Welche Bäume vertragen das wärmere Klima?

Welche Bäume vertragen das wärmere Klima?
Dieses Bild aus der Ajoie von 2019 zeigt abgestorbene Bäume. / Bild: zvg
Langnau: Der Waldökologe Harald Bugmann nahm das Publikum mit auf eine Zeitreise durch den Wald. Die Klimaver­änderung stelle den Wald vor komplexe Herausforderungen.

Wie wäre es, wenn dereinst auf 2000 Metern über Meer im Sommer Temperaturen wie derzeit in Langnau herrschen würden? Dieser Gedanke ist nicht abwegig, sagte Harald Bugmann, Professor für Waldökologie, am Vortrag des Langnauer Vogelschutzes und von Pro Natura in Langnau. Er erzählte am Beispiel eines Waldes in Kanada und den USA, was passieren kann, wenn die Temperaturen steigen: In einem begrenzten Gebiet wächst dort eine Arvenart. Bis vor einigen Jahren konnte sie ungestört gedeihen. Wegen des Temperaturanstiegs überleben nun aber im Winter die Hälfte der Borkenkäfer und schädigen im Sommerhalbjahr die schutzlosen Arven. In der Folge findet der Grizzlybär nicht mehr genug Arvennüsschen und dringt auf der Suche nach Nahrung in die Siedlungen ein.


Schwerer Stand für Fichte

Harald Bugmann erinnerte an den Hitzesommer 2018, als der Borkenkäfer in der Schweiz viele Fichten vernichtete. Im Sommer 2019 trieben die Buchen nicht mehr aus nach dem zu trockenen Jahr zuvor. Dass die Temperaturen kontinuierlich angestiegen sind, zeigte eine Darstellung von Meteo Schweiz. Heute ist es bei uns im Durchschnitt 5,8 Grad wärmer als 1880. Die Frage sei, welche Baumarten dieses wärmere Klima vertragen würden, so Bugmann. Die Fichte sicher nicht. Sie sei jedoch unsere am meisten genutzte Baumart. Die Bauindustrie müsse also neue Wege gehen. «Die Weisstanne wäre ein guter Ersatz, ist aber unberechenbar.» Man weiss laut Harald Bugmann nicht, warum sie wo gedeiht und andernorts eingeht. Und Laubbäume eigneten sich nicht als Lawinenschutz, führte der Referent weiter aus. Sie könnten den Schnee nicht auffangen.


Auch andere Arten haben Nachteile

Im Gespräch sind auch Ahorn und Douglasien. Letztere seien aber anspruchsvoll in der Aufzucht und würden gern vom Wild angefressen, gab Bugmann zu bedenken. «Ein Feuer könnte sich zudem rasch ausbreiten, weil Äste in Bodennähe Feuer fangen und es sofort in die Krone weiterleiten.» Robinien gäben zwar Honig und ihr Holz sei geeignet, um Verbauungen zu errichten. Als Neophyten würden sie aber bei genügend Licht ungehemmt wachsen. Da sie Stockausschläge machten, nütze es nichts, sie zu schneiden. Im Gegenteil, dies helfe ihnen, sich zu verbreiten.

Der Wald ist von grosser Bedeutung sowohl für die menschliche Gesellschaft als auch für die Biodiversität. Durch natürliche Ereignisse, menschliche Nutzungen und Eingriffe ist er ständigen Veränderungen unterworfen. Die sich anbahnende starke Klimaveränderung sei dabei ein bedeutender Einflussfaktor und eine grosse Herausforderung, betonte der Referent. Er nahm die Zuhörerinnen und Zuhörer mit auf eine Zeitreise durch den Wald, ging auf die Bedeutung des Waldes für die Gesellschaft ein und gab einen Ausblick in die vom Klimawandel geprägte Zukunft. 

Am besten gerüstet für die Zukunft wäre der Schweizer Wald nach dem Rat des Waldökologen mit einer guten Durchmischung von Arven, Lärchen, Fichten, Weisstannen, Buchen, Waldföhren, Linden, Eichen und Kastanien. 

24.11.2022 :: Sylvia Ammann (sal)