Hoffnungsregenbogen

Noah baut auf Gottes Anordnung ein Schiff und überlebt darin eine globale Überschwemmung. Da in der Arche auch von jedem Tier ein Paar aufgenommen worden war, konnte deren Überleben gesichert werden. Am Schluss steht ein Regenbogen. Er fungiert als Zeichen Gottes, dass sich auf der Erde keine zweite Sintflut ereignen werde. Diese biblische Geschichte hat sich mit grosser Sicherheit nicht so zugetragen. Auch als aufgeklärte/r Leser/in wird man sofort Bedenken anmelden: Wie muss man sich dieses Manöver ganz konkret vorstellen? Die Nahrungsvorsorge für Tier und Mensch wäre eine logistische Meisterleistung gewesen. Wie funktionierte die anschliessende Vermehrung der Lebewesen? Die Partner/innenauswahl wäre sowohl für die Menschenfamilie als auch für die jeweils geretteten Tierpaare massiv eingeschränkt gewesen. Wortwörtlich kann man diese Geschichte nicht verstehen. Aufschlussreich aber ist der Vergleich mit altorientalischen Fluterzählungen. Deren Erzählschemata lässt sich in vielerlei Hinsicht mit der biblischen Version vergleichen. Im Gilgamesch-Epos zum Beispiel erzählt der Held Utnapischtim äusserst ähnlich vom Überleben einer Sintflut. Untersucht man dann noch einmal den biblischen Text, stellt man fest, dass diesem nicht nur verschiedene Quellen zugrunde liegen, sondern dass im Laufe der Zeit auch eine redaktionelle Bearbeitung stattgefunden hat. Verlassen wir dieses wissenschaftliche Terrain, denn «wer Farbe von Gemälden kratzt, wird nicht die Kunst verstehen, sondern nackte Leinwand finden» (Norbert Göttler). Und das wäre gerade im Hinblick auf den Regenbogen besonders schade. Ein Regenbogen ist mehr als ein optisches Phänomen, das mit physikalisch-meteorologischem Wissen erklärt werden kann.
Er ist und bleibt ein Hoffnungssymbol. Daran will ich nicht kratzen.

07.01.2021 :: Susanne Kühni (ksl)