Der Hirsmändigsbote Guido Bucher sass für einmal in der Stube – ein Blatt vor den Mund nahm er in seinen Versen trotzdem nicht. / Bild: zvg
Flühli: Obwohl der Hirsmändig im Waldemmental abgesagt wurde, einen Hirsmändigsbrief gab es trotzdem. Der Bote setzte sich nicht aufs Ross, sondern
vor die Kamera.
Der Hirsmändig ist der Höhepunkt der Fasnacht im Waldemmental. Doch in diesem Corona-Jahr ist alles anders. Die Ernte ist zwar eingefahren; Hirse gibt es genügend. Aufgrund der aktuellen Situation mit Covid-19 erachtete es die Hirsmändigs-Gesellschaft aber nicht als sinnvoll, den Boten auf dem Dorfplatz in Flühli einreiten zu lassen, wo jeweils viel Publikum zusammenkommt. Zum Trost und weil Lachen gesund sei, versprach sie aber eine Überraschung in digitaler Form.
Pünktlich zum Elf-Uhr-Schlag der Glocken im Kirchturm Flühli blendet die Kamera den Hirsmändigsboten auf seinem Pferd Lorento ein. Begleitet vom Klang der Trychler, die aber nirgends zu sehen sind, reitet er an der Scheune Gmünden vorbei. Dort bleibt das Pferd stehen. Der Hirsmändigsbote nimmt den Hirsmändigsbrief zur Hand und beginnt zu lesen: «Der Hirsmändig findet heute definitiv nicht statt. Das cheibe Virus hät alles durenand bracht.» Deshalb geniesse er nun Gastrecht bei Pferd Lorento.
Den Brief liest Bote Guido Bucher danach in der warmen Stube vor. Wie jedes Jahr beginnt er mit der grossen Weltpolitik:
Au das Johr muess ich de Trump erwähne. Mängisch muess mer fast Erbarme mit ihm ha. Wie tief sinkt da der mächtigste Maa!
China hat das gschpänstige Wäse produziert. Na dis na händ sich d Lüüt uf em ganze Globus infiziert.
Die Schweiz ist auch betroffen. Im Frühling kam der Lockdown. Die Schulen wurden geschlossen. Der Bundesrat öffnete seine Kassen, erzählt der Bote:
Milliarde het er för Corona-Gschädigte versproche. Plötzlich hät au eine vo de Ärmste im Land de Brate groche. Achtzig Johr sei er alt ond das müesse mir verstah, för sii Läbens-
abend müess er no e Rente ha. Im Jahr 2020 isch de Bondesrot nid zbenyde. Är muess Kritike möge verliide. Bi de zwöite Wälle seit mer z Bärn obe, bitteschön, mir überlöhnd jetzt d Entscheidige i de Kantön.
Schon sei es dagewesen, das Durcheinander. Und während man mancherorts an Weihnachten Skifahren konnte, blieben im Kanton Luzern die Pisten geschlossen. Stur blieb die Regierung. Sie liess sich weder durch Theo Schniders Intervention, noch durch das Wiedererwägungsgesuch der Bergbahnen umstimmen. Was soll man da machen? Der Bote hat eine Idee:
Die Bergbahnen Sörenberg sölle allne Langlaufschi ond es Gwehr i d Händ gäh. De chönd Touriste d Jagd vo Luchs und Wolf übernäh.
Zur Klage Anlass gibt auch das Kurhaus Flühli, das so alleine und verlassen dasteht und von dem niemand weiss, wie es mit ihm weitergeht. Nicht weiter ging es auch mit drei Gemeinderäten, die keine Lust mehr zum Regieren hatten.
D CVP, das neue Reich der Mitte, tuet in Sörenbärg vergäbe um e Kandidatur bitte.
Einen frechen Spruch auf Lager hatte der Bote auch für den ehemaligen Präsidenten der Hirsmändigs-Gesellschaft, der auf der Ferien-Rückfahrt im Tessin wegen eines leeren Tanks stehen blieb und auch mit dem wieder aufgefüllten Tank nicht vorwärtskam.
Wie cha das si? Ja, Gregor, das chostet e paar Franke. Me sött halt de richtig Triibstoff tanke.
Nie im Stich gelassen wurde die Hirsmändigs-Gesellschaft vom treuen Ross, das draussen auf seinen Meister wartet und heute seinen 11. Hirsmändigseinsatz leistet. Nun geht Lorento aber in Pension.
Lorento, mir möged dir de Ruhestand gönne. Jetzt müe mir halt luege, ob mir´s s´nächst Johr ohne dich chönne.