Geflüchtete Menschen lernen zum Beispiel das Alpleben mit seinen Bewohnern kennen. / Bild: zvg
Emmental: Der Verein Kariim hat sich auf die Fahne geschrieben, jungen, geflüchteten Menschen Ferien zu ermöglichen und ihnen die Schweiz zu zeigen. Die Nachfrage wächst stetig.
Am Lagerfeuer sitzen, Fussball spielen, im Seilpark klettern oder einem Käser zuschauen – das sind alles Ferienaktivitäten, die den Kopf lüften und den Blick öffnen. Der Verein Kariim setzt sich dafür ein, jungen Menschen, die in der Region Emmental leben und ohne Familie in die Schweiz geflüchtet sind, eine Auszeit vom Leben als Asylantragsstellende zu ermöglichen. Aus dem Stand organisierte die Burgdorfer Lehrerin Sarah von Gunten im Jahr 2019 ein Ferienlager für junge Geflüchtete. Von Gunten hatte im Asylzentrum Schafhausen als ehrenamtliche Helferin Deutschkurse gegeben. Im Gespräch mit jungen Menschen im Asylzentrum wurde ihr bewusst, dass die Ferienzeiten für die Bewohnenden belastend sind: «In den Zeiten, in denen keine Kurse und Angebote laufen, fehlt es an Tagesstruktur und neuen Eindrücken.» So organisierte Sarah von Gunten mit Freunden eine Woche Ferienlager für 20 Personen und fand dazu ein ehemaliges Schulhaus in Beatenberg. Eine Schifffahrt auf dem Thunersee, Wanderungen, der Seilpark auf dem Niederhorn und Weiteres gehörten zum Programm. Gekocht wurde im Wechsel, mal Speisen aus den Herkunftsländern, mal schweizerisch.
Von Hand melken kein Problem
Im Jahr 2020 ging es nach St. Stephan ins Simmental. Nun waren es schon 30 Teilnehmende und zehn Schweizer Begleitende. Ihr Ziel: «Jeder soll sich wohlfühlen, niemand darf am Rande stehen!» Wichtig sei ihnen auch, die Schweizer Kultur näherzubringen. «Zunächst hatte eine Älpler-Familie Bedenken, ob eine Führung durch die Käserei klappen würde – mit so vielen Fremden», erzählt Sarah von Gunten und schmunzelt. Dann hätten sie eingewilligt und sich viel Zeit genommen. Beim Besuch im Stall kam heraus, dass die Menschen aus Eritrea kein Problem damit haben, eine Kuh per Hand zu melken. «Einzig bei der Besamung entfachte sich eine Diskussion.» Bei ihnen dürfe nach einem Stierkampf der Stärkste die Kuh beglücken, erzählten sie. Es sei wunderschön gewesen zu beobachten, wie sich die beiden Kulturen getroffen haben, freut sich die Organisatorin. Gespräche gebe es viele: Um die Gewürze, wie lange man was kocht, wer die Küche putzt oder ob es sinnvoll ist, wenn die Eltern den Ehepartner oder die Partnerin auswählen. «Die Diskussionen sind oft temperamentvoll, aber freundschaftlich und voller Respekt.» Vor dem Ferienlager 2021 wurde klar, dass sie einen Verein gründen und einen Auftritt nach aussen brauchen. Die Website www.kariim.ch (Kariim bedeutet auf arabisch gastfreundlich) baute ein Freund aus dem Jemen. Der Verein mit dem Vorstand Freweiny Welday, Jael Blaser, Christa Grütter, Debora Moser, Sarah von Gunten, Mohammed Ghaleb, Daniel Peter und Dan Marmet war schnell gegründet. Die letzten beiden Ferienlager kosteten rund 10´000 Franken, die mit kirchlichen und privaten Spenden bestritten wurden. Dieses Jahr geht es im Juli nach Weggis. Die rund 16´000 Franken für die 37 Feriengäste mit acht Betreuenden und fünf Personen in der Küche kommen auch vom Rotary-Club. «Ich bekam schnell eine positive Antwort auf meine Anfrage», freut sich Sarah von Gunten. Die Tour auf die Rigi inklusive Mittagessen werde vom Rotary-Club übernommen.
Einfach mal durchatmen
Was sie als Erinnerung im Herzen mitnehme, sei kaum in Worte zu fassen. Die meisten der Schützlinge haben eine schwere Last zu tragen. Einfach mal zu sein und durchzuatmen, sei für sie von unschätzbarem Wert. Viele für uns unglaubliche Geschichten aus ihrem Leben werden erzählt. «Das Vertrauen ehrt uns», sagt Sarah von Gunten mit Nachdruck. «Es macht unheimlich Spass, diesen jungen Menschen unsere schöne Schweiz zu zeigen!» Deshalb plant «Kariim» in naher Zukunft auch Tagesanlässe.