Hat in ihrer Karriere viele Hürden gemeistert: Noemi Zbären. 2015 lief sie bei der WM in Peking auf Rang 6. / Bild: zvg
Leichtathletik: Noemi Zbären (28) tritt nach erfolgreicher Saison vom Spitzensport zurück. Die Langnauer Hürdensprinterin liess sich von zahlreichen Verletzungen nie unterkriegen.
Noemi Zbären, wie blicken Sie auf Ihre letzte Saison zurück?
Sehr positiv! Ich konnte gute Ergebnisse erlaufen und endlich wieder über längere Zeit Rennen ohne Verletzungsunterbruch absolvieren. Es ist cool, jetzt mit einem guten Gefühl aufzuhören.
Wie kam es zum Entscheid zurück-zutreten?
Ich habe bereits letzten Herbst zu mir gesagt: noch diese Saison, dann ist fertig. Vielleicht war die Saison auch deshalb so erfolgreich, ich konnte befreit laufen und habe jeden Event besonders genossen.
Sie sind zum ersten Mal seit sieben Jahren wieder unter 13 Sekunden gelaufen. Wollten Sie es sich nicht doch noch anders überlegen?
Klar habe ich mir Gedanken gemacht, als Sportlerin möchte man immer mehr. Auch meine Trainer wollten mich erst noch umstimmen. Aber für mich stimmt die Entscheidung. Ich habe nochmals bewiesen, trotz der Verletzungen an der Weltspitze mitlaufen zu können. Aber ich werde nicht jünger und auch neben dem Sport wartet viel auf mich: die Arbeit, Familie und Freunde, das Weingut. Auf diese Dinge freue ich mich sehr.
Was hat es mit dem Weingut auf sich?
Meine Tante und ihr Ehemann betreiben ein Weingut in Südfrankreich. Schon als Kind war ich oft dort. Später wollen mein Bruder und ich mit unseren Partnern das Gut weiterführen. Das ist ein intensives, aber sehr erfüllendes Hobby.
Was hat Sie in der schwierigen Zeit mit den vielen Verletzungen aufgebaut und motiviert weiterzumachen?
Für mich war wichtig, dass es immer ein Leben neben dem Sport gab. Etwa in meinem Job als Wissenschaftliche Mitarbeiterin hatte ich immer zu tun. Natürlich waren auch meine Familie, Freunde und Coaches wichtig, sie haben mich stets unterstützt und aufgebaut.
Auf was schauen Sie besonders gerne zurück?
Nicht nur auf Siege. Klar sind die schön, aber Niederlagen haben mir manchmal fast mehr gebracht. Man weiss dann, wo weiterarbeiten. Auch wenn dich nach einer Niederlage oder Verletzung eine wichtige Person in den Arm nimmt, bleibt das in spezieller Erinnerung. Zudem war es für mich ein besonderer Moment, als ich erstmals nach der Knieoperation wieder richtig Hürdenlaufen konnte.
Überlegen Sie manchmal, was ohne Verletzungen möglich gewesen wäre?
Nein, denn es bringt nichts. Man kann sowieso nichts rückgängig machen. Klar habe ich am Anfang gehadert, besonders als der Chirurg gesagt hat, dass ich wahrscheinlich keinen Spitzensport mehr betreiben kann. Ich habe aber bald wieder nach vorne geschaut und wollte es schaffen. Da kam wohl etwas mein «Emmentaler Gring» zur Geltung. Ich bin halt ehrgeizig.
Mit Ehrgeiz sind Sie auch im Berufsleben unterwegs. Sie haben mit drei Kollegen das Start-up Atanis Biotech gegründet und entwickeln ein neuartiges Testverfahren für Allergie-diagnostik. Wie läuft es dort?
Sehr gut. Wir haben das Unternehmen letzten Sommer gegründet. Es hat sich aus meiner Masterarbeit heraus ergeben. Wir konnten den Jungunternehmerpreis der Uni Bern gewinnen. Im Moment sind wir dabei, unsere Methode zertifizieren zu lassen. Gleichzeitig haben wir schon Aufträge und suchen nach eigenen Räumlichkeiten.
Klingt nach grossem Zeitaufwand.
Ja, es ist spannend, aber intensiv. Im Moment bin ich «das Mädchen für alles». Offiziell als Geschäftsführerin, helfe ich im Labor, bin zuständig für Kundenkontakt, Planung, Finanzen, Verträge und mehr.
Wie sieht bei diesem Programm Ihre sportliche Zukunft aus?
Ganz ohne Sport kann ich nicht sein. Ich brauche den Ausgleich. Ich werde sicherlich auch mit meinem Trainer im Kraftbereich regelmässig weitertrainieren, damit ich trotz meinem lädierten Knie wieder Sportarten wie Skifahren ausüben kann. Und ich laufe halt fürs Leben gerne.