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«Ich habe dem Haus seine Würde zurückgegeben, nun lasse ich es los»

«Ich habe dem Haus seine Würde  zurückgegeben, nun lasse ich es los»
Heinz Stucki hat die «Sonne» nach dem Brand aussen renoviert und verkauft die Liegenschaft nun. / Bild: zvg
Grosshöchstetten: Die «Sonne» steht zum Verkauf. Besitzer Heinz Stucki gibt den Traum vom Museumsgasthof auf. An Elan und Ideen fehlte es ihm nicht, jedoch an Unterstützung.

Es war ein abruptes Ende für Wirt Heinz Stucki, als sein Gasthof am 18. Januar 2016 brannte. Der Dachstock wurde zerstört und das Löschwasser richtete grosse Schäden an. Die «Sonne» ist seitdem geschlossen – und dürfte es auch bleiben. Stucki hat die Liegenschaft für 1,675 Millionen Franken zum Verkauf ausgeschrieben. So einfach und nüchtern, wie das jetzt tönt, ist es für ihn aber nicht, denn er fühlt sich mit dem Haus stark verbunden. Vor 26 Jahren übernahm er den Betrieb von seinem Onkel in fünfter Generation. Der Küche schenkte er dieselbe Aufmerksamkeit wie der Geschichte des 1748 erstellten Hauses. Unzählige historische Gegenstände, etwa eine alte Kaffeemühle oder eine Spielzeugküche, konnten die Gäste bewundern. Serviert wurden die Speisen auf handgemachtem Langnauer Geschirr.


Aus der Traum

Der Brand vor über fünf Jahren war zwar ein Schicksalsschlag, doch aufgeben kam für Heinz Stucki nicht in Frage. Kaum hatte sich der Rauch verzogen, schmiedete er Pläne, auf dass die «Sonne» bald wieder aufgehe. In Zusammenarbeit mit der Denkmalpflege liess er vom Keller über die Fassade bis zum Dach alles sanieren. Er beabsichtigte eine Stiftung zu gründen und einen Museumsgasthof zu eröffnen. «Das war meine Vision, mein Traum», sagt der Gastronom. Dafür hat er sich eingesetzt, rief eine Ziegelpatenschaft ins Leben, versuchte Gönner zu gewinnen, um seinen Herzenswunsch zu realisieren. «Zu träumen, ist etwas Schönes, doch man kann sich auch darin verlieren», meint er heute. Es sei ihm nicht gelungen, die richtigen Partner zu finden, jedoch allen dankbar, die ihn unterstützt hätten. 


«Ich bereue nichts»

Für die Sanierungsarbeiten investierte Stucki gut zwei Millionen Franken, wobei die Brandversicherung 1,8 Millionen übernahm. «Ich habe nun  eine Million Franken Hypothekarschulden und müsste nun für den Innenausbau und die Technik nochmal dieselbe Summe aufbringen.» Dazu komme der Erhalt der Liegenschaft, der pro Jahr 50´000 Franken koste. So weiterzumachen, komme nicht gut; in neun Jahren werde er pensioniert. «Ich habe alles probiert, es ist nicht gelungen. Scheitern gehört zum Leben.» Er bereue keinen Franken, den er investiert habe, freue sich an allem Schönen, das habe realisiert werden können. Etwa eine Malerei, die im blauen Zimmer restauriert wurde. «Ich habe das Haus aufgepäppelt, ihm seine Würde zurückgegeben; nun kann ich es loslassen.» 

Heinz Stucki hofft, einen Käufer zu finden, der seine Freude hat an einem Biedermeierhaus. Ob es wieder ein Gasthof werden wird, daran zweifelt der Gastronom. Eher werde es wohl als Wohn- und Geschäftshaus genutzt. Zurück zu seinen Wurzeln, sozusagen. Denn vor 1834 – als für die «Sonne» das Wirtschaftspatent gelöst wurde – war das Gebäude ein Wohnhaus mit Laden. «Verkauft wurden allerlei Lebensmittel und Tabakwaren, aber auch Haushaltgegenstände, wie ich in einem Krämerbuch von 1795 gesehen habe», erzählt Stucki.  


Die Sammlung behalten

Festhalten will Heinz Stucki an seiner Sammlung, die an mehreren Orten eingelagert ist. Er erzählt von den Brezeli- und Waffeleisen, das älteste von 1418, von den 250 Gugelhopfformen, den über 100 Uhren und zwei Paletten Langnauer Geschirr, von Möbelstücken und Gemälden. Vieles war in der «Sonne» ausgestellt oder in Gebrauch. «Ich hatte viel Freude daran und durfte viel Freude weitergeben. Das alles kann ich jetzt nicht einfach verhökern.»

Und wie sieht Heinz Stucki seine persönliche Zukunft? Das Arbeitspensum als Koch im Seminarzentrum Möschberg werde er erhöhen können. Seinen Haupterwerb, kochen in Sportlager, habe er wegen der Corona-Massnahmen verloren. Wohnen wird er weiterhin im Jakobhaus aus dem Jahr 1730, nur 200 Meter von der «Sonne» entfernt. Dafür werde er künftig mehr Zeit haben. Ideen hat er bereits, zum Beispiel mit Gleichgesinnten eine Wohngemeinschaft gründen, den grossen Garten bewirtschaften und sich vorwiegend selbst versorgen. Ob diesmal sein Traum in Erfüllung geht?

12.05.2021 :: Silvia Wullschläger (sws)