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Mit Vielfalt zum Gleichgewicht

Mit Vielfalt zum Gleichgewicht
Auf grossen Flächen lässt Mosimann Gras stehen, schaut aber, dass sich Unkräuter wie Disteln nicht unkontrolliert vermehren. / Bild: Sandra Joder (sjw)
«Serie Pflanzengesundheit»: Auf seinem Naturhof bietet Daniel Mosimann vielen Nützlingen Lebensraum und Futterquellen. Zum Dank verputzt die Insektenschar Schädlinge in Hülle und Fülle.

«Je mehr einheimische Blumen, Hecken und Gräser in einem Garten stehen, je besser entwickelt sich das natürliche Gleichgewicht», sagt Daniel Mosimann. Zu diesem Gleichgewicht gehört die Pflanzenwelt gleichermassen wie die Tierwelt. Zahlreiche fliegende und kriechende Tierchen finden Unterschlupf und Nahrung. Und diese Insekten sorgen als fleissige Bestäuber dafür, dass sich Pflanzen gut und gesund entwickeln können. Auf dem Naturhof auf dem Enggist bei Biglen schwirren und summen an diesem sonnigen Herbsttag die Insekten um die Wette, eine Eidechse sucht auf der Wiese nach Heuschrecken. Das Grundstück, das Karin und Daniel Mosimann in Biglen bewirtschaften, geht weit über einen durchschnittlichen Hausgarten hinaus. Auf rund sechs Hektaren hat die Familie zahlreiche Stein- und Asthaufen angelegt. In den Ästen verkriechen sich Igel, die die Schnecken fressen, bevor sich diese am Salat gütlich tun. Den Eidechsen bieten die Steinritzen ein ideales Versteck. Auf den Wiesen rundherum verputzen sie Heuschrecken und Käferlarven. Die Mäusebussarde kreisen hoch in der Luft und warten bereits darauf, eine Eidechse oder eine Maus verschlingen zu können. Das Angebot bestimmt die Nachfrage. Nützlinge, die zum idealen Pflanzenwachstum beitragen, entwickeln sich nur, wenn sie Lebensraum und Nahrung finden. Genau das sei im Hausgarten oft das Problem, erklärt Daniel Mosimann, der ein Geschäft für naturnahen Gartenbau betreibt. Plötzlich sind die Rosen oder die Lupinen voller Läuse. Kopf an Kopf reiht sich die klebrige Schar, die fleissig an der Pflanze saugt und ihr Nährstoffe entzieht. Dabei geben die Läuse Giftstoffe ab, oft übertragen sie auch Viren. Die Blätter der befallenen Pflanze rollen sich ein oder kräuseln sich. 

Eine Traubenkirsche gegen Lausbefall

Marienkäfer und deren Larven, Schwebefliegen- oder Schlupfwespenlarven verputzen Blattläuse in Hülle und Fülle. Ein Tipp des Naturgärtners: «Eine Traubenkirsche in der Nähe sorgt dafür, dass läusefressende Insekten und Vögel den Weg in den Garten finden.» Was auf den ersten Blick widersprüchlich erscheint, ist bei genauerem Betrachten nachvollziehbar: Auf der Traubenkirsche überwintern die Eier der Blattläuse. Auf dem üppig weissblühenden Strauch entwickeln sich im Frühjahr die kleinen Tierchen. Darüber freuen sich nebst den Insekten auch Singvögel wie Blaumeisen, Kohlmeisen und Buchfinke, die sich an den Läusen gütlich tun. So seien die Nützlinge bereits in der Nähe, wenn Rosen oder andere Gewächse unter Blattlausbefall leiden sollten, sagt Daniel Mosimann. 

Vergeblich sucht man beim Gartenbauunternehmer künstliche Nisthilfen für Insekten. In der Schweiz gebe es rund 580 Wildbienenarten, sagt er. Zähle man die Hummeln dazu, seien es gar über 600. Dreiviertel aller Wildbienen nisten jedoch im Boden. Anstelle von Bienenhotels bietet Daniel Mosimann den Wildbienen offene Bodenstellen, Sandplätze, Abbruchkanten oder Totholz an. 

Vielfalt muss gelenkt werden 

Zahlreich stehen auf dem Areal ungemähte Streifen Gras, mal breiter und mal schmaler. Das seien wichtige Rückzugsorte für Insekten, sagt Mosimann. Rasen, die fleissig gemäht würden, seien für Insekten wertlos. Wildkräuter oder Blumen haben keine Chance, Hummeln beispielsweise finden hier nichts zu fressen. Lässt man das Gras wachsen, mäht man es später am besten mit einem Balkenmäher oder mit der Sense. So würden weniger Insekten verletzt als beim Einsatz des Fadenmähers. Die Streifen Gras und Heckensäume überlässt Daniel Mosimann dennoch nicht einfach dem Zufall. Vielfalt müsse gelenkt werden, sagt er. Auch jäten gehört dazu: Nesseln, Brombeerdorne oder Disteln bleiben in kontrollierter Anzahl stehen, damit sie sich nicht masslos vermehren.

Vielfalt des Lebens

Will man Biodiversität übersetzen, muss man Griechisch und Latein beherrschen: «bios» bedeutet auf Griechisch das Leben, und lateinisch heisst «diversitas» Vielfalt. Wörtlich also: Vielfalt des Lebens. Damit ist die Vielfalt von Pflanzen- und Tierarten gemeint, die in einem Lebensraum zu finden sind. Solche Lebensräume können Wälder, Wiesen, Hecken, Seenlandschaften, Siedlungen oder Städte sein. Oft sind nur kleine Anpassungen im eigenen Garten oder sogar auf dem Balkon nötig, um die Artenvielfalt zu fördern. Wer einheimische Sträucher und Blumen pflanzt, bietet zahlreichen Insekten eine Nahrungsgrundlage. Ein Stück Rasen, das einer Blumenwiese weicht, lockt zahlreiche fliegende und kriechende Tierchen an.

Die Trockenmauer

Stein reiht sich auf Stein. Die Trockenmauer ist ein wichtiges Element im naturnahen Garten. Sie sieht nicht nur hübsch aus, als Stützmauer sorgt sie für gelungene Terrassen oder Wege. Am besten verwende man dafür Natursteine aus der Region, sagt Daniel Mosimann. Ohne Mörtel oder Beton dazwischen werden die Steine gekonnt und mit viel Geduld aufeinander gereiht. In den zahlreichen Zwischenräumen finden Wild-bienen, Hummeln, Geburtshelferkröten, Schnecken und Spinnen Unterschlupf. Auf den warmen Steinen sonnen sich Eidechsen und Blindschleichen. Aus den Ritzen wachsen einheimische Kräuter wie der Thymian mit seinen violetten Blüten. Der Duft des Wildkrautes lockt Bienen und Schmetterlinge an.

08.10.2020 :: Sandra Joder (sjw)