Fasten, über Gerechtigkeit nachdenken – und spenden

Fasten, über Gerechtigkeit  nachdenken – und spenden
Petra Wälti arbeitet für die Fastenkampagne der Langnauer Kirchen. / Bild: Markus Zahno (maz)
Emmental: Allgemein wird in der Schweiz so viel gespendet wie nie zuvor. Auch in der Fastenkampagne, die diese Woche begonnen hat, geht es ums Spenden. Und um einiges mehr.

Die Fastenzeit. Für viele Menschen stehen die 40 Tage vor Ostern für den Verzicht, für die Besinnung auf das absolut Notwendige. Es ist aber auch die Zeit, in der die reformierte und die katholische Landeskirche für die Fastenkampagne zusammenspannen und Spenden für gemeinnützige Projekte sammeln. Diesjähriges Thema: «Klimagerechtigkeit – jetzt!»

In der Region Langnau zum Beispiel erhielten 5000 Haushalte ein Couvert mit Fastenkalender, Einzahlungsschein sowie einem Faltprospekt, der auf die lokalen Anlässe hinweist. Die Anlässe und Begegnungen seien ein wichtiger Teil der Fastenkampagne, erklärt Petra Wälti, Sozialdiakonin der reformierten Kirche Langnau. «Die Kampagne soll Wissen vermitteln, Gewohnheiten in Frage stellen und Wege zu einem klimafreundlicheren Alltag aufzeigen», sagt Wälti. So wird in Langnau am 10. März erstmals ein Podiumsgespräch mit lokalen Fachleuten aus Landwirtschaft, Bau und Energieberatung organisiert. Und am 26. März findet der Suppentag statt. Doch dazu später.


Für die Regenwälder

Die Fastenkampagne gibt es seit 1969. Das Thema ist jeweils in der ganzen Schweiz gleich; es wird von den Hilfswerken Heks/Brot für alle sowie Fastenaktion vorgegeben. Welchem konkreten Projekt die Spenden und der Erlös der Aktionen zugute kommen, bestimmen aber lokale Kommissionen. Die Langnauer Kommission OeME (Oekumene, Mission und Entwicklungszusammenarbeit) entschied sich diesmal für «World Rainforest Movement», ein weltweites Programm zum Schutz der Regenwälder. Das mache Sinn, schliesslich sei der Wald auch im Emmental ein wichtiges Thema, so Wälti. Der Erlös der Langnauer Kampagne sei von Jahr zu Jahr unterschiedlich hoch. Weil in den letzten zwei Jahren praktisch keine Anlässe stattfinden durften, waren die Einnahmen entsprechend tiefer. Die Verantwortlichen hoffen, dass es dieses Jahr wieder aufwärts geht.


Auf verschiedenen Kanälen

Gesamtschweizerisch indes wird derzeit so viel Geld für gemeinnützige Organisationen gespendet wie noch nie. 2020 waren es 2,05 Milliarden Franken, fast doppelt so viel wie vor 20 Jahren. Das hat die Stiftung Zewo errechnet, deren Label rund 500 Schweizer Hilfswerke tragen. Zewo-Geschäftsleiterin Martina Ziegerer geht davon aus, dass sich die Spendeneinnahmen in den nächsten Jahren «auf hohem Niveau stabilisieren werden». Das Umfeld für die gemeinnützigen Organisationen sei härter geworden – nicht wegen der Konkurrenz unter den Hilfswerken, sondern wegen der Konkurrenz im Kampf um Aufmerksamkeit. «Heute ist es schwieriger, in der Öffentlichkeit Gehör zu finden», sagt Ziegerer. Um auch jüngere Generationen anzusprechen, werde es immer wichtiger, die verschiedenen Kommunikationskanäle zu nutzen.

Die Langnauer Sozialdiakonin Petra Wälti stellt sich die Frage oft: «Wie können wir ältere Menschen abholen und auch jüngere ansprechen?» Wie die Antwort aussehen könnte, erklärt sie am Beispiel des Suppentags. Seit Jahrzehnten wird im Kirchgemeindehaus jeweils gemeinsam Erbsmuessuppe gegessen. Neu gibt es zusätzlich einen Event auf dem Viehmarktplatz mit Suppe aus Gemüse, das nicht der Norm entspricht und im Abfall landen würde. Wer will, kann die Suppe auch an einer der vier Verkaufsstellen abholen oder sie vom Velo-Hauslieferdienst der Stiftung Intact heimbringen lassen. Der Titel der Aktion tönt auch für Junge gut: «Suppentag – gegen Food waste.»

Gotthelfverein: Aus der Region, für die Region

Im Emmental und Entlebuch existieren Dutzende Hilfswerke und private Hilfsprojekte, die von Spenden leben. Zu den traditionsreichsten zählen die über 100 Jahre alten Gotthelfvereine. Zum Beispiel der Gotthelfverein Trachselwald, der von Lützelflüh bis Huttwil tätig ist. Er unterstützt Kinder aus Familien, die zum Beispiel wegen Arbeitslosigkeit oder Krankheit in finanzielle Not geraten sind. 2020 bekamen 20 Kinder zweimal im Jahr 400 Franken für Kleider, Schuhe, Zahnarztkosten oder andere notwendige Ausgaben, erklärt Präsidentin Monika Kaderli.

Einnahmequellen des Gotthelfvereins Trachselwald sind Haussammlungen, Kollekten von Gottesdiensten sowie Spenden. Vor der Pandemie nahm der Verein pro Jahr bis zu 25´000 Franken ein. 2020 gingen die Einnahmen wegen fehlender Haussammlungen und Gottesdienste auf unter 20´000 Franken zurück. 2021 ging es wieder aufwärts – auch dank einer Bank, die statt einer Generalversammlung dem Verein einen grossen Betrag spendete, wie Monika Kaderli berichtet. Geld für Werbung gibt der Gotthelfverein praktisch keines aus. Stattdessen setzt man auf Mund-zu-Mund-Propaganda. «Vielen Leuten ist wichtig, dass ihre Spende den Menschen hier in der Region zugute kommt», so Kaderli. «Das ist unser Pluspunkt.»

03.03.2022 :: Markus Zahno (maz)