Neben der Schaukäserei gibt es bald auch eine Schaubäckerei

Neben der Schaukäserei gibt es bald auch eine Schaubäckerei
Rolf Meier (rechts) und Frank Jantschik vor der Schaubäckerei. Im Innern laufen noch die Umbauarbeiten. / Bild: Markus Zahno (maz)
Affoltern: Ab 2. April werden Besucherinnen und Besucher in Affoltern nicht nur beim Käsen zusehen können, sondern auch beim Backen. Möglich macht dies eine neue Schaubäckerei.

Auf den ersten Blick sieht er aus wie ein normaler Verkaufsladen, der bald eröffnet wird. Elektriker stehen auf Bockleitern und ziehen letzte Kabel ein. Glasvitrinen, Gestelle und die übrige Einrichtung sind bereits montiert, müssen nur noch geputzt und eingeräumt werden. Doch wer am grossen, noch leeren Gestell vorbei geht und den nächsten Raum betritt, sieht bald: Das wird mehr als ein ganz normaler Laden. Hier werden die Besucherinnen und Besucher verweilen und einen Blick in die Backstube werfen können. Ofen, Knetmaschinen und das weitere Bäckerei-Equipement stehen schon bereit und werden gerade vom Reinigungsteam auf Vordermann gebracht.

Ab übernächstem Wochenende, ab dem 2. April, werden in der Backstube jeweils ein bis zwei Angestellte der Bäckerei Meier arbeiten. Das Unternehmen gehört Brigitte und Rolf Meier. Affoltern wird bereits ihre fünfte Verkaufsstelle in der Region. «Die Lage neben der Schaukäserei ist perfekt», erklärt Rolf Meier, «eine einmalige Gelegenheit, der Öffentlichkeit unser Handwerk zu zeigen.» Deshalb entschied sich das Familienunternehmen, hier eine Schaubäckerei einzurichten. «Von der Teigherstellung über das Züpflen bis zum Backen wird alles zu sehen sein», sagt der Firmeninhaber.

Meier investiert

Die Bäckerei neben der Schaukäserei hat Tradition. 30 Jahre geschäftete hier der Mätteli-Beck – bis letztes Jahr. Dann hat die Emmentaler Schaukäserei AG, die Besitzerin des Gebäudes, den Mietvertrag nicht mehr verlängert. Das sorgte bei der Bäckerfamilie und der Kundschaft für Kopfschütteln (die «Wochen-Zeitung» berichtete). Doch in der Bäckerei waren Investitionen von rund einer halben Million Franken nötig. «Das können wir unmöglich alleine stemmen», sagte Schaukäserei-Geschäftsführer Frank Jantschik damals. Sich an den Kosten zu beteiligen, kam für den Mätteli-Beck aber nicht infrage, sodass das Mietverhältnis schliesslich endete.

In der Folge fragten die Verantwortlichen der Schaukäserei verschiedene Bäckereien für eine Zusammenarbeit an. Mit Meier wurde man schliesslich handelseinig. Die Kosten für alle bäckereispezifischen Einrichtungen wie Knetmaschinen, Öfen und Kühlzellen übernimmt die Bäckerei – «ein höherer sechsstelliger Betrag», sagt Rolf Meier.

«Eine super Lösung»

Um die Lücke zu füllen, die der Mätteli-Beck in Affoltern hinterliess, richtete die Bäckerei Meier im Hauptgebäude der Schaukäserei diesen Winter eine Verkaufsecke ein. Diese wird nach der Eröffnung der Schaubäckerei wieder verschwinden.

Die Bäckerei Meier zählt gut 50 Voll- und Teilzeitangestellte. Sie betreibt bereits Verkaufsstellen in Hasle-Rüegsau, Wynigen, Worb und Boll. Produziert wurde bisher ausschliesslich in Oberburg. Nun kommt Affoltern als Produktions- wie auch Verkaufsstelle dazu. «Für uns ist das eine super Lösung», schwärmt Meier. Auch Schaukäserei-Geschäftsführer Jantschik nennt Meiers Engagement einen «Glücksfall». Die Schaukäserei muss ausschliesslich die Kosten für die allgemeinen Umbauarbeiten im Bäckereigebäude übernehmen, zum Beispiel Durchbrüche, Elektrotechnik und Böden. «So ist es für uns finanzierbar.»

Die Schaukäserei hofft auf wieder bessere Zeiten

Wie vielen anderen macht die Pandemie auch der Emmentaler Schaukäserei in Affoltern zu schaffen. 2019, vor Corona, wurden hier insgesamt 2100 Gruppenveranstaltungen gebucht, letztes Jahr waren es gerade noch 1000. «Die Zahl der Individualbesucherinnen und -besucher ist zwar gestiegen, der Verlust bei den Gruppenbuchungen konnte damit aber nicht kompensiert werden», erklärt Geschäftsführer Frank Jantschik. Unter dem Strich habe der Rückgang in der Gastronomie in den letzten beiden Jahren 30 Prozent betragen.

Pro Jahr besuchen rund 300´000 Menschen die Emmentaler Schaukäserei. Seit den Corona-Lockerungen im Februar habe das Geschäft wieder angezogen, konstatiert Jantschik. Dafür sorge nun der Krieg in der Ukraine für gedrückte Stimmung. «Man spürt, dass vielen Leuten im Moment nicht nach Feiern zumute ist.» Die Rohstoffpreise steigen, Getreide, Benzin et cetera werden teurer – «je nachdem, wie das weitergeht, werden wir das bei unseren Besucherzahlen zu spüren bekommen», sagt Jantschik.

Zum Teil sind die Schaukäserei-Angestellten nach wie vor in Kurzarbeit. Aktuell zählt das Unternehmen 90 Mitarbeitende, die sich 45 Vollzeitstellen teilen. Vor der Pandemie waren es 50 Vollzeitstellen. Reduziert wurde in den Bereichen Gastronomie und Tourismus, ein Teil der Stellen wurde laut dem Geschäftsführer über natürliche Fluktuation abgebaut.

Nicht zurückgefahren wird bei der Käseproduktion. Im Gegenteil: Kürzlich schalteten die Verantwortlichen der Schaukäserei in dieser Zeitung ein Inserat, in dem sie zusätzliche Milchlieferanten suchen. Im Betrieb können pro Tag acht bis neun Laibe Emmentaler hergestellt werden. «Zu Zeiten der Käseunion hatten wir über 50 Lieferanten», sagt Frank Jantschik, «heute sind es noch 23.» Bei einigen stehe in absehbarer Zeit die Nachfolgeregelung an, und es sei ungewiss, ob in diesen Betrieben weiterhin Milchkühe gehalten würden. «Deshalb schauen wir uns nach zusätzlichen Lieferanten um.» Erste lose Gespräche hätten bereits stattgefunden, berichtet der Geschäftsführer.

24.03.2022 :: Markus Zahno (maz)