Gelingt den Sozialdemokraten bei den Wahlen im Entlebuch ein Coup?

Gelingt den Sozialdemokraten bei  den Wahlen im Entlebuch ein Coup?
Kanton Luzern: Am 2. April wird der Kantonsrat neu gewählt. Die «Wochen-Zeitung» analysiert die Ausgangslage im Rennen um die sieben Sitze im Wahlkreis Entlebuch.

Die Wahlkreise Entlebuch und Willisau sind bei den Kantonsratswahlen seit 2012 in einem Wahlkreisverbund zusammengelegt. Das heisst: Die Resultate der verschiedenen Listen aus den beiden Wahlkreisen werden addiert. So soll verhindert werden, dass kleinere Parteien in kleinen Wahlkreisen chancenlos bleiben. Das hat, mindestens aus Sicht der Entlebucher SP und Grünen, bei den Wahlen 2019 nicht funktioniert: Ihr Stimmenanteil von 9,0 Prozent reichte nicht aus, um im Entlebuch einen Sitz zu erobern. Dank den Entlebucher Stimmen kam aber die rot-grüne Listenverbindung im Wahlkreis Willisau auf insgesamt drei statt nur zwei Sitze (zwei für die SP, einen für die Grünen). 

Damit ist aus Sicht von SP und Grünen das Szenario für die Wahlen vom 2. April gesetzt: Die SP, die klar stärkere Partnerin im rot-grünen Verbund, möchte endlich auch im Wahlkreis Entlebuch ein Mandat gewinnen. Ihre Spitzenkandidatin, Nadja Stadelmann aus Werthenstein, ihres Zeichens Vizepräsidentin der SP-Kantonalpartei, formuliert das so: «Wir wollen ein Zeichen setzen, dass es im Entlebuch auch Andersdenkende gibt. Nachdem wir 2019 für die SP in Willisau einen zweiten Sitz gewonnen haben, kann es sein, dass das Glück diesmal auf unsere Seite kippt.»


CVP 2019 deutlich stärkste Partei

Wie realistisch ist ein Sitzgewinn der SP? Wie die Grafik zeigt, lagen SP und Grüne mit ihrem Stimmenanteil von 9,0 Prozent bei den Wahlen 2019 klar hinter der CVP (44,8 Prozent), der SVP (29,1) und der FDP (17,1) zurück. Von den sieben Sitzen im Wahlkreis gingen vier an die CVP, zwei an die SVP und einer an die FDP. Die Darstellung in der Grafik ist aber insofern vereinfachend, als sie die ­Zusammenlegung zum Wahlkreisverbund Willisau/Entlebuch nicht berücksichtigt. Dank rot-grüner Stimmen aus Willisau könnte es für die Entlebucher SP und Grünen auch mit einem Stimmenanteil von «nur» zehn bis elf Prozent bereits für ein Mandat reichen. Im Übrigen zeigt die Grafik auch, dass die CVP 2019 gemessen am Stimmenanteil mit vier Sitzen übervertreten war.


42 Kandidierende auf sieben Listen

Für die sieben Mandate im Wahlkreis Entlebuch bewerben sich insgesamt 16 Frauen und 26 Männer auf sieben Listen. Die Mitte, wie die CVP nun heisst, und die SVP treten beide zusätzlich mit einer «jungen» Liste an, die sie durch eine Listenverbindung an sich gebunden haben. Ihre Listen verbunden haben auch – wie schon 2019 – SP und Grüne. Sechs der sieben bisherigen Kantonsräte möchten wiedergewählt werden, nämlich Guido Roos, Pius Kaufmann und Gabriela Schnider (alle Die Mitte), Bernhard Steiner und Vroni Thalmann (beide SVP) sowie Sabine Wermelinger (FDP). Der bisherige Hans Lipp (Die Mitte) tritt Ende April nicht nur als Gemeindeammann von Flühli zurück, sondern auf Legislaturende auch als Kantonsrat.

Wie schätzen Exponenten der verschiedenen Parteien ihre Wahlchancen ein? Die SVP hat laut ihrem Entlebucher Parteipräsidenten und Kantonsratskandidaten Stefan Dahinden «Hoffnungen auf einen dritten Sitz», das aber sei «ein hohes Ziel». Die Mitte erwartet gemäss Kantonsrat Guido Roos «keine Auswirkungen durch die Namensänderung. Wichtiger sind die Menschen, die hinter den Namen stehen.» Die Mitte wolle ihre vier Mandate verteidigen. Für die FDP erklärt Kantonsrätin Sabine Wermelinger, gehe es darum «unseren Sitz sicher zu halten, aber wir würden natürlich einen zweiten nehmen». 

Die SP möchte, wie eingangs erwähnt, ein Mandat gewinnen. Für die Grünen ist klar, dass bei einem Erfolg der rot-grünen Listenverbindung die SP den Sitz holen würde. «Die SP ist im Entlebuch präsenter und hat mehr Ambitionen als wir Grünen», findet Kantonsratskandidat Richard Bürgi. 

Den beiden Jungparteien ist klar, dass sie keine Sitze gewinnen werden. «Es geht uns darum, Listenstimmen für die SVP zu holen, viele Junge gehen nicht wählen», sagt Reto Birrer von der Jungen SVP. Für die Junge Mitte geht es laut Sandro Bucher darum, «politische Erfahrungen zu sammeln» und «neue erfrischende Ideen in die Politik einzubringen».


Breite Themenpalette

Angesprochen auf Wahlkampfthemen zeigen die Antworten der Parteiexponenten, dass es im Entlebuch kein vorherrschendes Thema gibt. Von verschiedener Seite erwähnt wird, dass die Grundversorgung durch das Spital Wolhusen sichergestellt werden müsse. Sabine Wermelinger (FDP) erwähnt die Mobilität: «Die Erschliessung des Entlebuchs ist für uns sehr wichtig.» Guido Roos (Die Mitte) betont, dass im Entlebuch das Dienstleistungsangebot stimmen müsse. Dies betreffe unter anderem Bildung, Sicherheit, schnelles Internet sowie Mobilität auf Strasse und im ÖV. Reto Birrer (Junge SVP) möchte die «produzierende Landwirtschaft fördern» und «Asylmissbrauch» bekämpfen. 

Für Nadja Stadelmann (SP) steht «angesichts steigender Mieten und Krankenkassenprämien» im Vordergrund, «nicht nur für Privilegierte die Kaufkraft zu erhalten, sondern dafür zu sorgen, dass Ende Monat für alle genug Geld im Portemonnaie ist». Das Hauptthema sei der Klimawandel, sagt Richard Bürgi (Grüne), «man kann da auch auf lokaler Ebene sehr viel machen».


Bleibt alles, wie es war?

Es ist gut möglich, dass am 2. April im Entlebuch alle Bisherigen wiedergewählt und ein zusätzliches neues Mitglied von Die Mitte in den Kantonsrat einziehen wird. Nicht ganz ausgeschlossen ist aber auch, dass die Bemühungen von Rot-Grün von Erfolg gekrönt sein könnten. Dafür müssten jedoch SP und Grüne sowohl im Wahlkreis Entlebuch als auch im Wahlkreis Willisau deutlich an Stimmen zulegen.

16.03.2023 :: Rudolf Burger (bur)