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Gniesses!

Sie platzt aus allen Nähten, meine
kleine Tochter. Es knallt ihr die Knöpfe am Body bei jeder Bewegung auf. Alles zwickt und zwackt. Ja klar, habe ich mich schon gefragt, ob sie eventuell eine grössere Kleidergrösse benötigt. Doch ehrlich gesagt, ich weigere mich. 

Mein kleines Baby. Erst war es so klein wie ein Reiskörnchen in meinem Bauch und jetzt soll es schon Grösse 68 tragen?

Ich bin nicht naiv und ich würde mich jetzt auch nicht als «Gluggere» bezeichnen. 

Es war mir durchaus bewusst, dass mein Kind, einmal gezeugt, ganz sicher wachsen werden wird. Es war mir sogar bewusst, dass aus dem Baby im Bauch, ein Baby im Arm werden wird und aus dem Baby im Arm ein Kleinkind. Aus dem Kleinkind ein Schulkind und daraus, ja wir wissen es alle, daraus wird dann ewig lang ein pubertierendes Kind und dann hoffentlich eine anständige, erwachsene Person, was auch immer das heissen mag.

In welchem rasanten Tempo, das vorwärts geht, das konnte mir bis jetzt aber keiner vermitteln. Obwohl alle, die uns zusammen mit Baby im Tragetuch herum schlendern sehen, uns wehmütig, schon fast warnend, den Tipp geben: «Gniesses! Es geht so schnell!» Und obwohl ich nun in einem panischen Genusszwang das Baby fast aufsauge, nützt alles nichts. Ich kann die Zeit nicht anhalten. Sie geht voran, ohne Erbarmen.

Meine einzige Möglichkeit: Ich weigere mich und ignoriere sie, die böse, schnelle Zeit. Ich wechsle die Kleidergrössen nicht mehr und stelle mich trotzig dagegen!

Wenn das Baby sich aufsetzt, lege ich es wieder hin und wenn es nach Brei schreit, halte ich rasch die Brust hin. Ich stelle mich taub, wenn mein Mann findet, ich sei egoistisch und eben doch eine «Gluggere». Es knallt bei uns zu hause, die Knöpfe knallen, die Nähte reissen und die Blicke meines Mannes werden immer strenger.

Er, der es kaum erwarten kann, mit ihr im Wald Räubergeschichten zu erleben!

Und schliesslich wird der Druck der Knöpfe, Nähte, der Blicke und der Zeit so gross, dass ich seufzend aufgebe und mich dem Laufe der Zeit hingebe. Anhalten kann ich sie nicht, aber «gniesse» schon. 

16.09.2021 :: Fabienne Diessel-Krähenbühl