Ein Pfad voller Geschichte und Kultur

Ein Pfad voller Geschichte und Kultur
Gerade mal zwei Infotafeln begegnen den Pfaderkundern, alles übrige ist per Smartphone zu erfahren. / Bild: Benjamin Stocker-Zaugg (sbr)
Emmental: Wer ihn nicht kennt, sieht ihn auch nicht: Der neu geschaffene Themenweg «Freizeitpfad Emme» kommt – mit zwei Ausnahmen – ohne Hinweistafeln aus.

Was benötigt man üblicherweise für eine Wanderung? Solide Schuhe, Verpflegung und natürlich eine gute Wanderkarte. Auch für den neuen Freizeitpfad Emme kann man sich genau so ausrüsten – anstelle der Karte nimmt man aber das Smartphone mit auf den Weg. Letzte Woche wurde der Pfad, der durch Rüderswil, Zollbrück und Lauperswil führt, in der «Brauschüür» offiziell eröffnet. Bei seiner Begrüssung erläuterte Jonas Glanzmann, was das Besondere am Freizeitpfad ist: «Sie erleben die Geschichte, Natur und Kultur der Region mitten in der Landschaft, ohne eine verwitterte Tafel anzutreffen.» Dies sei mithilfe des Smartphones möglich, das mit einer digitalisierten Karte zu den insgesamt 18 Posten führt. Dort könnten dann Videosequenzen und in einigen Fällen auch 3D-Modelle historischer Bauten betrachtet werden. 


Beitrag zum Erhalt des Kulturgutes

Die Grundlage für den digitalen Pfad sei ein Wanderführer, den er vor einigen Jahren selber entworfen habe, sagte Jonas Glanzmann, der das Projekt initiiert hat. In zweijähriger Vorbereitung sei daraus eine Anwendung für das Smartphone entstanden. Diese sei bewusst auf die Region Emmental zugeschnitten worden, um das touristische Angebot zu bereichern. «Wir wollen damit einen Beitrag zum Erhalt des Kulturgutes leisten. Erhalten können wir es aber nur, wenn wir es nebst der Pflege auch vermitteln», so Glanzmann weiter. Der Freizeitpfad sei kostenlos und könne jederzeit begangen werden. Natürlich könnten auch einzelne Posten besucht werden, ohne den ganzen, gut sieben Kilometer langen Pfad zu erwandern.


GPS-Navigation inklusive

Machen wir also die Probe aufs Exempel! Beim Bahnhof Zollbrück gibt es eine Tafel mit einem QR-Code, der mit dem Handy gescannt werden kann; damit wird die App des Freizeitpfades im Webbrowser gestartet, eine vorgängige Installation ist also nicht erforderlich. Alternativ kann aber auch die Webadresse eingegeben werden: freizeitpfad.ch. Auf der Karte ist nach wenigen Augenblicken ein Kreuz mit Kreis zu sehen, das den aktuellen Standort anzeigt. Sobald man loswandert, bewegt sich das Kreuz über die Karte, so dass der Standort fortlaufend bekannt ist. Wird eine Wegmarke erreicht, zum Beispiel das Leuenberger Denkmal, genügt ein Antippen der Ziffer auf der Karte, um ein kurzes Video abzurufen. «Die Informationen sind so gestaltet, dass sie Alt und Jung gleichermassen ansprechen», betont Jonas Glanzmann. Bei einigen Posten gibt es zudem 3D-Modelle, die mit der Handykamera mitten in die Landschaft projiziert werden können. Bei der Ruine der Burg Wartenstein ist dies eine Gebäuderekonstruktion, die einen faszinierenden Einblick in die mittelalterliche Burganlage vermittelt.


Auch ohne Smartphone erlebbar

Was aber, wenn jemand kein internetfähiges Smartphone hat? Jonas Glanzmann bietet auch hier eine Lösung: «Die Web­adresse kann auch auf dem heimischen Desktop-PC, auf dem Laptop oder auf dem Tablet eingegeben werden.» So könnten die einzelnen Wegmarken bequem von zuhause aus besucht werden. Zu jedem Video gehört zudem ein Text im PDF-Format, der heruntergeladen und zusammen mit der Karte ausgedruckt werden kann. Dieses Vorgehen bietet sich etwa an, wenn der Pfad mit einer Schulklasse besucht wird.


Burg Wartenstein ist höchster Punkt

«Die Emme zeigt viele Gesichter», ist im Flyer zum Freizeitpfad zu lesen. Und so vielseitig wie die Emme sei auch die Region, betonen die Initiatoren des Pfades. Dieser Überzeugung gemäss wurden die Wegmarken auf dem Pfad ausgewählt, die auch das historische Gewerbe mit einbeziehen. Schon am Start beim Bahnhof Zollbrück geht es um den Brückenzoll, der nicht unbedingt beliebt war. Der Weg führt dann durch den Rüderswilschachen, wo die Wasserkraft thematisiert wird, und weiter zum historischen Dorfkern in Rüderswil. Hier steht übrigens auch der Dorfbrunnen, der zu einer Pause einlädt. Denn anschliessend geht es steil bergauf, durch den mittelalterlichen Hohlweg zur Burg Wartenstein, dem höchsten Punkt der Wanderung. Ein Stück des Weges führt hier über den alten Emmentalweg, der schon vor Jahrhunderten genutzt wurde. Und dann ist bereits der Turm der Kirche Lauperswil zu sehen, einem der letzten Posten. 


Sagenland Emmental

Vor dem Ziel in Zollbrück erreicht der Wanderer noch einmal die Emme und erfährt etwas über die Flösserei, mit der bis in das späte 19. Jahrhundert nicht nur Holz, sondern auch Butter, Käse und Glaswaren transportiert wurden. Wie ein roter Faden zieht sich die Emme durch den ganzen Freizeitpfad, auch die Sage der Emmenschlange fehlt nicht. Sagen, Natur, Kultur und Gewerbe ergeben zusammen ein vielseitiges Bild dieser Landschaft. Eine Region, die seit alters viele Geschichten zu erzählen hat und mit dem Freizeitpfad um ein interessantes Angebot reicher geworden ist. 

16.06.2022 :: Benjamin Stocker-Zaugg (sbr)