Betreuer des Zivilschutzes lernen den Umgang mit Kindern und Betagten

Betreuer des Zivilschutzes lernen den Umgang mit Kindern und Betagten
Benjamin Rothenbühler hilft während seines Einsatzes einem Kindergärteler bei einer Bastelarbeit. / Bild: zvg
Lützelflüh: Um im Ernstfall mit Kindern, betagten und beeinträchtigten Menschen umgehen zu können, üben Zivilschützer in entsprechenden Institutionen – zum Beispiel im Kindergarten.

Zivilschützer, die Wege ausbessern, Fussgängerbrücken erneuern oder Ufer verbauen, sind ein bekanntes Bild. Weniger bekannt ist, dass der Zivilschutz auch Betreuungsaufgaben übernimmt (siehe Kasten). Einen solchen Einsatz absolvierte kürzlich Benjamin Rothenbühler von der Zivilschutzorganisation (ZSO) Trachselwald Plus – zum ersten Mal im Kindergarten. Er habe an sechs Tagen die Kindergärtnerin unterstüzt. «Die eine Klasse hatte das Thema Bienen. Die Kinder lösten dazu Aufgaben und ich habe jenen geholfen, die Unterstützung brauchten», erzählt Rothenbühler von seinem Einsatz. Auch ging er als Begleitperson mit auf das Reisli zu einer Imkerin. An den Nachmittagen, wenn die Kinder nicht da waren, habe er bei den Vorbereitungen für die Projektwoche geholfen und ein Wurfspiel bereitgestellt. «Es hat Spass gemacht und ich habe einen guten Einblick in die Arbeit mit Kindern in dieser Altersgruppe erhalten», so das Fazit des Kleinkindererziehers, der in einer Kita arbeitet und vorwiegend mit Ein- bis Dreijährigen zu tun hat.

Die Bedürfnisse kennen

Bereits mehrere Einsätze absolviert hat Benjamin Rothenbühler im Altersheim Dändlikerhaus in Ranflüh. Auch dort hat er die Mitarbeitenden bei ihren alltäglichen Arbeiten unterstützt: Essen verteilen und eingeben sowie spazieren gehen, gehörten etwa dazu. Er bezeichnet diese praktischen Betreuungseinsätze als sehr wertvolle Erfahrungen. «Im direkten Kontakt mit den betagten Menschen und den Kindern lerne ich ihre Bedürfnisse kennen. Das ist hilfreich bei einem Ernstfall, etwa, wenn ein Altersheim oder ein Kindergarten evakuiert und die Menschen dann betreut werden müssen», erklärt der 23-Jährige. 

Dem Fachdienst Betreuung der ZSO Trachselwald Plus gehören zirka 35 Männer an. Insgesamt zählt die Zivilschutzorganisation rund 260 Personen. Mit etwa 30 Einsätzen jährlich schulen die Betreuer ihre Fähigkeiten im Umgang mit verschiedenen Bevölkerungsgruppen. «Dies geschieht bereits im Grund- und Fachkurs, wo nicht nur Theorie vermittelt, sondern auch praktisch geübt wird», sagt Carmen Zuber, Verwaltungsangestellte auf der Geschäftsstelle. Während der WK-Wochen werde dieses Wissen weiter vertieft. 

Gewappnet für längere Dienste

«Letztes Jahr haben wir das Übungsfeld des Betreuungsdienstes erweitert», erklärt Reto Stalder, Informationsverantwortlicher der ZSO Trachselwald Plus. Nebst den Einsätzen in Alters- und Pflegeheimen werde nun auch der Umgang mit Kindern sowie mit Menschen mit einer körperlichen, geistigen oder psychischen Beeinträchtigung geübt. Dies sei wichtig, damit der Zivilschutz gerüstet sei für den Ernstfall. Anders als die Ersteinsatzkräfte wie Polizei und Feuerwehr ist der Zivilschutz nicht als erstes auf dem Platz. «Wir folgen meist einige Stunden nach dem eigentlichen Ereignis», führt Stalder aus. Ihre Aufgabe sei es, die Ersteinsatzkräfte zu verstärken und abzulösen. Dies könne zum Beispiel bei einer grösseren Evakuation der Fall sein. Der Zivilschutz bleibe dann, wenn nötig, über längere Zeit im Dienst, ergänzt er und nennt ein Beispiel: «Wenn Menschen nach einer Überschwemmung oder einem Brand nicht mehr in ihre Häuser zurückkehren können und einige Tage in einer Turnhalle betreut werden müssen, kommt der Fachdienst Betreuung zum Einsatz.» 

Einsätze während der Pandemie

Ein weiteres Beispiel ist die Corona-Pandemie. Da hätten sie die Zutrittskontrolle in Altersheimen übernommen und den Mahlzeitendienst der Spitex bei der Essensverteilung unterstützt, sagt Reto Stalder. «Gerade bei Letzterem war es hilfreich, wenn jemand bereits Erfahrung im Umgang mit betagten Menschen hatte und zum Beispiel noch half, eine Wasserflasche zu öffnen.»

Schutzsuchende Menschen betreuen

Die Betreuer des Zivilschutzes sorgen bei einer Katastrophe oder in einer Notlage für das Wohlergehen von schutzsuchenden Menschen. Sie stellen etwa die Verpflegung, das Duschen, das Waschen der Kleidung und weitere lebensnotwendig Dinge sicher. 

Ein Betreuer absolviert die allgemeine Zivilschutz-Grundausbildung. Danach folgt die funktionsbezogene Ausbildung. Geschult wird der ganze Betreuungsablauf: vom Einrichten der Sammelstelle mit der Registrierung übers Reichen einer warmen Wolldecke bis hin zum Betrieb einer eingerichteten Betreuungsstelle. Die Ausbildung thematisiert ebenfalls unterschiedliche Arten von Behinderungen und die daraus resultierenden Bedürfnisse. Die Betreuer begleiten etwa einen blinden Menschen, werden am Rollstuhl ausgebildet oder haben Kontakt mit einer tauben Person.


Quelle: Zeitschrift «Bevölkerungsschutz» des Bundesamts für Bevölkerungsschutz 07/2016.

15.07.2021 :: Silvia Wullschläger (sws)