Spital Wolhusen: Vage Pläne, erste Kritik

Spital Wolhusen: Vage Pläne, erste Kritik
Klar ist seit 2018, wie das Spital Wolhusen aussehen wird, nicht aber welche Leistungen genau angeboten werden sollen. / Bild: zvg
Kanton Luzern: Beim Neubau des Spitals Wolhusen geht es vorwärts. Kantonsräte aus dem Einzugsgebiet befürchten einen Leistungsabbau und machen Druck auf den Regierungsrat.

Das 1972 erstellte Spitalgebäude des Luzerner Kantonsspitals (Luks) in Wolhusen ist sanierungsbedürftig und entspricht nicht mehr den heutigen Anforderungen an einen modernen Spitalbetrieb. 2011 hatte der Luzerner Regierungsrat deshalb einen Neubau beschlossen und 2014 gemeinsam mit dem Luks über den Projektstart für den Neubau und das geplante Leistungsangebot informiert. 2018 folgte ein Studienauftrag und das Siegerprojekt wurde bestimmt.

Leistungsangebot grob definiert 

In der Zwischenzeit habe sich die Situation in der Gesundheitsversorgung stark verändert, hat der Luzerner Regierungsrat vergangene Woche informiert. «Das sehr dynamische und komplexe Umfeld des Gesundheitswesens verlangt nach einer Neuausrichtung der Gesundheits- bzw. Spitalversorgung im Kanton Luzern.» Der  Regierungsrat beauftragt nun den Spitalrat, folgendes Leistungsangebot im geplanten Spitalneubau in Wolhusen sicherzustellen:

* Tagesklinisches Zentrum mit Sprechstunden «in unterschiedlichen Fachgebieten und entsprechenden medizinischen Einrichtungen», wie der Regierungsrat schreibt.  * Notfallangebot rund um die Uhr mit ausgebautem Rettungsdienst.

* Bau einer Rega-Einsatzbasis im Raum Entlebuch/Hinterland (Heli-Landeplatz bleibt vor Ort) 

Orthopädiezentrum mit Schwerpunkt Gelenkersatz.

Ein Rehabilitationszentrum mit Schwerpunkt muskuloskelettale Rehabilitation.

* Betten für stationäre Patientinnen und Patienten, deren Aufenthalt nach einer chirurgischen oder internistischen Behandlung mit dem Personal vor Ort sichergestellt werden kann * Geburtshilfe: Diese soll weiterhin angeboten werden. Das Gesundheits- und Sozialdepartement lasse medizinisch abklären, ob ausschliesslich hebammengeleitete Geburten möglich sind. «Für den Luzerner Regierungsrat hat die Gesundheit von Frau und Kind oberste Priorität. Ziel ist es deshalb, ein Angebot zu schaffen, das den absehbaren Entwicklungen angemessen Rechnung trägt», sagt Regierungsrat Guido Graf, Vorsteher des Gesundheits- und Sozialdepartements.


Hausärzte sollen mitbestimmen

Welche Eingriffe und internistischen Behandlungen sollen auch künftig in Wolhusen möglich sein? Das soll das Luks gemeinsam mit den Hausärztinnen und -ärzten der Region definieren. «So stellen wir sicher, dass die Hausärztinnen und Hausärzte, welche die Bedürfnisse in der Region am besten kennen, mitbestimmen können, was es braucht und was nicht», erklärt Graf. «Das Leistungsangebot hat zum Ziel, den Betrieb des Luks  und damit diese wohnortsnahe Versorgung auch zukünftig sicherstellen zu können.» 

Je ein Schwerpunkt 

Die Angebotsplanung der Luzerner Regierung sieht vor, dass neben dem Luks in Luzern als Zentrumsspital der Zentralschweiz die beiden Spitalstandorte in Wolhusen und in Sursee künftig je einen Schwerpunkt anbieten sollen: das Luks Wolhusen die Orthopädie und Rehabilitation; das Luks Sursee seinerseits die Viszeralchirurgie (Chirurgie des Bauchraumes) mit angegliedertem Adipositaszentrum. Diese Schwerpunkte werden gemäss dem Arzt Ulrich Fricker vom Spitalrat in den laufenden Strategieprozess einfliessen: «Im Rahmen der Umwandlung in eine gemeinnützige Aktiengesellschaft und des Zusammenschlusses mit dem Kantonsspital Nidwalden, Mitte 2021, ist der Spitalrat in Absprache mit den Kantonsregierungen derzeit daran, die Strategie für die neue Spitalgruppe zu erarbeiten.»

Beschwerde führt zu Verzögerung

Das 2018 präsentierte Siegerprojekt «Paimio» werde weiterverfolgt, informiert der Regierungsrat weiter. Das Spitalgebäude in Wolhusen soll wie geplant modular gebaut werden, sodass künftige Anpassungen einfacher realisiert werden können. Die Baubewilligung für das ursprüngliche Bauvorhaben wurde Mitte Februar 2021 durch die Gemeinde Wolhusen erteilt. Mittlerweile ist dagegen eine Beschwerde beim Kantonsgericht eingegangen. «Diese hat aufschiebende Wirkung für das Projekt und verzögert die Planung», hält der Regierungsrat fest. «Bevor die Beschwerden behandelt sind, lassen sich keine gesicherten Aussagen zum weiteren Zeitplan des Projekts machen.» 

Rega-Basis geplant 

Die Rega möchte die notfallmedizinische Versorgung in der Region Entlebuch/Hinterland verbessern. Das Projekt «Rega-Basis Entlebuch» sieht den Bau einer Einsatzbasis vor. Zusätzlich zum Rettungshelikopter könnte dort bei Bedarf ein sogenanntes Notarzteinsatzfahrzeug stationiert werden. Damit kann der Rega-Notarzt auch dann ausrücken, wenn schlechte Wetterbedingungen einen Helikoptereinsatz verunmöglichen oder wenn der Einsatzort im unmittelbaren Umfeld der Basis liegt. Die Rega-Basen in den Kantonen Glarus und Uri verfügen bereits über Notarzteinsatzfahrzeuge, welche sich sehr bewährten. Ernst Kohler, CEO und Vorsitzender der Geschäftsleitung der Rega, sagt: «Eine Basis im Entlebuch wäre ein sinnvoller Mosaikstein, um die flächendeckende medizinische Grundversorgung aus der Luft weiter zu verbessern.» In einem ersten Schritt geht es nun darum, gemeinsam mit dem Kanton mögliche Standorte für eine Einsatzbasis zu evaluieren und mit Hilfe von Machbarkeitsstudien zu prüfen, ob die Standorte die vorgeschriebenen Anforderungen erfüllen.

«Das Spital ist auch als Ausbildungsort sehr wichtig»

Eine Gruppe von Kantonsrätinnen und Kantonsräten hat sich mit dem Schreiben «Getrübte Freude über Spitalneubau in Wolhusen» an die Medien gewandt. Vroni Thalmann, SVP-Kantonsrätin und Gemeinderätin aus Flühli, gehört der sechsköpfigen, überparteilichen Gruppe an.


Vroni Thalmann, wann waren Sie zum letzten Mal im Spital in Wolhusen? 

Gerade heute. Ich habe jemanden zu einer Untersuchung ins Spital nach Wolhusen begleitet. 


Wie lange dauert die Fahrt von Flühli nach Wolhusen? 

40 Minuten muss man schon rechnen. 


Wie lange wären Sie nach Luzern unterwegs?

Sicher eine Stunde und je nach Stau noch länger.  


Befürchten Sie, dass Sie künftig für viele Behandlungen nach Luzern reisen müssen? 

Der Regierungsrat hat zwar noch nicht konkret erklärt, welche Leistungen künftig noch in Wolhusen angeboten werden sollen. Aber zwischen den Zeilen ist zu lesen, dass an einigen Stellen abgebaut werden soll.   


Zum Beispiel?

Es sollen nur noch natürliche Geburten möglich sein. Da geht doch keine werdende Mutter nach Wolhusen, wenn sie befürchten muss, dass sie bei einem Not-Kaiserschnitt erst nach Luzern verlegt werden muss. Zudem ist aus meiner Sicht der Betrieb eines Akutspitals für das weitläufige Einzugsgebiet schlicht unabdingbar.


Aber eine Spezialisierung, Wolhusen soll zum Schwerpunkt für Orthopädie und Rehabilitation werden, macht doch Sinn.

Gegen diese Spezialisierung bei den geplanten Eingriffen wehren wir uns nicht. Das Spital Wolhusen macht hervorragende Arbeit, auch als Aus- und Weiterbildungsstätte. Beispielsweise absolvieren Assistenzärzte aus dem Spital in den Hausarztpraxen Praktikas. Das ist sehr wichtig, um künftige Hausärzte zu finden. In Flühli beispielsweise hat die Arztpraxis immer noch Probleme, genügend Hausärzte zu finden. Assistenzärzte kommen sehr gerne nach Flühli, weil sie dort im Winter auch die Notfälle aus den Skigebiet versorgen können. 


Die Hausärzte der Region sollen laut dem Regierungsrat mitbestimmen können, welche Leistungen künftig am Spital Wolhusen angeboten werden sollen.  

Wir werden genau hinschauen, ob die Hausärzte wirklich mitbestimmen können oder ob am Ende doch rein finanzielle Kriterien zählen. Ein so gutes Netzwerk zu gefährden, ist für mich einfach nicht nachvollziehbar. Mit einem reinen Operationszentrum geht viel mehr verloren, als dass Gewinne maximiert werden könnten. 


Vor rund 15 Jahren wollte der Regierungsrat das Spital Wolhusen ganz schliessen, was am Ende mit einer IG Pro Spital Wolhusen verhindert wurde. Wie gehen sie nun gegen den befürchteten Leistungsabbau vor?

Der Rückhalt des Spitals in der Bevölkerung ist sehr gross. Daher werden wir diese IG wieder ins Leben rufen und mit politischen Instrumenten im Kantonsrat überparteilich und überregional aktiv werden.


Was ist Ihr nächster Schritt?

Als Erstes reiche ich gemeinsam mit anderen Kantonsräten beim Regierungsrat eine Anfrage ein, um zu erfahren, was er wirklich für die beiden Spitäler Wolhusen und Sursee angedacht hat. Bislang ist ja alles noch sehr vage formuliert. Wenn wir die Antworten kennen, sehen wir weiter.  

Zur Behandlung ins Regionalspital Langnau

Vor allem für Menschen, welche nahe der Kantonsgrenze leben, ist nebst dem Luzerner Kantonsspital (Luks) Wolhusen auch das Spital Emmental eine wichtige Gesundheitseinrichtung, wie aus einer entsprechenden Statitik des Spitals Emmental hervorgeht. 2019 und 2020 liessen sich jeweils rund 100 Patienten im Spital Emmental behandeln. «Es handelt sich hierbei um stationäre Patientinnen und Patienten, welche in Langnau wie auch am Standort Burgdorf versorgt wurden», ist bei der Kommunikationsabteilung des Spitals zu erfahren. Rund zwei Drittel davon sind als Notfall ins Spital Emmental eingetreten, der Rest liess dort einen geplanten Eingriff vornehmen. Berücksichtigt man auch die Einsätze des Rettungsdienstes, bei denen die erkrankten oder verunfallten Personen das Spital Emmental nach einer kurzen Untersuchung respektive Behandlung wieder verlassen konnten (also nicht stationär behandelt wurden), nahmen in den letzten Jahren jeweils um 130 Personen aus dem Kanton Luzern die Dienste des Spitals Emmental in Anspruch. Die meisten stammen aus Wiggen, Escholzmatt wie auch aus Marbach.

25.03.2021 :: Bruno Zürcher (zue)