«Es macht Spass, auf dem Eis zu stehen, wenn es wichtig wird»

«Es macht Spass, auf dem Eis zu  stehen, wenn es wichtig wird»
Flavio Schmutz kann sich, dank seines Auslandaufenthaltes, mit Rikard Franzén auf Schwedisch unterhalten. / Bild: Peter Eggimann (ped)
SCL Tigers: Flavio Schmutz wechselte nach Langnau, um mehr Verantwortung übernehmen zu können. Der 26-Jährige erklärt, weshalb er diesen Schritt bis jetzt nicht bereut.

Dass die SCL Tigers ihre Transferaktivitäten im Frühjahr wegen Corona einstellten, hatte für Flavio Schmutz keine Auswirkungen mehr. Der Ostschweizer hatte seinen Zweijahresvertrag im Emmental bereits Mitte Januar, also kurz vor Ausbruch der Krise, unterschrieben. Nach fünf Jahren bei Fribourg-Gottéron war es für ihn Zeit für eine Luftveränderung. «Ich hatte wirklich eine super Zeit dort und konnte viel lernen. Doch nun wollte ich den nächsten Schritt machen», sagt der 26-Jährige rückblickend. «Ich suchte eine etwas offensivere Rolle und die habe ich in Langnau bekommen. Ich bin sehr happy, wie es bis jetzt läuft. Der Wechsel war ein guter Entscheid für mich.»

Das dürften die Klub-Verantwortlichen ähnlich sehen. Bei Trainer Rikard Franzén steht der Center hoch im Kurs, er bekommt am drittmeisten Eiszeit aller Stürmer und spielt am zweitmeisten Bullys. Die Linie mit ihm, Namensvetter Julian Schmutz und Jules Sturny ist einer der bisherigen Lichtblicke in dieser herausfordernden Saison. «Wir drei waren in der Vorbereitung vom ersten Tag an zusammen und es hat sofort wunderbar funktioniert», so der in Nähe von Weinfelden (TG) aufgewachsene Angreifer. «Nach dem Saisonstart sind wir zwar ein bisschen in ein Loch gefallen, seit der Corona-Pause funktioniert es aber wieder sehr gut und wir schiessen auch wieder Tore.» Nach «nur» elf Treffern in 237 Spielen für Fribourg, stehen bei ihm persönlich nach elf Partien zwei Tore und ebenso vielen Vorlagen zu Buche. «Es macht Spass, wenn du einen Match mitentscheiden kannst und auf dem Eis stehst, wenn es wichtig wird», sagt er.

 

Wertvolle Ausbildung in Schweden

Um Eishockey-Profi zu werden, hat Flavio Schmutz schon früh einiges auf sich genommen. Mit 16 zog er auf eigene Faust nach Schweden, um von den dort hervorragenden Ausbildungsbedingungen im Juniorenhockey zu profitieren. In Västeras, rund 100 Kilometer westlich von Stockholm, lernte er während drei Jahren, sich gegen starke Konkurrenz durchzusetzen. Ein Weg, den er bis heute nie bereut hat. Gleichzeitig durchlief er mehrere Nachwuchsstufen der Schweizer Nationalmannschaft. Zurück in der Schweiz erhielt er bei den Rapperswil-Jona Lakers seinen ersten Profi-Vertrag. Durch Verletzungen zurückgeworfen, gelang ihm der Durchbruch aber nicht auf Anhieb, sondern erst später, eben in Fribourg.

Der Wechsel zu Langnau war für den Fan von Arsenal London nicht nur wegen der neuen Rolle gewöhnungsbedürftig. Auch der alte und der neue Trainer hätten unterschiedlicher kaum sein können. «Christian Dubé in Fribourg war sehr emotional und manchmal auch recht laut, Richard Franzén dagegen ist ruhiger und sucht eher das Einzelgespräch», so Schmutz, der betont, mit beiden Führungsstilen zurechtzukommen, es seien halt andere Kulturen.

 

«Man muss extrem flexibel sein»

 Auch landschaftlich gesehen bereitete dem Wirtschaftsstudenten der Wechsel vom städtischen Fribourg ins beschauliche Emmental keinerlei Probleme. «Ich gehöre aufs Land, schliesslich bin ich im Thurgau schon so aufgewachsen. Ich geniesse die Gegend jeden Tag, wenn ich ins Training fahre.» Ansonsten erkundet er die neue Heimat am liebsten mit dem Mountainbike. «Hügel gibt es dafür ja genügend hier», sagt er mit einem Lachen. Wohnen tut Schmutz nicht, wie die meisten anderen auswärtigen Spieler, in Langnau, sondern in Konolfingen. Der Grund? «Meine Freundin arbeitet in Bern, deshalb haben wir etwas auf halbem Weg gesucht.»

Die grösste Herausforderung für Schmutz ist derzeit – wenig überraschend – die Ungewissheit aufgrund von Corona. Bereits mehrfach wurden kurzfristig Partien – zuletzt das Heimspiel gegen Davos – verschoben. «Du baust in dir die ganze Woche eine Spannung auf und dann heisst es, dass der Match nicht stattfindet. Das ist nicht einfach, man muss schon extrem flexibel sein.» Beklagen will er sich aber keinesfalls. «Es ist schön, dass wir unseren Beruf überhaupt noch ausüben dürfen und versucht wird, die Meisterschaft durchzubringen. Dafür bin ich dankbar.»

26.11.2020 :: Christoph Schär (css)