Prägte die Unesco Biosphäre Entlebuch während Jahrzehnten: Theo Schnider. / Bild: Peter Grunder
Entlebuch: 25 Jahre engagierte sich Theo Schnider für die Biosphäre Entlebuch, 21 davon als Direktor. Am 1. Januar trat er in den Ruhestand und musste sein Herzensprojekt loslassen.
Seit der Rothenturm-Initiative 1987 sind Moore und Moorlandschaften in der Schweiz geschützt. Das Entlebuch mit seinen über 100 Mooren war stark betroffen. Man befürchtete, dass eine wirtschaftliche und touristische Entwicklung nicht mehr möglich ist. Einen Ausweg aus dem vermeintlichen Nachteil bot ein Unesco Biosphärenreservat. Theo Schnider war von Anfang an überzeugt von dieser Idee. Er half vor 25 Jahren mit, dieses Projekt aufzugleisen und war seit der Gründung 2001 Direktor der Unesco Biosphäre Entlebuch (UBE). Nun wurde er pensioniert.
Herr Schnider, mit was für Gefühlen haben Sie Ende Jahr Ihr Büro verlassen?
Es war ein seltsames Gefühl, als ich alles zusammengeräumt habe. Ich kann es gar nicht richtig beschreiben. Sicher war Wehmut mit dabei, aber auch Freude, etwas abschliessen zu können.
Immerhin haben Sie sich ein Vierteljahrhundert fürs Entlebuch und für die UBE eingesetzt.
Ja, es war nicht ein Job, es war mein Leben. Umso wichtiger ist mir, dass es weitergeht und die UBE weiterlebt. Ich konnte meine Aufgaben einer fähigen Nachfolgerin übergeben, die von einem erfahrenen Team unterstützt wird.
Sie müssen Ihr «Kind» loslassen.
Das Kind kann zum Glück gut laufen. Ich werde und will mich abgrenzen und sicher kein Schattenkabinett aufziehen. Noch in der letzten Dezemberwoche erhielt ich Anrufe von Leuten, die dieses und jenes mit mir besprechen und aufgleisen wollten. Das ist schön und zeugt von Vertrauen, aber ich bin nun nicht mehr der Chef der Biosphäre.
Ganz weg sind sie nicht. Sie bleiben in der Region und führen auch noch einige Projekte weiter.
Ja, bei ein, zwei Projekten im Bereich Tourismus werde ich noch mitwirken. Und dann bleibe ich Verwaltungsratspräsident der Bergbahnen Sörenberg AG, wo ich mit dem Bauprojekt Rothorn Retrofit stark gefordert bin.
Sie haben in einem Interview gesagt, dass Sie nicht Verwalter, sondern Gestalter seien. Konnten Sie das Entlebuch nach Ihren Wünschen prägen?
Es ging mir nie darum, die Idee Schnider umzusetzen, sondern die Menschen mitzunehmen. Mein wichtigstes Anliegen war, dass die Leute an ihre Region glauben, sich mit ihr identifizieren und stolz auf ihre Wurzeln sind. Das Entlebuch sollte den Stempel «Armenhaus der Schweiz» loswerden. Das ist gelungen. Früher wurde das Entlebuch belächelt, heute nimmt man es ernst und geht gerne Kooperationen ein.
Gibt es Ideen oder Projekte, mit denen Sie gescheitert sind?
Ich bin nicht der Typ Mensch, der am Negativen hängen bleibt. Wenn es klemmt oder wenn ich merke, dass etwas schief gehen könnte, suche ich neue Wege. Manchmal braucht es auch einfach mehr Zeit, bis man am Ziel ist. Dies vor allem bei hochemotionalen Themen.
Zum Beispiel?
Spontan kommt mir das Käsereiprojekt in den Sinn. Um die Wertschöpfung bei der Milch in der Region halten zu können, mussten wir handeln. Da ging es um Existenzen. Welche Käsereien haben Potenzial und welche nicht? Welche könnten zusammenarbeiten? Heute haben wir eine relativ hohe Dichte an Käsereien, die unterschiedlich ausgerichtet und wettbewerbsfähig sind.
Die ganze Region soll sich wirtschaftlich entwickeln können, lautet ein Ziel der UBE. Ein hoher Anspruch.
Ein Riesenvorteil der UBE ist, dass man gemeinde- und branchenübergreifend arbeitet, der Tourismus mit der Landwirtschaft, die Landwirtschaft mit der Kultur, die Kultur mit dem Gewerbe und so weiter. Das Entlebuch braucht in Zukunft mehr denn je solche Kooperationen, ein Denken für- und miteinander, um bestehen zu können. Jeder kann etwas zum grossen Ganzen beitragen, dann profitieren alle.
Was geben Sie den Menschen im Entlebuch mit auf den Weg?
Habt nicht Angst vor Veränderungen und bleibt neugierig. Nehmt Impulse von aussen auf und entwickelt sie weiter. Und vor allem: Bleibt stolz auf eure Region.