Mit einer Basis im Entlebuch könnte die Rega bis zu 20 Minuten rascher an Unfallorten sein. Bild: Rega/zvg
Entlebuch: Die Rega möchte in der Region eine neue Basis bauen. Die Machbarkeitsstudie ist noch nicht abgeschlossen – aber schon werden grundsätzliche Bedenken laut.
Die Schweizerische Rettungsflugwacht (Rega) hat 13 Helikopter-Basen. Das Ziel ist, jeden Unfall- und Unglücksort in der Schweiz innerhalb einer Viertelstunde anfliegen zu können. Diese Vorgabe ist noch nicht überall erfüllt: Das Entlebuch und das Luzerner Hinterland gelten als «nicht optimal versorgte Gebiete». Deshalb wurde die Rega bei der Luzerner Kantonsregierung vorstellig. Gemeinsam unterschrieb man die Absichtserklärung, einen Standort für eine Rega-Basis Entlebuch zu suchen.
Um es vorweg zu nehmen: Ein konkreter Standort ist noch nicht gefunden. Die Machbarkeitsstudie sei nach wie vor in Arbeit, erklärt Rega-Mediensprecher Mathias Gehrig. Deshalb sei es noch zu früh, um mögliche Standorte zu nennen.
Die Bedenken
So oder so wirft das Vorhaben im Entlebuch schon jetzt Wellen. Bei aller Sympathie für die Rega nehme die Bevölkerung die Pläne nicht nur positiv auf, berichtet der Entlebucher SVP-Kantonsrat und Kinderarzt Bernhard Steiner. In einer parlamentarischen Anfrage listet er offene Fragen und Kritik auf. Zum Beispiel sei der Luftraum im Entlebuch «komplex und belastet»; durch Hängegleiter, Gleitschirme, Segelflugzeuge und Übungsflüge der Luftwaffe. Drohnenflüge der Armee würden die Situation weiter verkomplizieren. Zudem passe eine Rega-Basis nur bedingt in die Unesco Biosphäre Entlebuch. Es seien negative Auswirkungen auf die Natur und den Tourismus zu erwarten. Nicht zu vergessen die Lärmemissionen der Helikopter – und dass der An- und Abflug über Wildruhegebiete erfolgen würde. Zudem hat Steiner den Verdacht, dass die Rega-Basis «ein Zückerli» der Regierung sei, um der Bevölkerung den geplanten Leistungsabbau beim Spital Wolhusen schmackhaft zu machen.
In der Helikopterbasis würde auch ein Notarzt-Einsatzfahrzeug stationiert, mit dem der Rega-Arzt bei Unfällen in der Nähe oder bei schlechtem Wetter – wenn kein Flug möglich ist – ausrücken kann. «Das darf aber kein Ersatz für ein funktionierendes Spital sein», sagt Bernhard Steiner. Seine Motion für voll ausgebaute Spitalstandorte Wolhusen und Sursee wird im Mai im Kantonsrat behandelt.
Die Antworten
Die Rega führt im Entlebuch und Luzerner Hinterland jährlich rund 200 Einsätze durch. Dazu kommen Flüge in den angrenzenden Gebieten. Insgesamt wäre ab einer Rega-Basis Entlebuch also mit 250 bis 300 Einsätzen pro Jahr zu rechnen, schreibt das Luzerner Gesundheits- und Sozialdepartement in der Antwort auf Steiners Anfrage. Die Basis würde die Flugzeiten ins Entlebuch um gut 10 Minuten und ins Luzerner Hinterland sogar um rund 20 Minuten verkürzen. Heute werden diese Gebiete von den Rega-Basen Wilderswil, Bern-Belp oder Erstfeld angeflogen.
Der Luftraum über dem Entlebuch sei nicht komplexer als an anderen Orten in der kleinräumigen Schweiz, erklären die Kantonsbehörden weiter. Und bei allen offenen Fragen und Bedenken dürfe man nicht vergessen, «dass das Helikopterflugfeld nicht für kommerzielle Flüge, sondern für die Rettung von Menschen in Not errichtet werden soll».
Die Reaktionen
In der Debatte zu Bernhard Steiners Anfrage im Kantonsrat gab es Zustimmung wie auch Skepsis gegenüber den Rega-Plänen im Entlebuch. Gertrud Galliker (Grüne) findet es «unbedingt unterstützenswert, wenn die Rega Lücken im Rettungsnetz schliessen will». Anja Meier (SP) hofft, dass sich die SVP auch bei anderen Projekten so viele Gedanken zum Naturschutz macht wie bei der Rega-Basis. Sie ist überzeugt, dass die Umweltaspekte im Bewilligungsverfahren berücksichtigt werden.
Die bürgerlichen Fraktionen dagegen teilen die Bedenken aus dem Entlebuch. Auch bei Guido Roos, Geschäftsführer der Region Luzern West, hält sich die Begeisterung in Grenzen. Er ist nicht im Vornherein gegen eine Rega-Basis Entlebuch, «aber ein funktionierendes Spital und ein dichtes Hausärzte-Netz sind deutlich wichtiger für die medizinische Grundversorgung in der Region». Gespräche mit möglichen Standortgemeinden hätten bisher keine stattgefunden, erklärt Roos. Ähnlich tönt es bei Fritz Lötscher, Präsident des Gemeindeverbandes Unesco Biosphäre Entlebuch. Wenn in einem Naturpark mehr Flüge geplant seien, müsse dies sicher kritisch geprüft werden, sagt er. Auch er wartet nun erst einmal auf weitere Fakten – und macht sich für ein breites Angebot am Spital Wolhusen stark.
Der Zeitplan
Heute und morgen wird die Rega-Basis Entlebuch sowieso nicht Tatsache. «Das Projekt steht noch am Anfang», gibt Rega-Sprecher Mathias Gehrig zu bedenken. Er rechnet damit, dass der Abklärungs- und Bewilligungsprozess mehrere Jahre dauert. Falls ein geeigneter Standort gefunden würde, begänne das Verfahren gemäss «Sachplan Infrastruktur Luftfahrt». In diesem würden Themen wie Lärmemissionen, Natur- und Landschaftsschutz eingehend geprüft, so Gehrig. Selbstverständlich würden sich dabei auch die politischen Behörden und die Bevölkerung einbringen können.