Diskussion um 150 Meter langes Trottoir

Diskussion um 150 Meter langes Trottoir
Die Sicherheit der Fussgänger im Gebiet der neuen Überbauung soll mit einem Trottior verbessert werden. / Bild: Jakob Hofstetter (jhk)
Niederhünigen: Dass entlang der Oberhünigenstrasse ein Trottoir nötig ist, war an der Gemeindeversammlung kaum bestritten. Trotzdem gabs heftige Kritik für den Gemeinderat.

Es ging um 153 Meter Trottoir, welche die Diskussion an der Gemeindeversammlung am Montag während fast anderthalb Stunden beherrschten. Nur vereinzelt wurde die Notwendigkeit des Trottiors in Frage gestellt. Kritisiert wurde vielmehr das Vorgehen des Gemeinderats. Ausgangslage für den Gemeinderat, das Projekt gerade jetzt an die Hand zu nehmen, war eine Anfang Jahr eingereichte Petition, unterschrieben von 156 Bürgerinnen und Bürgern, die ein solches Trottoir forderten. Der Grund war die neu entstandene Wohnüberbauung entlang der Oberhünigenstrasse, welche sowohl die Sicht der Automobilisten als auch die Ausweichmöglichkeit für Fussgänger stark einschränkt.


Enteignen, wenns sein muss

Laut der Petition hätte der Gemeinderat das Trottoir zusammen mit der Bauherrschaft der neu entstandenen Häuser planen sollen. Erste Gespräche seien geführt worden, dann hätten die Ansprechpersonen gewechselt, sagte Gemeinderat Kurt Kuhn vor den 72 Versammlungsbesucherinnen und -besuchern. Inzwischen sind die Wohnungen verkauft und der Gemeinderat muss nun mit den Eigentümern verhandeln. An der Gemeindeversammlung musste sich der Gemeinderat immer wieder dieselben Kritikpunkte anhören: Weshalb gibt er so viel Geld aus für eine Planung, ohne vorher die Betroffenen ins Boot geholt zu haben? «Vielleicht wollen diese ja gar kein Land verkaufen für ein Trottior», meinte ein Votant. «Dann war die Planung für nichts.» Kuhn entgegnete: «Das ist relativ einfach. Wenn ihr das Projekt heute genehmigt, wird das öffentliche Interesse höher gewichtet und es besteht die Möglichkeit der Enteignung.» Das sei unverschämt, die nichts ahnenden, neu zugezogenen Niederhüniger quasi mit der Androhung einer Enteignung zu begrüssen, meinte ein Teilnehmer nach der Versammlung, der den Gemeinerat bereits in der Debatte heftig gegriffen hatte. Ebenfalls nach der Versammlung sagte der Gemeindepräsident Anton Schmutz, dass der Gemeinderat sicher alles versuchen werde, dass es nicht zu Enteignungen kommen werde.


Was besprechen bei wenig Klarheit?

Ob, und wenn ja, wie die Gespräche mit der Bauherrschaft und den Wohnungsbesitzern stattgefunden haben, darüber gab es für den Aussenstehenden wenig Klarheit; zu unterschiedlich waren die Aussagen von Gemeinderat und Versammlungsteilnehmern. Klar scheint zu sein, dass nichts Verbindliches besprochen wurde. «Wir können ja nicht mit einem Projekt zu den Betroffenen gehen, von dem wir nicht wissen, ob und wie es dereinst ausgeführt wird», verteidigte sich Kurt Kuhn. An der Gemeindeversammlung stellte er verschiedene Ausführunsvarianten vor, wobei sich Planer und Gemeinderat bereits einig sind, welche davon die beste wäre. 

Einig war man sich im Saal weitgehend, dass das Trottior bereits bei der Ortsplanung oder dann auch beim Baubewilligungsverfahren der Überbauung hätte miteinbezogen werden müssen. Dadurch hätte viel Geld und Ärger gespart werden können, lautete der Tenor. In der Diskussion ging es auch um die Kosten. Was ist Luxus, was ist nötig, was ist gesetzlich vorgeschrieben? Was ist in der Gesamtsicht am nachhaltigsten?


Neu beginnen oder vorwärts gehen?

Der Antrag auf Rückweisung des Geschäfts scheiterte deutlich, derjenige, die Diskussion endlich zu schliessen und zur Abstimmung zu gelangen, wurde ebenso deutlich angenommen. 

Auch der Rahmenkredit von 617´000 Franken, der nebst dem Neubau des Trottiors auch den Ersatz der Sauberwasserleitung und die Sanierung der Strasse in diesem Bereich beinhaltet, wurde genehmigt – mit 49 Ja-, gegen 19 Neinstimmen bei 4 Enthaltungen.


Düstere Finanzaussichten

Zum Budget gabs nach der vorangehenden langen Debatte kaum noch Fragen. Im Gesamthaushalt weist dieses einen Aufwandüberschuss von 185´000 Franken aus, 34´000 Franken davon entfallen auf die spezialfinanzierten Konten Wasser, Abwasser und Abfall. Auch im Finanzplan 2022–2027 wird jährlich ein Defizit prognostiziert. Wie Gemeindepräsident Anton Schmutz informierte, wird der Bilanzüberschuss bis Ende dieser Periode um die Hälfte schmelzen, auf 887´000 Franken. Laut kantonaler Verwaltung gelte der Finanzplan als knapp tragbar, so Schmutz. Noch komme Niederhünigen ohne Steuererhöhung aus, wer aber in umliegende Gemeinden schaue stelle fest, dass viele von ihnen die Steuern bereits erhöht hätten oder dies ins Auge fassen würden. Irgendwann könnte dies auch für Niederhünigen nötig werden.

An der Gemeindeversammlung wurde auch Geld gesprochen für die Erweiterung der Grabfelder auf dem Friedhof in Konolfingen. Die Baukosten betragen 270´000 Franken, für Niederhünigen bedeutet dies eine finanzielle Beteiligung von 28´000 Franken.

Unter dem Traktandum Wahlen galt es, die beiden zurücktretenden Gemeinderatsmitglieder Claudia Furrer Lötscher und Kurt Kuhn zu ersetzen sowie das Vizepräsidium neu zu besetzen.

Die Vorschläge des Gemeinderats – es waren Sibylle Biedermann-Pfister und Marcel Egli – wurden nicht vermehrt. Somit wurden die beiden mit Applaus in den Gemeinderat gewählt. Neuer Vize-Gemeindepräsident wird Lukas Iseli. In Niederhünigen wird dieses Amt von der Gemeindeversammlung bestellt.

08.12.2022 :: Jakob Hofstetter (jhk)