Beat Weber gibt Jeremias Gotthelf seine religiöse Stimme zurück

Beat Weber gibt Jeremias Gotthelf seine religiöse Stimme zurück
Das neue Buch von Beat Weber.
Emmental: Beat Weber, ehemaliger Pfarrer von Linden, hat über Jeremias Gotthelf ein Buch geschrieben. Mit seiner Veröffentlichung will er Gotthelfs religiöse Anliegen zu Wort kommen lassen.

Die Geschichten und Schriften von Jeremias Gotthelf beziehungsweise von Pfarrer Albert Bitzius (1797 bis 1854) sind zahlreich. Und auch über den umtriebigen Emmentaler Autor wurde schon viel geschrieben. Nun hat der langjährige Pfarrer von Linden, Beat Weber, ein Buch geschrieben, welches das christliche Anliegen Gotthelfs in den Vordergrund rückt. Der 1955 geborene Autor kam in den 1980er-Jahren mit den Erzählungen Gotthelfs in Kontakt. «Als junge Familie verbrachten wir wiederholt Ferien im Emmental, genauer in Lützelflüh-Waldhaus; dort las mir meine Frau abends aus den Werken Gotthelfs vor», so Weber. 1994 trat der aus Basel stammende und promovierte Theologe dann in der Gemeinde Linden seine Pfarrstelle an. Diese behielt er bis zur Pensionierung 2016. Es war insbesondere diese Zeit, die durch Gotthelf geprägt wurde. Weber sagt dazu: «Ich wollte meine Predigten einfach halten, damit sie für die Leute verständlich sind. Also habe ich Worte von Gotthelf eingebunden.» Sein eben veröffentlichtes Buch ist zu grossen Teilen darauf zurückzuführen.

Jeremias Gotthelf als Dichter-Pfarrer

Was aber ist das Besondere an Webers Buch? Wer ist dieser «andere» Gotthelf und wie kommt er «neu» zu Wort, wie der Buchtitel verspricht? Weber erläutert: «Mancherlei wird mit Gotthelf in Verbindung gebracht. So gibt es Gotthelftheaterspiele, Gotthelffilme, Gotthelfkäse und anderes mehr. Dabei wird Gotthelf häufig auf das Volkstümliche und die Unterhaltung reduziert. Sein soziales Anliegen wird zwar da und dort erwähnt, die christliche Werthaltung dagegen oft weggelassen.» Es sei aber gerade die christliche Verkündigung, Unterweisung und Spiritualität, die in seinen Schriften tief verankert sei. Bitzius war und blieb reformierter Pfarrer, der in seinen Erzählungen die Botschaft des Evangeliums literarisch weitergab, erläutert Weber. «Wenn Bitzius sich den Künstlernamen ‹Jeremias Gotthelf› gab, ist das bereits als biblisch-theologisches Programm zu verstehen. Einen solchen Namen gibt man sich nicht ohne Grund.» In der Form des bildhaften Erzählens bringe er den Glauben näher und warne vor einer Gesellschaft und Politik, die angebliche Freiheit ohne Gott propagiere. Die Erzählungen Gotthelfs hätten nichts von ihrer Aktualität eingebüsst. Ganz im Gegenteil, ist Weber überzeugt, sie seien in der heutigen Zeit der gesellschaftlichen und technischen Umbrüche aktueller denn je, habe Gotthelf doch selbst in einschneidenden Umbruchszeiten gelebt.

Ein Buch für ein breites Publikum

Wer nun erwartet, ihm werde eine religiöse Lehre von Pfarrer Bitzius respektive Jeremias Gotthelf vermittelt, wird enttäuscht sein. Das Buch hat kein durchgehendes Thema. Vielmehr handelt es sich bei den zweiundzwanzig Kapiteln um in sich abgeschlossene Einzelbeiträge. Diese können pro-blemlos einzeln gelesen werden und sind, mit zwischen vier und neun Seiten Umfang, inhaltlich gut überblickbar. Der rote Faden ergibt sich durch die christliche Perspektive und die von Gotthelf vorgenommenen Gewichtungen. Dabei lässt Beat Weber Gotthelf häufig selbst zu Wort kommen. Er macht biblische Quervergleiche und versucht, Gotthelfs Anliegen für die heutige Zeit fruchtbar zu machen. 

Trotz historischer Einbettungen, Quellenangaben und Verweisen ist sein Buch einfach gehalten und anschaulich zu lesen. Es eignet sich einerseits zum einfach so darin Schmökern, andererseits auch als Nachschlagewerk zu einzelnen Geschichten und Themen. Fans von Jeremias Gotthelf und theologisch sowie spirituell inte-ressierte Personen kommen sicherlich auf ihre Kosten; darüber hinaus richtet sich das Buch aber explizit an ein breites Publikum. Ein Publikum, dass – so Beat Weber – «hingeführt werden soll, neu auf Gotthelfs Werke und Worte zu hören». Vorkenntnisse werden keine benötigt.

Beat Weber, «Den anderen Jeremias Gotthelf neu zu Wort kommen lassen»; 180 Seiten; Preis: CHF 27.50, ISBN 978-3-906959-39-9; Bezug beim Verlag Mosaicstones (www.mosaicstones.ch) oder im Buchhandel.

08.10.2020 :: Christian Reber (rcs)