«Es hat noch Potenzial für viel mehr Wärme aus Holz»

«Es hat noch Potenzial für viel mehr Wärme aus Holz»
Blick in eine Brennkammer, in der Holzschnitzel verfeuert werden. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Emmental/Entlebuch: Mehrere Stürme und der Borkenkäfer ­haben dafür gesorgt, dass viel Holz von minderer Qualität ­anfällt. Das Angebot übersteigt derzeit den Absatz klar.

«Der Langnauer Wärmeverbund wird mit auswärtigem Holz beheizt.» Dieses Gerücht machte kürzlich in Langnau die Runde und führte dazu, dass sich Gemeindepräsident Walter Sutter genötigt sah, der Sache nachzugehen. «Daran stimmt überhaupt nichts», hielt er vergangene Woche gegenüber den Mitgliedern des Gemeindeparlaments fest. 

Bei der Zentrale der Heizung fahren regelmässig Fahrzeuge der Firma Abbühl Holzschnitzel AG aus Eggiwil vor. Er habe von dem Gerücht gehört, meint Firmeninhaber Fritz Abbühl. «Derzeit stammen die Schnitzel für Langnau aus Trub. Diese von auswärts hierher zu transportieren, würde auch gar keinen Sinn machen. Es hat hier genügend Holz.» 

Zu Beginn erntete er Kopfschütteln

Vor 35 Jahren hat Abbühl angefangen, aus Holz Schnitzel herzustellen und diese an Heizungen zu liefern. Am Anfang hätten einige den Kopf geschüttelt ob dieser neuen Art von Brennholz, erinnert er sich. Heute produziert die Abbühl Holzschnitzel AG pro Jahr rund 85’000 Kubikmeter Holzschnitzel. Meist ist die Firma im Emmental tätig, verarbeitet aber im Auftrag auch auswärts Holz zu Schnitzeln. «Wir beliefern beispielsweise auch Heizungen in Schlosswil oder Boll», führt Fritz Abbühl aus. «Wenn es in der Nähe nicht genügend Holz hat, nehmen wir manchmal gleich Schnitzel aus dem Emmental mit.» 

Wegen Stürmen und des Borkenkäfers sei das Holzangebot derzeit gross, sagt Fritz Abbühl. «Wir haben auch an verschiedenen Orten Depots angelegt. Die Beigen werden abgedeckt, damit das Holz nicht ständig nass wird. Momentan haben wir sicher 2000 Kubikmeter Holz, was am Ende rund 5600 Kubikmeter Schnitzel ergeben wird.» Weil der Oktober nicht so warm wie in den letzten Jahren gewesen ist, seien in den Heizzentralen bereits mehr Schnitzel verbraucht worden, bilanziert Fritz Abbühl. 

Dass trotz des eher kühleren Herbstwetters viel Energieholz in den hiesigen Wäldern lagert, bestätigt Madeleine Ammann. Sie ist seit Oktober Geschäftsführerin der Holz Region Kiesental GmbH. Die Situa-tion habe sich dadurch verschärft, dass vo-rübergehend weniger Holz minderwertiger Qualität zur Herstellung von Spanplatten habe geliefert werden können. Gleichzeitig sei in den letzten Jahren viel Holz angefallen, das vom Borkenkäfer befallen war, sagt Madeleine Ammann. «Viele Waldbesitzer sind froh, wenn das Holz einfach wegkommt. Daher ist es natürlich positiv, wenn neue Wärmeverbunde wie jener in Walkringen realisiert werden.» 

Menge wird nicht sinken

«In naher Zukunft wird die Menge an Energieholz kaum sinken», sagt Beat Zaugg von der Emmentaler Wald und Holz GmbH.  Zum einen falle bei den Zwangsnutzungen wegen des Borkenkäfers viel Energieholz an. Vor allem im Mittelland, wo die Käferbekämpfung vom Kanton finanziell nicht unterstützt werde, sei es schwierig für den Waldbesitzer, eine kostendeckende Lösung zu finden. Die Emmentaler Wald und Holz GmbH versorgt drei Wärmeverbunde der Region mit jährlich 13’000 Kubikmeter Schnitzeln. «Zum andern verlangen die Sägereien nach gutem Holz – daher bleiben wegen der aktuellen Holzmarktlagen mit tiefen Preisen für die schlechten Sortimente Fichten und Weisstannen minderer Qualität stehen und aufwändige Holzschläge in schwierigerem Gelände werden hinausgeschoben», sagt Zaugg. «Problematisch da-ran ist, dass nun schon seit drei Jahren immer wieder Holzschläge hinausgezögert werden.»

«Eine Zeit lang hatte man Angst, zu wenig Holz zu haben»

Thomas Müller leitet die Geschäftsstelle von Holzenergie Emmental. Geheizt mit Holz haben die Müllers schon immer – künftig tun sie dies mit Schnitzel. «Wir bauen einen kleinen Wärmeverbund für unser Bauernhaus, das Stöckli und ein benachbartes Gebäude.» 


Herr Müller, in den hiesigen Wäldern hätte es noch Holz, um viele weitere Häuser zu heizen. Werden zu wenige -solche Heizungen installiert?

Holzheizungen haben sicher noch Potenzial, auch wenn der Anteil der mit Holz beheizten Gebäude in letzter Zeit stets zugenommen hat. Schweizweit liegt der Anteil derzeit bei zehn Prozent – unser Ziel ist es, dies zu verdoppeln. 


Täuscht der Eindruck, oder sind derzeit vor allem Wärmepumpen im Trend? 

Die Wärmepumpe ist sicher die Trendheizung im Moment. Sie ist aber fürs Klima nur besser als eine Ölheizung, wenn sie mit Strom aus einer erneuerbaren Energiequelle betrieben wird. Oftmals wird gleichzeitig eine Photovoltaikanlage installiert. Die Versorgung der Wärmepumpe ist aber schwierig; im Januar, wenn der Wärmebedarf am grössten ist, liefert die Photovoltaikanlage nur wenig Energie. Weiter muss man bedenken, dass wir in der waldreichsten Region Europas liegen. 


Hierzulande wurde seit jeher mit Holz geheizt. Wie haben sich die verschiedenen Holzheizungen entwickelt?

Ab 1990 kamen immer mehr Holzschnitzelheizungen auf. Das war ein richtiger Boom. Sie verdrängten immer mehr Stückholzheizungen, weil sie automatisch heizen. Als vor 15 Jahren in Bern eine sehr grosse Anlage für Schnitzel geplant wurde, hatten Forstfachleute sogar Angst, dass es zu wenig Holz haben wird. Sie verlangten, dass diese kleiner realisiert werden soll. Gebaut wurde die Heizung wie ursprünglich geplant – und Holz hat es bis heute längst genug. 


Noch nicht so lange geheizt wird mit -gepresstem Holz, so genannten Pellets. Ihnen haftet die Kritik an, dass nicht regionales Holz verwendet wird. 

Pellets werden meist aus Abfällen der Holzindustrie hergestellt. Es ist richtig, dass hier schweizweit nicht der ganze Bedarf gedeckt werden kann – aktuell sind es 75 Prozent. In Zukunft wäre es sinnvoll, vermehrt Pellets aus Rundholz herzustellen. 


Warum?

Die Wälder der Zukunft werden mehr Laubbäume enthalten, weil diese mit den klimatischen Veränderungen besser zurecht kommen als Fichten und Weisstannen. Das bringt mehr Energieholz: Bei einer Tanne können vom ganzen Baum rund 80 Prozent zum Sägen verwendet werden und 20 Prozent als Brennholz. Bei den Laubbäumen ist es genau umgekehrt, der Energieholzanteil beträgt 80 Prozent. Schön wäre es daher, in unserer Region ein Rundholzpelletierwerk aufbauen zu können, so hätten wir vor Ort einen Absatzkanal für minderwertiges Holz! 

05.11.2020 :: Bruno Zürcher (zue)