Warum die Kirchenglocken läuten

Warum läuten eigentlich die Kirchenglocken zu verschiedenen Tageszeiten? Bei uns in Röthenbach ist das an Werktagen um 11.00 Uhr, am Freitag um 9.00 Uhr und dann am Samstag Abend. Dieses Läuten hat eine fast jahrtausendalte Tradition. Es gab früher dem Tag eine Struktur und rief gleichzeitig zum Gebet! Die Benediktiner-Mönche hatten das Lebensmotto «ora et labora», bete und arbeite. Das Läuten unterbrach das Arbeiten und rief zum Gebet. Wenn ich das nächste Mal die Glocken höre, darf ich mich daran erinnern: Das Leben ist nicht nur Arbeit, es ist auch Gebet. Wie wäre es, wenn ich beim nächsten Läuten eine kurze Botschaft nach oben senden würde?
An einem Freitag um 9.00 Uhr wurde Jesus gekreuzigt. Das Läuten um 9.00 Uhr  erinnert an sein Leiden am Kreuz. Dieses Leiden dauerte sechs Stunden. Um 15.00 Uhr starb er mit den Worten: «Es ist vollbracht – in deine Hände befehle ich meinen Geist.» Deshalb wird in vielen Gemeinden nachmittags um 15.00 Uhr geläutet. Daneben läuten die Glocken zu besonderen Anlässe: zum Beispiel am 1. August oder am Silvester. Am 31. Dezember wird um 23.45 Uhr das alte Jahr ausgeläutet und anschliessend das neue Jahr bis 00.15 Uhr eingeläutet. Das Läuten am Samstagabend sagt: Jetzt kommt der Sonntag. Jetzt darfst du deine Arbeit auf die Seite legen. Im Jüdischen fängt der Tag immer am Vorabend an. Ich persönlich mache regelmässig die Erfahrung: Wenn ich den Sonntag am Samstagabend anfange, dann bin ich am Sonntagmorgen «achegfahre». Das Läuten am Sonntagmorgen ist ein Angebot: «Du bist zum Gottesdienst eingeladen!» Diese feierliche Stunde will ich mir – nicht nur, weil ich Pfarrer bin – gerne gönnen und meiner Seele damit etwas Gutes tun.
19.09.2013 :: Herbert Held