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«Das Bauen ohne Baubewilligung hat zugenommen»

«Das Bauen ohne Baubewilligung hat zugenommen»
Emmental: Wenn illegal gebaut worden ist, sind die Gemeinden als Baupolizei gefordert. In Walkringen will man nun die Schrauben anziehen, weil solche Fälle zugenommen haben.

«Einbau Schiebetor» – «Neue Schnitzelheizung, Wagenschopferweiterung» – «Einbau grössere Fenster in Bastelraum». Das alles sind Beispiele von nachträglichen Baugesuchen, wie man sie letzthin in den Anzeigern lesen konnte. Oft könne man widerrechtlich erstellte Bauten nachträglich zwar bewilligen, sagt Peter Müller, Bereichsleiter Bau der Gemeinde Walkringen. Wenn nicht, bleibe aber nur der Rückbau. «Es gibt – selten zwar – solche Fälle», sagt Gemeinderat Andreas Amstutz und nennt als Beispiel eine geteerte Strasse, die teilweise wieder in den ursprünglichen Zustand habe zurückversetzt werden müssen. Die meisten illegalen Bauten stellten sie in der Landwirtschaftszone fest, wo die Vorschriften fürs Bauen strenger seien als in einer Wohn- oder Gewerbezone. «Nicht immer sind es Landwirte, sondern auch Leute, die ein Bauernhaus, das nicht mehr landwirtschaftlich genutzt wird, kaufen und dann feststellen, dass sie es nur sehr begrenzt erweitern können», führt Peter Müller aus. 

«Wir sind erstaunt, wie sehr das Bauen ohne Baubewilligung wieder zugenommen hat», steht im aktuellen Walkringer Infoheft. Es habe Wochen gegeben, da sei er dreimal ausgerückt, um die Situation vor Ort zu besichtigen, ergänzt Peter Müller, der das Bauwesen seit Mai 2020 leitet. Deshalb würden sie nun die Schrauben anziehen. 


Strafanzeigen sind möglich

Bisher habe die Gemeinde von ihrem Recht auf Strafanzeige selten Gebrauch gemacht, künftig werde man davon nicht mehr absehen, steht im Infoheft weiter. Es gehe nicht darum, in jedem Fall Anzeige zu erstatten, präzisiert Gemeinderat Andreas Amstutz. Doch in besonders schweren Fällen – etwa bei wiederholten Vergehen oder unkooperativem Verhalten – würden sie die Strafverfolgungsbehörden einschalten. Ins Visier genommen werden auch die am Bau beteiligten Firmen wie Architektinnen und Bauunternehmer. «Die wissen definitiv, wann ein Baugesuch nötig ist», so Amstutz, der selber einen Zimmereibetrieb geführt hat.  


Lieber fragen, als probieren

Als Grund für ihr Vorgehen würden Fehlbare etwa Unwissenheit anführen. Doch meistens sei das eine Ausrede, hat Peter Müller die Erfahrung gemacht. «Sie hoffen, dass es niemand bemerkt oder scheuen den Aufwand und die Kosten für Planung und Gebühren.» Wer nicht sicher sei, ob es ein Baugesuch brauche, könne auf der Bauverwaltung nachfragen. 

Und wie entdecken die Behörden, dass etwas widerrechtlich erstellt wurde? «Häufig per Zufall», sagt Andreas Amstutz. Beispielsweise wenn ein Haus geschätzt werde und man die alten Pläne hervornehme. Oder wenn in einem Haus plötzlich zwei Familien wohnten, aber nur eine Wohnung statistisch erfasst sei. Heute gebe es auch gute technische Möglichkeiten, etwa mit den Karten der Landestopografie, ergänzt Müller. «Die beste Baupolizei sind aber die Nachbarn», sind sich die beiden einig.

Parlament will Verjährungsfrist

Illegal erstellte Gebäude ausserhalb von Bauzonen sollen nicht mehr abgerissen werden müssen, sofern sie älter als 30 Jahre sind. Das Parlament hat Anfang Dezember eine entsprechende Motion an den Bundesrat überwiesen. Für Gebäude innerhalb der Bauzonen gilt bereits eine solche Verjährungsfrist. Tätig wurde das Parlament nach einem Entscheid des Bundesgerichts, wonach bei illegalen Bauten ausserhalb der Bauzonen keine Verjährungsfrist gelte.

«Das Risiko eines Rückbaus besteht immer»

Für Baugesuche – ob ordentlich oder nachträglich – die nicht in der Kompetenz der Gemeinde liegen, ist das Regierungsstatthalteramt zuständig. In kleinen Gemeinden ist dies bei Projekten der Fall, die mehr als 1,4 Million Franken kosten oder die komplex sind, etwa wenn Gewässer oder Schutzgebiete tangiert werden. 

Bauen ohne Bewilligung sei ein Offizialdelikt. Die Gemeinde müsse also aktiv werden, wenn sie Kenntnis davon habe, sagt Reto Wüthrich, Stellvertreter der Regierungsstatthalterin im Verwaltungskreis Bern-Mittelland. Obwohl in vielen Fällen eine nachträgliche Bewilligung möglich sei, lohne sich ein solches Vorgehen nicht. «Das Risiko, dass der Bau ganz oder teilweise zurückgebaut werden muss, besteht immer.» Das koste dann sofort viel Geld. Zudem könnten die Verantwortlichen, sei es die Bauherrschaft oder die beteiligten Unternehmen, von Privaten oder der Gemeinde angezeigt werden.
Es seien Bussen bis zu 40´000 Franken, in schweren Fällen sogar bis 100´000 Franken möglich, erklärt
Reto Wüthrich. 

29.12.2022 :: Silvia Wullschläger (sws)