Kanton Bern: Der Krieg in der Ukraine veranlasst viele Leute, sich nach ihren Schutzräumen zu erkundigen. Hätte es für alle Platz? Und wären sie innert nützlicher Frist bereit?
Mit dem Einmarsch von russischen Truppen in die Ukraine wurden wir mit Szenarien konfrontiert, die noch vor wenigen Wochen undenkbar schienen. Was wäre, wenn der Krieg auf Westeuropa übergreifen würde? Was bei einem Einsatz von Atomwaffen? Besorgte Bürgerinnen und Bürger erkundigten sich bei ihrer Wohngemeinde nach ihrem Schutzplatz. Häufig gehörte Antwort: Es habe für alle einen Platz (siehe Kasten), wo, werde «im Bedarfsfall» kommuniziert.
Die Schutzraumplanung sei eine rollende Planung, bestätigt Stephan Zellmeyer, Abteilungsleiter Bevölkerungsschutz im Amt für Bevölkerungsschutz, Sport und Militär des Kantons Bern. «Weil pro Jahr zehn Prozent der Bevölkerung umzieht und sich Familien neu zusammensetzen, ändert sich auch die Zuweisung dauernd.»
Kanton macht nun Zuteilung
Für die Zuweisung der Schutzräume sind die Gemeinden beziehungsweise die regionalen Zivilschutzorganisationen verantwortlich. Manche würden diese Planung regelmässig aktualisieren, andere hätten da Lücken, weiss Stephan Zellmeyer. Momentan sei der Kanton dran, die Zuteilung für rund die Hälfte der Gemeinden zu machen. «Nicht, weil wir davon ausgehen, dass ein Bezug aufgrund des Krieges nötig wird, sondern, weil sich viele Bürgerinnen und Bürger danach erkundigen», betont der Abteilungsleiter Bevölkerungsschutz. Bis Mitte Mai wolle man damit fertig sein. Dann könnten alle Gemeinden bei Anfragen Auskunft geben über den persönlichen Schutzplatz. Ein Bezug von Schutzräumen würde vom Bund angeordnet und bräuchte einige Tage der Vorbereitung. Viele dieser Räume werden heute für andere Zwecke genutzt, etwa als Keller, Vereinslokal oder Lager; ein solcher Gebrauch ist auch erlaubt.
«Der Bund schreibt vor, dass die Schutzräume innert fünf Tagen bereit sein müssen», erklärt Stephan Zellmeyer. Das bedeute, dass sie nicht nur ausgeräumt, sondern auch mit Liegen, Wasser und Nahrung ausgerüstet sind. Verantwortlich dafür sei der Eigentümer der Liegenschaft. Warum richtet im Notfall nicht der Zivilschutz die Schutzräume her? Das sei eine Frage der Ressourcen, so Zellmeyer,: «Wir haben im Kanton Bern 50´000 Schutzräume, von den kleinsten in Einfamilienhäusern bis zu solchen für 200 bis 300 Personen. Und wir haben 7000 Zivilschützer.» Diese würden aber wenn möglich bei den grossen Schutzräumen helfen.
Ob es gelingen würde, alle Schutzräume innert fünf Tagen bereitzustellen? Geübt wurde das bisher nicht, sagt Stephan Zellmeyer. Weil aber in einer akuten Bedrohungslage sehr viele Ressourcen darauf verwendet würde, sei es vermutlich zu schaffen.
Auch eigener Keller bietet Schutz
Bei einem Ereignis «aus heiterem Himmel» dagegen, ein Atomwaffeneinsatz oder ein Reaktorunfall in der Nähe, hätte man diese Vorbereitungszeit nicht. Auch dann könnten die Leute in einen Schutzraum gehen, für eine kurze Zeit, bis etwa die radioaktive Wolke vorbeigezogen wäre, erklärt Zellmeyer. Dies wäre auch möglich, wenn der Schutzraum nicht eingerichtet ist. Die andere Variante: zu Hause bleiben. «Auch ein Haus bietet einen gewissen Schutz vor radioaktiver Strahlung», erklärt der Abteilungsleiter Bevölkerungsschutz. Je mehr Beton, desto besser. Also etwa den Keller aufsuchen. Bei Sirenenalarm in jedem Fall aber zuerst Radio hören und die weiteren Anweisungen der Behörden befolgen.