Das schwierige Imker-Jahr 2021 hinterliess seine Spuren

Das schwierige Imker-Jahr 2021  hinterliess seine Spuren
Dieses Bienenvolk ist vital – aber auch Beat Gerber, Präsident der Oberemmentaler Imker, hat Verluste zu beklagen. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Emmental: Weil es letztes Jahr viel regnete, konnten die Bienen kaum fliegen und wenig Honig produzieren. Nicht nur das: Die Imker haben regional sehr viele Völker verloren.

«Dieses hier sieht wirklich gut aus», sagt Beat Gerber, als er im Bienenhaus beim Bauernhof Ober Lehn eines seiner Völker begutachtet. Auf dem Rahmen ist viel los. Nicht nur dass zig Arbeiterinnen herumschwirren, sogar die Königin lässt sich beobachten wie sie Eier legt. «Dieses Volk ist so stark, dass ich dann in zwei, drei Wochen einen Brutableger machen kann, aus dem ein neues Volk entstehen wird», erklärt der Präsident des Bienenzuchtvereins Oberemmental. Nachwuchs ist nötig, denn nicht an allen drei Standorten, wo Beat Gerber imkert, sind die Bienen so gut durch den Winter gekommen. Hier im Häuschen beim Bauernhaus gabs «normale» Verluste; das heisst, rund zehn Prozent der Völker überstanden den Winter nicht. «Im zweiten Bienenhaus auf Hochfeld ist die Hälfte eingegangen und unten in Zollbrück gar alle», zählt er auf. Mehr als die Hälfte seiner 40 Bienenvölker sind also letzten Winter gestorben. 


Viele Imker erlitten Verluste 

Mit einer solch schlechten Bilanz steht der Präsident des Bienenzuchtvereins Oberemmental nicht alleine da. Offizielle Zahlen sind zwar nicht verfügbar, aber viele Imker im Oberemmental klagen über erhebliche Verluste. 

War vor allem das regnerische Wetter schuld? «Das hatte sicher einen grossen Einfluss. Die Bienen konnten oftmals gar nicht raus. Und wenn sie trotzdem geflogen sind, um Pollen und Nektar zu suchen, kamen viele nicht mehr heim», ist der Imker überzeugt. Gerber beielet seit 20 Jahren. Er hat noch nie erlebt, dass er den Bienen während der Sommermonate Futtersirup, ein dickflüssiges Zuckerwasser, geben musste, damit das Volk und dessen Brut nicht verhungern. 

Dabei habe das Jahr 2021 eigentlich gut angefangen, meint er weiter. Der Frühling war schön, es hatte schon zeitig genug Nahrung für die Bienen. 


Reichlich Nahrung – aber zu spät 

«Das Problem war viel mehr, dass es Ende August und im September ‹no ghungget het›», ist der Imker überzeugt.» Er habe seine Bienen Anfang August vorbereitet für den Winter. «Weil es dann aber noch viel Nahrung hatte, flogen auch die Winterbienen noch aus, was sie sicher geschwächt hat.» 

Winterbienen leben sechs bis acht Monate, während das Leben von Arbeiterinnen im Sommer nur wenige Wochen dauert. Winterbienen sorgen hauptsächlich dafür, dass das Bienenvolk gut durch die kalten Monate kommt. Im Gegensatz zu den Bienen, welche im Sommer aktiv sind, sehen die Winterbienen meist nicht viel von der Umgebung; sie machen sich hauptsächlich im Bienenstock nützlich. Eine ihrer Hauptaufgaben ist es, den Bienenstock warm zu halten. Sie tun dies, indem sie sich eng aneinander kuscheln und ihre Muskeln spielen lassen. So erzeugen sie Wärme.


Enorme Schwankungen

Vergangenen Herbst wurden die Bienen also quasi Opfer des eigenen Erfolgs. «Sie hatten sehr viele Brutwaben, waren aber zu erschöpft um diese warmhalten zu können», glaubt Beat Gerber. Schädlinge wie die Varroa-Milbe hätten das ihre beigetragen, obwohl er entsprechende Behandlungen durchgeführt habe. Schon im Dezember habe es in den Bienenstöcken in Zollbrück schlecht ausgesehen. Machen könne man dann kaum mehr etwas. «Das isch buret», sagt Gerber und hebt die Schultern. 

Als Landwirt weiss er, dass jedes Jahr anders ist. Bei den Bienen sind die Schwankungen dabei sehr ausgeprägt. «Letztes Jahr hatten wir vielleicht fünf Kilogramm Honig – im besten Jahr war es mehr als eine Tonne!», erinnert sich Gerber. Er musste auch schon Rückschläge wegstecken, etwa 2008, als er wegen der Krankheit Sauerbrut viele Völker verlor. «Ich machte weiter, weil mich die Bienen einfach faszinieren. Und sie sind gut für das Gemüt», sagt Beat Gerber und fügt dann noch an: «Auch wenn sie während der Sommermonate, in denen eh viel Arbeit anfällt, auch noch viel zu tun geben.» 

Heuer wird er sich besonders um seine Jungvölker kümmern. «Vor 20 Jahren habe ich von einem alten Imker einige Völker gekauft. So habe ich angefangen. Seither habe ich immer selber junge gezogen. Wenn man dann ein neues Volk hat, ist das auch schön!»

2021: Schweizweit tiefste Honigernte

«Schweizweit war das Jahr 2021 das schlechteste Honigjahr mit einer Durchschnittserntemenge von 7,2 Kilogramm pro Bienenvolk. Das liegt weit unter dem langjährigen Durchschnitt von 20,2 Kilogramm pro Volk», bilanzierte der Verband Bienen-Schweiz an seiner Delegiertenversammlung vom 2. April. Nur im Tessin und in höheren Lagen wurden nennenswerte Honigmengen geerntet. 

Weiter schreibt der Verband, dass leere Regale in Verkaufsgeschäften von Migros und Coop mit dem Hinweis auf die schlechte Schweizer Honigernte, zu sehr vielen Reaktionen geführt hätten. 

12.05.2022 :: Bruno Zürcher (zue)