Unlängst hat mir eine Begebenheit buchstäblich den Atem geraubt. Eine gute Freundin, nennen wir sie Silke, sah einem runden Geburtstag entgegen. Ihre Freundinnen, also auch ich, beschäftigten sich mit dem Gedanken, sie mit einer Party zu überraschen. Nun bildete sich ein Dreier-Gremium für das Projekt «Silkes Geburtstag». Coronagerechte Formen wie Gartenparty, Garagenfest und Ähnliches wurden diskutiert und mit ansässigen Restaurants wurde besprochen, was an Catering möglich wäre. An ein Fest war aber wegen der Pandemie nicht zu denken. Denn sowohl ihre Verwandten als auch ihre erwachsenen Kinder wohnten in den unterschiedlichsten Regionen. Also verlegten wir uns auf ein grosses Geschenk, das wir machen wollten. Über die Tochter brachten wir in Erfahrung, dass sich Silke ein E-Piano wünscht. Wir hätten eines kaufen können nach einer umfassenden Sammelaktion. Doch wer Silke kannte, wusste, dass die Gute immer sehr klare Vorstellungen hat. Das Risiko, ein falsches Instrument zu kaufen, war uns zu gross. Also beschlossen wir, ihr das Geld zukommen zu lassen. Jetzt hätten wir sammeln können, um ihr ein Geldbündel mit Glückwunschkarte und Blumen zu senden. Fanden wir aber irgendwie doof. Stattdessen beschlossen wir, einen witzigen Brief an die Verwandten und Kinder zu verschicken mit der Bitte, Silke einen Geldbetrag zu überweisen mit dem Verwendungszweck «E-Piano von Herzen». Da könnte ein hübsches Sümmchen zusammenkommen, dachten wir. Die Kontonummer bekamen wir wiederum von der Tochter. Die Briefe waren erst wenige Tage raus, da erfuhren wir von der Schwester, dass Silke von der Aktion erfahren hatte und quasi aus der Haut gefahren sei: Das wären peinliche Bettelbriefe und sie werde blamiert bis auf die Knochen, habe sie sich aufgeregt und forderte nun von uns sofort die Liste mit allen Angeschriebenen. Jeden Einzelnen, ausser die Initiatorinnen, rief sie an, entschuldigte sich für den unheimlichen Blödsinn, von dem sie nichts gewusst habe. Zwei Tage später erhielten alle, die schon überwiesen hatten, ihr Geld zurückgeschickt. Wir als Geburtstags-Gremium sind nachhaltig geschockt, mit unserem Bemühen in diesen irrsinnigen Zeiten einer Freundin zum runden Geburtstag eine Freude zu machen, sind wir voll auf die Fresse gefallen – mit Anlauf in eine tiefe Matschpfütze. Die Freundschaft zu Silke ist vermutlich für immer zerstört. Falls mich mal wieder jemand in ein Geburtstags-Gremium aufnehmen möchte: Eher fange ich an mit den Füssen E-Piano zu spielen.