Wer hat Gold und Geld? Wer ist ein Ganove? Das Treiben im Dorf bleibt undurchschaubar. / Bild: Max Sterchi (mss)
Escholzmatt: Am Wochenende lud das Jodlerchörli Lehn zur Premiere ihres Singspiels «Gold, Gäld & Ganove» ein – und schon sind alle Vorstellungen ausverkauft.
Mit dem Schlager «Theater», den Katja Ebstein vor vierzig Jahren am Eurovision Song Contest sang, wurde das Publikum so richtig eingestimmt. Eingestimmt auf ein richtiges Dorftheater. Hinter den Kulissen des hinterwälderischen Dorfes tut sich einiges. Der Gemeinderat möchte die Abwanderung stoppen, möchte Arbeitsplätze schaffen; doch die Meinungen gehen weit auseinander. Der Dorfschullehrer macht sich für den obligatorischen Schulunterricht und ein neues Schulhaus stark. Der Gemeindepräsident will die kürzlich erbaute Kirche abreissen und an einem andern Platz eine neue bauen. Doch, wer soll das bezahlen?
Ein Rückkehrer macht Hoffnung
Auch Jules, der Wirt im Gasthaus zur Rose, ist drauf und dran, sich endgültig dem Alkohol zuzuwenden, wäre da nicht seine Frau Vreni, die ihn und seine Pflümliflasche arg im Auge behält. Und plötzlich kommen Gäste, sogar solche aus Amerika. Es ist der Rückkehrer John mit seiner Angetrauten, einer echten Indianerin vom Stamm der Schwarzfüsse. Mit ihnen kommt Hoffnung auf im Dorf, hat er das grosse Geld gemacht? John, der Sohn des verschollenen Totengräbers, weiss diese Hoffnungen zu seinen Gunsten zu schüren, er regt die Erschliessung des Dorfes durch die Eisenbahn an. Die Bevölkerung beginnt an die Entwicklung zu glauben, eine Sammelaktion wird gestartet, John amtet als Kassenwart.
Die stille Rösi
Die Handlungen überschlagen sich; Bärti, der Sohn des Wirts macht dem Dienstmädchen Lisi schöne Augen, der Dorfschullehrer Marti schwärmt von der Indianerin und immer wieder bietet Bändel Babett, die Hausiererin nicht nur ihre Waren an, sondern weiss auch viel Neues und Nachdenkliches zu erzählen.
Und am hintersten Tisch in der Gaststube sitzt die ganze Zeit Rösi, strickt, kämpft mit ihrem Schluckauf und schweigt. Was macht sie sich für Gedanken, durchschaut sie als Einzige, wer welche Rolle spielt und wer es ehrlich meint? Der grosse Aufwand für den Empfang des Eisenbahndirektors hat sich kaum gelohnt, er langweilt sich sichtlich, während der Jodlerchor singt und die Schulkinder das eigens für ihn einstudierte Theater aufführen.
Theater und doch Wirklichkeit
Nach und nach werden im Stück von Paul Steinmann die einzelnen Wortführer durchschaut, das Vertrauen schwindet, die Lügengeschichten werden aufgedeckt und damit die Hoffnungen zerstreut. Der für das Theater umgeschriebene Liedtext «Si lege jede Tag e andri Maske a u si spiele üs allne öppis vor…» ist Wirklichkeit geworden. Sie leben ihre Rollen, der Gemeindepräsident, der Dorfschullehrer, der Hugibeck, die Wirtin Vreni, John, Bändel-Babett oder der Rossknecht Theo. Auch die Schulkinder und die herausragend gesungenen Jodellieder schaffen immer wieder eine wunderbare Zäsur. Da trifft ein Brief ein aus Amerika, ein Brief des verschollenen Totengräbers, der reich geworden ist und der Gemeinde eine Million überweisen will. Wieder ergibt sich eine Wende, aber nicht im Sinn der Strippenzieher. Wie heisst es doch im Lied von Katja Ebstein: «Alles ist Theater und ist doch auch Wirklichkeit.»