Ein Leben für die Berge und den Bergsport

Ein Leben für die Berge und den Bergsport
Ueli Werren: Auch mit 75 Jahren unternimmt er noch mehrtägige Touren. / Bild: zvg
Langnau: Ueli Werren wurde vom Bundesamt für Sport für seine über 50-jährige Tätigkeit als Bergführer, Kurs- und Lagerleiter geehrt. Woher kommt seine Begeisterung für die Berge?

«Mein Vater hat mir dieses Gen eingeimpft», sagt Ueli Werren. «Er war SAC-Mitglied, und schon als Schüler durfte ich ihn im Winter oft auf die Schrattenfluh begleiten. Dabei band er uns ‹Chriesäste› als Steighilfe unten an die Skier.» Im Sommer zog es Ueli Werren auch immer wieder in dieses Gebiet: Mit zwei Kollegen war er häufig bei der damals ziemlich verlotterten Heftihütte unterwegs. Später trat er in die JO ein; jetzt wurde das Klettern systematisch geübt.In jenen Jahren verbrachten die begeisterten Kletterer jeden freien Moment in den Felsen. Am späten Nachmittag fuhren sie jeweils mit den Velos in Richtung Hilferntal, dann gings zu Fuss hinauf zur Heftihütte. Dort kletterten sie bis zum Einbruch der Dunkelheit, übernachteten, marschierten vor 6 Uhr ab hinunter ins Tal, pedalten heimwärts und standen um 7 Uhr am Arbeitsplatz. Und das 40 bis 50 Mal pro Sommer.

Erster Langnauer Bergführer
Bald folgten die ersten Hochtouren. Ueli Werren schloss Freundschaft mit zwei jungen Simmentalern, mit denen er nun an den Wochenenden seine Klettertechnik perfektionierte, abwechselnd an den Gastlosen hinter dem Jaunpass oder an den Heftizähnen. Verkehrsmittel war auch hier das Velo. Einer dieser Kollegen animierte ihn, die Bergführer-Ausbildung zu machen. Das war 1970. So wurde Werren der erste Langnauer Bergführer. «Heute kenne ich zehn diplomierte Bergführer, die aus der JO des SAC Emmental herausgewachsen sind, darunter auch eine Frau», sagt er.Schon als knapp 20-Jähriger übernahm Ueli Werren die JO der Sektion Emmental. Diese verantwortungsvolle Aufgabe behielt er über viele Jahre. Auch der spätere Spitzenbergsteiger Ueli Steck ging durch seine Schule. 16 Jahre lang organisierte Werren gesamtschweizerisch als Chef der «Leiterausbildung J+S» sämtliche Leiterkurse in den Bereichen Bergsteigen, Sportklettern und Skitouren. Er engagierte sich selber auch in der Ausbildung und setzte sich dafür ein, dass das Sportklettern naturverträglicher ausgeübt wurde. Er forderte zudem, dass Wettkämpfe nur an künstlichen Kletterwänden stattfinden sollen. Mit seinen Vereinskollegen baute er 1986  die erste Kletterwand der Schweiz in einem Bauernhaus auf dem Dorfberg ob Langnau.

Unterwegs mit Jugendlichen
In den 90er-Jahren begeisterte ein welscher Kollege Ueli Werren für das Kinderbergsteigen. Er war zuerst skeptisch: Soll man den Eltern wirklich die Outdoor-Aktivitäten mit ihren Kindern auch noch abnehmen? Er sah aber ein, dass der Bergsport die Möglichkeiten vieler Eltern übersteigt und dass Kinder in der Gruppe leichter zu begeistern sind. So veranstaltete er 16 Jahre lang für den SAC Langnau Kinder-Kletterlager.
2003 gab Werren die zeitintensive Arbeit als Chef der «J+S-Leiterausbildung» auf. Bis heute aber ist er Betreuungsexperte. Er überprüft die Programme der J+S-Leiter auf Sicherheit und andere Kriterien. «Qualitätssicherung würde man dem heute sagen.» Daneben blieb ihm Zeit für anderes: Zwölfmal reiste er mit einer Gruppe zum Klettern nach Jordanien, zwölfmal für Skitouren nach Lappland. Mehrmals begleitete er Langnauer Schulklassen ins Klassenlager.

Stolz und dankbar
Viele der heutigen Grössen im Bergsport und Sportklettern sind als Kinder oder Jugendliche unter Ueli Werrens Fittichen gestanden. Mit etlichen ist er bis heute in Kontakt. Sein Herz schlägt auch jetzt noch für die Jugend: Wöchentlich steht er während des Winters in der Kletterhalle und leitet Kinder beim Klettern an. «Eine besonders talentierte 13-Jährige ist neu ins Junioren-Nationalkader aufgenommen worden; da bin ich schon ein bisschen stolz.» Stolz und dankbar ist er auch für sein eigenes  Leistungsvermögen. Wer kann schon mit 75 Jahren noch in den Felsen herumklettern und mehrtägige Hochtouren unternehmen? Ueli Werrens Körper macht dies mit. «Zum Glück», freut er sich. «Im Moment könnte ich mir ein Leben ohne Berge noch nicht vorstellen.»

26.01.2023 :: Rudolf Trauffer (rtt)