Fehlende Befürworter, lebhafte Diskussion

Fehlende Befürworter, lebhafte Diskussion
Den hiesigen Landwirten bereitet ein faktisches Verbot von Futtermittelzukäufen grosse Sorgen. / Bild: Walter Marti (mwl)
Langnau: Die Partei «Die Mitte Oberes Emmental» führte einen Anlass zu den Agrar-Initiativen durch. Die Befürworter waren nicht zu vernehmen. Diskutiert wurde trotzdem angeregt.

Rund 50 Personen versammelten sich in der Kupferschmiede Langnau, um den Referaten von Markus Ritter, Nationalrat der Mitte und Präsident des Schweizer Bauernverbandes, sowie Kilian Baumann, Nationalrat der Grünen, zuzuhören. Letzterer zog aber seine Zusage wegen bedrohender Vorkommnisse im Abstimmungskampf zurück und war auch nicht für eine Teilnahme per Videoschaltung zu gewinnen. Ein Ersatz aus der Bundeshausfraktion der Grünen konnte nicht gefunden werden. Ritter hatte somit freies Feld zu erklären, wieso die beiden Agrar-Volksinitiativen «Für sauberes Trinkwasser» und «Verbot von synthetischen Pestiziden» abzulehnen seien.


«Hart, aber fair diskutieren»

Jürg Rothenbühler, Präsident der organisierenden Partei «Die Mitte Oberes Emmental» forderte alle Anwesenden gleich zu Beginn der Veranstaltung auf, hart aber fair und sachlich zu diskutieren. Persönliche Angriffe, Vandalenakte oder gar Bedrohungen seien inakzeptabel und einer Demokratie unwürdig.

Die Inhalte von Markus Ritters Vortrag deckten sich mit den Botschaften der Gegner der beiden Initiativen im Abstimmungsbüchlein zur Volksabstimmung vom 13. Juni. Dem Bauernpräsidenten gehen beide Initiativen zu weit. Die Landwirtschaftsbetriebe würden in Zukunft weniger Lebensmittel produzieren, was zu mehr Importen und zusätzlichen Umweltbelastungen im Ausland führen würde. Zudem würden die Lebensmittelpreise steigen. Für die Landwirte seien die gesetzlichen Vorgaben periodisch verschärft worden. Das werde auch in Zukunft passieren.


«Auf dem richtigen Weg»

«Wir sind auf dem richtigen Weg. Massvolle, machbare Anpassungen werden die Umweltbelastungen reduzieren und die Bauernbetriebe, Arbeitsplätze in der Wertschöpfungskette und den Lebensmittelselbstversorgungsgrad nicht übermässig gefährden», betonte der Agrarpolitiker und Biobauer. Wissenschaftliche Studien hätten gezeigt, dass sich bei einer Annahme der beiden Initiativen die Ökologie, das Soziale (höhere Lebensmittelpreise)  und die Nachhaltigkeit per Saldo verschlechtern würden. «Zu radikal, nicht umsetzbar, kontraproduktiv», lautete das Fazit des Referenten. Deshalb habe Bundesrat, Parlament und dabei auch die Partei «die Mitte» diese abgelehnt.


Was tun ohne Futtermittelzukäufe? 

Wortmeldungen von der Gegnerseite der beiden Initiativen gab es insbesondere zur Streichung der Subventionen bei Futtermittelzukäufen für den eigenen Betrieb. «Das bedeutet das Ende von regionalen Geflügel- und Schweinemästereien, sowie der Eierproduktion und erfüllt mich mit Sorge», stellte ein Votant fest. Das gelte auch bei Trockenheit oder spätem Frühling, mit negativen Folgen für die Versorgungssicherheit der Bevölkerung. 


«Aufeinander zugehen»

Befürwortende Stimmen zu den Agrar-Initiativen waren keine zu vernehmen. Eine Teilnehmerin bedauerte, dass das Parlament keine Gegenvorschläge zu den Initiativen ausgearbeitet habe. Ein Senior gab der Hoffnung Ausdruck, dass die beiden Lager aufeinander zugehen würden, um eine umweltfreundliche Landwirtschaft weiterzuentwickeln, damit seine Enkelkinder eine gute Zukunft in einer intakten Umwelt haben würden. «Konsumentinnen und Konsumenten haben es auch ohne gesetzliche Regelungen in der Hand, einen Beitrag zur Umwelt und Gesundheit zu leisten, indem sie regionale und saisonale Bioprodukte kaufen», folgerte ein Landwirt aus dem oberen Emmental.

03.06.2021 :: Walter Marti (mwl)