Nun können Bébés im Emmental auch im Geburtshaus geboren werden

Nun können Bébés im Emmental auch im Geburtshaus geboren werden
Sind Mutter und Kind gesund, braucht es für eine Geburt keine High-Tech-Medizin. / Bild: Shutterstock
Emmental: Obwohl das neue Geburtshaus in Burgdorf Teil des Spitals ist, soll dort keine Spitalatmosphäre herrschen – doch im Fall von Komplikationen ist medizinische Hilfe nahe.

Im vergangenen Jahr haben in der Schweiz über 89´000 Kinder das Licht der Welt erblickt – davon 2200 in einem Geburtshaus, wie die Interessengemeinschaft der Geburtshäuser der Schweiz auf ihrer Webseite informiert. 

Nun will auch das Spital Emmental Geburten ohne Spitalatmosphäre ermöglichen und eröffnete Mitte Juni ein Geburtshaus in Burgdorf. Das erste im Emmental. «Immer mehr Frauen suchen eine 1:1-Betreuung durch eine Hebamme, die sie während Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und Stillzeit betreut», weiss Ruth Erhard. Die Hebamme hat im Auftrag des Spitals Emmental das Geburtshaus aufgebaut und leitet dieses. Diese Kontinuität könnten sie bieten, lediglich für die Geburt werde eine zweite Hebamme zugezogen, welche die Schwangere bereits zuvor kennengelernt habe. «Ärztinnen und Ärzte sind bei der Geburt nicht dabei», sagt Erhard. 


Keine medizinischen Geräte

Das Geburtshaus Emmental befindet sich zwar im Spital Burgdorf, ist aber dennoch ein Bereich für sich mit eigenem Eingang. Nachdem das gynäkologische Ambulatorium im Januar in einen anderen Teil des Spitals umgezogen ist, wurden die Räume neben der Frauenklinik umgebaut. «Wichtig war uns, die fünf Zimmer wohnlich einzurichten», erklärt Ruth Erhard. Sie sind zum Beispiel mit Doppelbetten ausgestattet, die Partner dürfen während Geburt und Wochenbett bleiben. Im Wohnzimmer können die frischgebackenen Mütter und ihre Partner essen und sich mit anderen Eltern austauschen. «Was man bei uns vergeblich sucht, sind medizinische Apparaturen», sagt die Hebamme. Einzig ein Blutdruckmessgerät und ein kleines Gerät, mit dem man die Herztöne hören kann, stehen zur Verfügung. Die Atmosphäre im Geburtshaus sei ruhig und entspannt, nennt Erhard einen weiteren Unterschied zu einer Geburtenabteilung. Dies auch deshalb, weil weniger Fachpersonen anwesend seien. «Sind Mutter und Kind gesund, braucht es für eine Geburt weder Ärztinnen noch hochtechnologische Medizin.» Bei erhöhten Risiken oder Frühgeburten dagegen könne die Frau nicht im Geburtshaus Emmental entbinden. Dann brauche es mehr Überwachung.


Sicherheit für den Notfall

Eine familiäre Umgebung, eine Betreuung durch nur eine Hebamme, eine natürliche Geburt ohne High-Tech: all dies ist auch bei einer Hausgeburt möglich. «Das stimmt», sagt Ruth Erhard. Jedoch seien nicht alle Wohnungen dafür geeignet. «In einem ringhörigen Mehrfamilienhaus beispielsweise könnte sich die Frau gehemmt fühlen», macht sie ein Beispiel. Ausserdem suchten zwar viele Frauen eine persönliche, ruhige Atmosphäre, wollten aber auf eine gewisse Sicherheit nicht verzichten. Bei jeder Geburt könne ein Notfall eintreten, der eine Überweisung ins Spital nötig mache, weiss die Hebamme aus Erfahrung. «Wir müssen nur eine Türe öffnen, und dann sind wir auf der Geburtenabteilung des Spitals. Es braucht, anders als bei einer Hausgeburt, keine Ambulanz.» 


Bis im Herbst ausgebucht

Die erste Frau wird in diesen Tagen im Geburtshaus Emmental entbinden. Viele weitere sollen folgen. «Bis im Herbst sind wir bereits ausgebucht», sagt die Leiterin. Die beiden Hebammen können pro Monat bis zu sechs Geburten begleiten. Im Oktober soll das Team mit zwei Hebammen ergänzt werden, später sollen weitere folgen. Rechne man mit zwei, drei Tagen Aufenthalt, seien pro Jahr maximal 120 Geburten möglich, sagt Ruth Erhard. 

23.06.2022 :: Silvia Wullschläger (sws)