund einen Drittel soviel Milch wie die «normalen» Kühe.
Aller Anfang war schwer
Der Start ins Büffelabenteuer verlief für die Familie «stotzig» wie die Matten und Weiden, die ihren Biohof umgeben. Vier Wasserbüffelkühe traten 1996 die Reise von Rumänien auf den Hof Schwarzbach an. Eine trug den Virus der in der Schweiz ausgerotteten Krankheit IBR in sich; eine Zweite starb aus unbekannten Gründen und die Dritte wurde nie tragend – ohne Kalb, keine Milch. «Aber wir hatten ja noch Florä», betont Hans Bieri das Positive. Das sei eine super Büffelkuh gewesen. «Lenä ist übrigens eine Grosstochter von ihr», fügt er an. «Das merkt man am guten Charakter.» Sind nicht alle Büffel so umgänglich? «Sie sind schon anders als Milchkühe», weiss der routinierte Bauer. «Sie sind sehr neugierig und haben eher mehr Eigenheiten als Milchkühe. Sie laufen viel mehr herum und suhlen sich in jeder Pfütze. Manche können auch recht aggressiv reagieren.» Im Laufhof tummeln sich nun vor dem Mittag die Milchkühe. «Die Büffel waren vorher draussen», sagt Bieri. «Auf der Weide sind beide zusammen, das geht schon, aber im Laufhof würde es zur einen oder anderen unschönen Begegnung führen.»
Besuch aus Indien
Viele tolle Begegnungen hatte indes Hans Bieri wegen der Wasserbüffel. Zig Besucher wollten die schwarzen, grunzenden Tiere bestaunen. «Einmal kam ein Professor aus Indien zu uns, oder ein Grossgrundbesitzer aus Venezuela», erinnert er sich. «Aber das sind auch einfach nur Leute.» Hans Bieri stand auch oft bei Degustationen in Warenhäusern im Einsatz. «Es ist wichtig, mit den Kunden direkt in Kontakt zu treten. Wenn die Leute wissen, dass das Geld, das sie für Käse ausgeben, auch beim Bauern landet, sind sie bereit, mehr zu zahlen», ist Bieri überzeugt. «Und dann habe ich auch viel über die Leute in der Stadt erfahren, das war sehr spannend.»