«O lobe zu lobet i Gottes Name»

«O lobe zu lobet i Gottes Name»
Sörenberg: Jeden Abend erklingt auf der Alp Witmoos in­ Sörenberg der «Bätruef». Der älpler Beat Emmenegger hält die Tradition am Leben.

«O lobe zu lobet i Gottes Name – lobet», ruft Beat Emmenegger jeweils abends, wenn alle Arbeiten verrichtet sind. «Das ist ein schöner, ruhiger Moment, mit dem ich den Tag abschliesse», meint der 24-jährige älpler. «Wenn das Vieh auf der Weide ist und die Treicheln friedlich erklingen, krieg ich schon mal Gänsehaut.»
Den ersten «Bätruef» des Alpsommers lässt Beat Emmenegger an dem Tag erklingen, an dem die Familie mit ihrem Vieh von Schüpfheim auf die Alp Witmoos und die benachbarte Alp Flüe­hüttebode auffährt. Rund hundertmal erklingt der etwas monotone, an gregorianische Choräle erinnernde Sprechgesang. Den «Bätruef» macht er – jeden Abend und bei jedem Wetter – bis das Vieh im Herbst wieder ins Tal zurückkehrt. «Wenn man einmal angefangen habe, müsse man den ‹Bätruef› jeden Abend machen, heisst es.» Dieses Jahr wird er den «Bätruef» zum Abschluss nicht auf der Alp, sondern im Festzelt in Schüpfheim machen, wo die Feierlichkeiten zum Zehn-Jahr-Jubiläum der öffentlichen Alpabfahrt stattfinden.

Den Text von einem älteren älpler  
Obwohl Beat Emmenegger 24 Jahre jung ist, übt er die Tradition schon seit mehreren Jahren aus. Angefangen hat er, als er im Berner Oberland an der Grenze zum Wallis mit mehreren anderen Sennen eine Alp betreute. Auch später, als er im Kanton Obwalden als Senn arbeitete, hat er den Segen allabendlich gerufen. «Den Text habe ich von einem älteren älpler aus Sörenberg erhalten. Dann habe ich geübt und schliesslich angefangen», erklärt Beat Emmenegger, der nun den zweiten Sommer auf der heimischen Alp verbringt. In schriftlicher Form hat er den «Bätruef» nicht – er hat ihn im Kopf. Beat Emmen­egger kennt rund ein Dutzend älpler im Raum Sörenberg, welche diese Tradition ebenfalls leben. überlieferte Alpsegen anderer Entlebucher Alpen zeigen, dass es unterschiedliche Varianten gibt. Allen gemeinsam scheint zu sein, dass die Heilige Dreifaltigkeit und die Muttergottes angerufen werden. Ebenfalls wird der Schutz des Heiligen Anton (Schutzpatron der Haustiere) und des Heiligen Wendelin (Schutzpatron der Hirten) erbeten. Die Melodie des Alpsegens beschränkt sich auf wenige Töne, weiter variiert der Rhythmus, wobei einzelne Wörter betont werden, indem sie langsamer gesprochen werden, wie beispielsweise «Die wei hüt da uf dere Aup Herberg haute».

Verwunderte Wanderer
«Auf einer früheren Alp hatte es ein Kreuz. Ich habe jeweils dort den Betruf gemacht», erklärt Beat Emmenegger, «hier stehe ich jeweils unweit des Hauses.» Weil die Alpen Witmoos und Flüehüttebode nur rund einen Kilometer ausserhalb von Sörenberg-Platz liegen, verkehren hier viele Wanderer; auch abends. So wurde Beat Emmenegger von verwunderten Gästen schon mehrfach angesprochen, was er denn da rufe.
Der Tradition entsprechend benutzt er für den «Bätruef» eine Volle, ein hölzerner Milchtrichter. «Die hier habe ich in einer Tombola gewonnen», meint er und lacht. Was rein zu Dekorationszwecken gedacht war, wird nun als Schallverstärker genutzt. Bevor er diese Volle hatte, verwendete er jeweils die eines Kollegen.
Beat Emmenegger ist auch Mitglied der «Edelweiss Trychler Amt Entlebuch» und hat sich, wie die restliche Familie auch, mit Leib und Seele dem älplerleben verschrieben. Er will einen Beitrag leisten, um den Betruf vor dem Verschwinden zu bewahren. Das Segnen der Alpen werde, unter anderem wegen des Priestermangels, immer weniger gemacht. Der «Bätruef» ist für Beat Emmenegger aber mehr als Folklore: «In den Bergen kann das Wetter schnell umschlagen, und heftige Unwetter können wüten», erklärt der älpler, «in den sechs Jahren, in denen ich den Betruf mache, ist nie etwas Schlimmes passiert.»
Heidnischer Ursprung
Der Betruf gilt als älteste im Prinzip gleich gebliebene und noch immer lebendige Tradition der Schweizer Volksmusik. 1565 berichtete der Luzerner Stadtschreiber Renward Cysat erstmals, wie «umb die zytt dess Ave-Marialüttens» die Sennen und Älpler «lütt und vych dem gnädigen schirm Gottes und syner werden muotter der himmel königin bevelche», damit sie «alles übel und gespenst von disem ort abhallten, alles glück verlyhen und unfal abhallten wollent.» Dies ist eine der ältesten Quellen, die den Betruf erwähnt. Es gibt indes Quellen aus dem 14. Jahrhundert, welche bereits auf eine Art Alpsegen hinweisen.
Einst verboten
Als heidnischer Viehsegen wurde der Alpsegen oder Betruf von der Luzerner Obrigkeit um 1609 verboten. Später soll der Obwaldner Jesuitenpater Johann Baptist Dillier den alten Viehruf christlich umgedeutet haben, indem er unter anderem die Rufform «Loba» (für die Anrufung der Kuh) zu «Gott ze lobe» umformulierte und insgesamt daraus einen christlichen Text schuf.
Heute wird der «Bätruef» noch in den Alpengebieten der Kantons Appenzell, Sarganserland, Entlebuch, Ob- und Nidwalden sowie Uri zelebriert. Der Senn benützt zur megaphonartigen Verstärkung seiner Stimme einen hölzernen oder blechernen Milchtrichter (Volle).
Quellen: Historisches Lexikon Schweiz sowie Brigitte Bachmann-Geiser «Der Betruf in den Schweizer Alpen»
Sein «Bätruef»
O lobe zu lobet i Gottes Name – lobe
O lobe zu lobet i üserere liebe Frouename – lobe
O lobe zu lobet i auer Heilige Name – lobe
Gott und dr Heilig Sankt Antoni und de Sankt Wändu und dr heiligscht Landes­vater Brueder Chlous. Die wei hüt da uf dere Aup Herberg haute

Das isch das Wort, das weiss dr liebi Gott wou. Da uf dere Aup steit e goudene Thron. Darin wohnt Gott und Maria mit ihrem auerliebschte Sohn. U sie hei die auerheiligscht Drüfaltigkeit under ihrne Härze erschlosse. Dr eint isch Gott Vater, der zwöit isch Gott dr Sohn und dr dritt isch Gott dr Heilig Geischt
Amen. Ave – Ave – Ave Maria

Jesus, oh Herr Jesus. Ach Härz auer liebscht Herr Jesus Chrischt behüet Gott, Seel Liib und Guet und aues, was da uf dere Aup isch und drzue ghöre tuet

Oh lobe zu lobet i Gottes Name – lobe
Ave – Ave – Ave Maria
29.08.2013 :: Bruno Zürcher (zue)