«Auch günstigere Anpassungen würden die Situation verbessern»

«Auch günstigere Anpassungen  würden die Situation verbessern»
Die Grünen wollen das Volk entscheiden lassen, ob in Oberburg ein Tunnel gebaut werden soll. / Bild: zvg
Emmental: Über den Kredit für das Verkehrsprojekt «Emmentalwärts» werden wohl die Stimmberechtigten des Kantons Bern befinden. Die Grünen ergreifen das Referendum.

Am 9. Juni hat der Grosse Rat des Kantons Bern mit 86 zu 62 Stimmen den Kredit von 314 Millionen Franken für die Verkehrssanierung «Emmentalwärts» genehmigt. Vergangene Woche hat der Vorstand der Grünen Kanton Bern beschlossen, «sich gegen die beiden Megastrassen-Projekte zur Wehr zu setzen.» Die Partei will also nicht nur «Emmentalwärts» sondern auch den Kredit von 98 Millionen Franken des Verkehrsprojekts Aarwangen vor das bernische Stimmvolk bringen. Anna de Quervain, Grossrätin und Vorstandsmitglied der Grünen Emmental, ist zuversichtlich, dass die nötigen 10´000 Unterschriften bei beiden Referenden innert dreier Monate zusammenkommen werden. Kommt es zur Volksabstimmung, dürfte diese im Frühling 2023 stattfinden. 


«Das Volk soll entscheiden» 

«Wir sind der Meinung, dass das Stimmvolk ein Wort mitreden muss, wenn der Kanton eine halbe Milliarde Franken investiert», sagt Anna de Quervain. Insbesondere beim Tunnel in Oberburg stünden die Kosten in einem Missverhältnis zum Nutzen. «Wir haben mehrfach gefordert, erst die Massnahmen auf den bestehenden Strassen umzusetzen und dann zu entscheiden, ob diese Verbesserungen nicht bereits ausreichen.» Auch im Grossen Rat waren die Kredite von 314 respektive 98 Millionen Franken nicht unbestritten. «Wir können beim Referendum unter anderem auf die Unterstützung der SP und des VCS zählen», berichtet die Grossrätin weiter. Hofft sie darauf, dass sich städtische Gebiete gegen die Verkehrsprojekte aussprechen? Schliesslich haben umgekehrt etliche Emmentaler Gemeinden 2018 den Kantonsbeitrag für das Tram Bern–Ostermundigen abgelehnt. «Darum geht es uns nicht. Es gibt auch im Emmental kritische Stimmen zu diesem Strassenbauprojekt», hält Anna de Quervain fest. Dass insbesondere die Menschen von Oberburg darunter leiden, weil sich täglich um 18´000 Fahrzeuge durch das Dorf zwängen, ist für die Grossrätin klar. «Es braucht Massnahmen, die Frage ist, welche.» In Wabern beispielsweise sei der Verkehr mit günstigen Anpassungen verflüssigt worden. Hier im Emmental habe die einst ausgearbeitete Variante Null+ auch Unterführungen vorgesehen, wo sich heute Fahrzeuge vor Bahnschranken stauten. «Ohne die Bahnübergänge wäre der Stau viel weniger gross.» Werde hingegen ein Tunnel mit einer Schnellstrasse gebaut, sei zu befürchten, dass sich der Stau lediglich in die Stadt Burgdorf verlagere. «Und dann wird dort früher oder später wieder der Ruf nach einer Umfahrungsstrasse laut.»


Umsteigen?

Letztlich sei es eine politische Frage, wie sich der Verkehr entwickeln soll, führt Anna de Quervain weiter aus. «Das Emmental muss besser an den ÖV angeschlossen und das Park-and-Ride-Angebot verbessert werden – dann wird die Strasse automatisch entlastet.» Der öffentliche Verkehr sei aber beim vorliegenden Verkehrsprojekt viel zu wenig stark berücksichtigt worden. 

«Die Verkehrssituation für alle verbessern»

Auch wenn das Volk über den Kredit für «Emmentalwärts» entscheiden würde, könnten die Bauarbeiten noch ab 2025 beginnen. Das bestätigt Kreisoberingenieur Roger Schibler. 

Was entgegnet er auf die Kritik der Grünen, dass «Emmentalwärts» den Stau lediglich verlagere? «Es geht darum, die Verkehrssituation für alle zu verbessern, ob mit dem Auto, dem Bus, dem Velo oder zu Fuss. Ausserdem geht es darum, Oberburg und Hasle vom Durchgangsverkehr zu entlasten. Dank den Umfahrungen werden unzählige Menschen vom starken Verkehrsrückgang profitieren», sagt Roger Schibler. In Burgdorf hingegen mache der Durchgangsverkehr einen deutlich geringeren Anteil am Gesamtverkehr aus. «Eine Umfahrungsstrasse würde nicht ausreichend genutzt», hält Schibler fest. Deshalb gehe es in Burgdorf darum, die Sicherheit zu verbessern und den Verkehr mit Bahnunterführungen zu verflüssigen. Weiter solle der Verkehr in Spitzenzeiten besser dosiert werden. 


Als «umweltverträglich» taxiert

In der Grossratsdebatte wurde weiter kritisiert, dass der Tunnel den Grundwasserstrom der Emme stören würde. «Die Auswirkungen des Tunnels auf das Grundwasser wurden umfangreich abgeklärt», sagt der Kreisoberingenieur. So sei vom kantonalen Amt für Wasser und Abfall ein 3D-Grundwassermodell erstellt worden. Die kantonalen Umweltfachstellen und auch das Bundesamt für Umwelt kämen zum Schluss, dass das Projekt umweltverträglich sei. Schibler fügt an, dass wegen des Tunnels keine Wasserfassungen aufgehoben oder verschoben werden müssten. Auch seien die Baumethoden des Tunnels auf die Grundwasserverhältnisse abgestimmt worden. Die Tunnelbohrmaschine sei so konzipiert, dass ein Wassereintritt verhindert werde. 

30.06.2022 :: Bruno Zürcher (zue)