«Es isch itz eifach nache gsy»

«Es isch itz eifach nache gsy»
Ein noch ungewohntes Bild: Coiffeur-Meister Bruno Friedrich und seine Kundin tragen eine Schutzmaske. / Bild: Bruno Zürcher (zue)
Emmental/Entlebuch: Einige Geschäfte und Dienstleistungsbetriebe konnten am Montag ihren Betrieb aufnehmen – unter anderem der Coiffeur-Meister Bruno Friederich.

«Es isch itz eifach nache gsy für zum Coiffeur», meint die Kundin, während Bruno Friedrich ihre Haare schneidet. Beide tragen eine Schutzmaske. «Der Anblick ist schon ein wenig gewöhnungsbedürftig», meint der Coiffeur-Meister. «Aber das ist nun halt so.» Auch sonst hat sich in seinem Salon einiges geändert: Klebeband am Boden signalisiert den Kunden, wo sie warten müssen. Um den minimalen Abstand zwischen den Kunden einhalten zu können, wird bei «Schnitt B», wie Friederichs Geschäft in Grosshöchstetten heisst, nur an zwei statt vier Arbeitsplätzen tätig. «Wir verwenden auch für jede Kundin und jeden Kunden einen neuen Frisierumhang», erklärt Friedrich.  Kaum hat die Kundin das Geschäft verlassen, desinfiziert er den Schneidekragen, den Stuhl und den Tisch. Der Mann, der nun den Salon betritt, studiert kurz die Anweisungen, welche neben der Eingangstür angebracht sind und mittlerweile bekannte Symbole in Zusammenhang mit dem Coronavirus zeigen. Auch hat der Kunde breits eine Maske in der Hand, als er das Geschäft betritt. 

Sicher und praktikabel

«Masken, Handschuhe, Desinfektionsmittel und weiteres haben wir bereits angeschafft, bevor klar war, was es eigentlich braucht», erklärt Bruno Friederich, welcher bei Coiffure-Suisse, Sektion Bern und Umgebung, im Vorstand mitarbeitet. «Unser Verband hat sehr rasch ein Konzept ausgearbeitet, um die Sicherheit für Kunden und Mitarbeiter trotz des Virus gewährleisten zu können», berichtet Friederich. «Es hat dann aber länger gedauert, bis dieses bewilligt worden war. Deshalb wussten wir erst Mitte letzte Woche, was wirklich Sache ist. Die Lösung, welche nun getroffen wurde, finde ich gut. Sie ist sicher und praktikabel.»

Und schon nimmt der nächste Kunde Platz. Nach sechs Wochen Pause haben offenbar viele Menschen das Bedürfnis, ihre Haare wieder einmal professionell schneiden zu lassen. «Wir haben erfreulich viele Anmeldungen», sagt Friederich. «Wir beginnen etwas früher und arbeiten abends etwas länger, um alle Kunden bedienen zu können.»

Ob Baumarkt oder Zahnarzt – Nachfrage ist gross

Am Montag haben unter anderen auch Bau- und Gartencenter, Gärtnereien, Autowaschanlagen sowie Arzt-, Zahnarzt- und Physiotherapiepraxen wieder ihren Betrieb aufgenommen. 

«Die Nachfrage war bei Coop Bau+Hobby gross, daher kam es vereinzelt zu kurzen Wartezeiten», teilt Coop auf Anfrage mit. Wie viele Kundinnen und Kunden in den Verkaufsstellen in Langnau und Grosshöchstetten gezählt wurden, gibt Coop nicht bekannt. Damit alle Kunden bedient werden konnten, wurde das «bestehende Personal von Mitarbeitenden aus den Non-Food-Formaten unterstützt». Besonders beliebt waren Blumen und Setzlinge, Erde, Dünger und Gartengeräte, ist von Coop zu erfahren. Angeboten werden in den Bau+Hobby-Filialen auch
Arbeitskleider und -schuhe. 

«Umräumen hätte nicht rentiert»

«Dass andernorts Arbeitskleider angeboten werden und bei uns nicht, ist einigen unserer Kunden auch aufgefallen», berichtet Oliver Jakob vom Jakob-Markt, Zollbrück. Das ist so, weil die Arbeitskleider normalerweise  im Hauptgeschäft verkauft werden und nicht im Gartencenter, der seit Montag wieder geöffnet ist. Dort für zwei Wochen extra Regale aufzustellen mit Arbeitskleidern und -schuhen rentiere nicht, erklärt er. Zudem fehle der Platz. 

Erlebte der Gartencenter einen grossen Ansturm? «Wir hatten am Montag einen sehr guten Tag und die Kundinnen und Kunden hielten sich grösstenteils an die Vorgaben.» Dazu gehört etwa, dass sie den Laden nicht durch den Haupteingang, sondern von hinten betreten, dass am Boden Linien angebracht sind, damit die Kundinnen und Kunden den Abstand untereinander wahren. «Weil die Floristinnen zu nahe nebeneinander ihre Sträusse binden, müssen sie
einen Schutzhelm mit einem Plexiglas-Visier tragen», erklärt Oliver Jakob eine spezielle Lösung. 

«Auf der sicheren Seite»

Viele Heim- und Handwerker decken sich auch bei kleineren Geschäften mit Werkzeug und Material ein, wie etwa bei Wüthrich Eisenwaren in Langnau. «Haben Sie geöffnet?» – «Nein», erklärt Co-Geschäftsleiterin Daniela Kläy kurz und bündig. «Wir wussten lange nicht, wie wir uns verhalten sollen. Indem wir nicht öffnen, sind wir auf der sicheren
Seite.» Wer seine Waren bei dem Geschäft beziehen will, kann diese bestellen und dann abholen. Vor allem Handwerker würden diesen Service benützen, sagt Daniela Kläy. 

Bislang nur Notfälle behandelt

Ein Service, welcher seit Montag auch wieder in Anspruch genommen werden kann, ist jener des Zahnarztes.  «In den letzten Wochen haben wir nur Notfälle behandelt», erklärt Christof Duss, Zahnarzt in Escholzmatt. Das bedeutet, dass die Praxis lediglich an ein, zwei Halbtagen in Betrieb war. Die Zahl der Behandlungen sei insgesamt weit über 90 Prozent geschrumpft. Für Routineuntersuchungen, welche während des Lockdowns hätten durchgeführt werden sollen, seien vorsorglich Termine im Herbst und Winter vereinbart worden. «Seit Montag haben sich aber recht viele wieder gemeldet und einen früheren Termin verlangt», berichtet Christof Duss. Auf der Website der Zahnarztpraxis werden die Patientinnen und Patienten über die Vorsichtsmassnamen bezüglich des Coronavirus informiert. Diese reichen von mittlerweile alltäglichen Dingen wie dem Verbot, sich die Hand zu geben, bis zur telefonischen Vorabklärung bezüglich Symptomen in Zusammenhang mit Corona. Beim Besuch in der Praxis findet dann am Empfang eine Triage inklusive Fiebermessung statt. «Bei Verdacht auf eine Infektion mit dem Corona-Virus wird keine Therapie durchgeführt», ist auf der Website der Praxis zu lesen. «Grosse Anpassungen mussten wir nicht vornehmen», sagt der Zahnarzt aus Escholzmatt. «Mit Masken und Handschuhen zu arbeiten, ist für uns selbstverständlich. Auch tragen wir stets eine Schutzbrille.» Neu eingeführt worden sei etwa die Regelung, dass nach jedem Patient das Behandlungszimmer während 15 Minuten gelüftet werde. 

30.04.2020 :: Bruno Zürcher (zue)